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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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ganze Wolken wogenden Dampfs. Der künstliche Nebel legte sich um die Retribution und verbarg ihre Absichten, während sie tiefschwarze seidene Segel setzte und den scharfen Wind von Achtern einfing. Sie glitt durchs Wasser zum Horizont wie ein Seidenband durchs Haar einer Frau. Tams Freudenschrei kündete von ihrem geglückten Manöver.
    Eines der Schwesterschiffe der Argonaut feuerte einen halbherzigen Schuss, war aber zu weit entfernt, die Verfolgung aufzunehmen. Und die Argonaut selbst hatte Besseres zu tun als Gespenster zu jagen. Beispielsweise das bezaubernde Treibgut zu bergen, das Doom ihr vor den Bug geworfen hatte.
    Vor Erschöpfung ächzend, schleppte Doom sich zur Gangspill und brach auf einem Berg ausrangierter Takelage zusammen. Er machte die Augen zu und wünschte sich nichts sehnlicher, als ins nächste dunkle Loch zu versinken und seine Wunden zu lecken, so unterschiedlicher Natur diese auch waren. Hatte er fünf Jahre Hölle überlebt, nur um dann von einem affektierten jungen Fräulein mit einem Brieföffner erstochen zu werden? Der Kopf wurde ihm leicht vom Blutverlust, er fing zu lachen an, und der Kopf fiel ihm nach hinten in die Seile.
    »Captain, verdammt! Lassen Sie sich jetzt von Pudge zusammenflicken, oder wollen Sie hier sitzen bleiben und sich zu Tode bluten?«
    Dooms Kopf schoss hoch, als sein Steuermann auf ihn zukam. »Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du dir noch wünschen, ich hätte es getan«, grollte er. »Was für eine Sorte Pirat bist du eigentlich? Ich kann einfach nicht glauben, dass du sie nicht nach Waffen durchsucht hast.«
    Der Mann ging neben ihm in die Hocke und drückte seinem Kapitän mit riesigen Händen, die erstaunlich sacht waren, ein baumwollenes Tuch auf die Wunde. »Sie hat so harmlos ausgesehen.« Er stützte Doom und half ihm auf die Füße.
    Doom blickte den schnell sich entfernenden Lichtern der Argonaut hinterher. Der flüchtige Blick in diese großen grauen Augen, umrahmt von kohlschwarzen Wimpern, ließ ihn nicht los.
    Er legte sich flach die Hand auf die Brust. »Du täuschst dich, Mann«, sagte er leise. »Das kleine Weibsbild hätte fast mein Herz erwischt.«

4
     
    »Dieser widerwärtige Schurke!«
    Lucy zuckte zusammen, als des Admirals Faust auf die Zeitung krachte, die aufgeschlagen auf dem Schreibtisch lag.
    »Schon wieder Captain Doom?«, murmelte sie und legte den Pinsel auf dem Rand des Wasserbehälters ab, um das plötzliche Zittern ihrer Hände zu verbergen.
    »Wer sonst? Hör dir nur an, was dieser Verbrecher jetzt wieder getan hat.« Wie so oft, wenn er zornig war, erhob sich der Admiral und lief den Salon auf und ab, ohne den Gehstock mit dem Messingknauf zu benutzen. »›Nachdem er die HMS Lothario aufgebracht hatte, beraubte sie der tollkühne Kapitän nicht nur ihrer Beute, sondern die Mannschaft auch ihrer Uniformen‹«, las er vor. Er zerknüllte die unglückliche Gazette zwischen den Fäusten. »Fürwahr, ein tollkühner Kapitän! Er ist vielleicht tollkühn, aber ein Kapitän ist er nicht! Er ist ein Pirat! Ein Schlag ins Gesicht eines jeden anständigen Seefahrers! Wie diese Schreiberlinge es nur wagen können, ihn als schillernde Gestalt hinzustellen!«
    Lucy lächelte hinter ihrer Staffelei und stellte sich die Bastionen seefahrerischer Würde vor, wie sie in ihren Flanellunterhosen zitterten. »Dafür werden sie von den Zeitungen bezahlt.«
    Der Admiral schleuderte die Gazette angewidert weg. »Ich kann dir versichern, es kostet bei weitem mehr, sie ruhig zu halten. Hätte ich ihnen die Taschen nicht mit Gold vollgestopft, sie hätten deine Begegnung mit diesem Banditen zu einer romantischen Eskapade hochstilisiert. Du wärst ruiniert gewesen!«
    Lucys Lächeln schwand. Gerade ihr Vater wusste nur allzu gut, dass sie nicht »ruiniert« war. Als hielte er sie für zu dumm, die taktlosen Fragen zu begreifen, die er ihr nach ihrer glücklichen Rettung durch das Patrouillenboot gestellt hatte, hatte er darauf bestanden, dass sein eigener Arzt sie untersuchte. Über ein Monat war seither vergangen, aber Lucy erschauderte immer noch, wenn sie an die kalten, lieblosen Hände dachte.
    Ihr Vater hielt ihr Zittern für Angst. »Kein Grund zur Hysterie, Mädchen!«, bellte er und erschreckte sie so, dass sie den Pinsel fallen ließ. »Dieser Unhold wird dich nie mehr in die Hände bekommen!«
    Lucy wusch den Pinsel aus, produzierte blaue Schwaden ins kristallklare Wasser und erinnerte sich an jenes dunkle Intermezzo, als ihr Leben in

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