Verfuehrt, Verlobt - Verraten
Rechnung zu bringen.
Caroline schaute derweil auf ihre Armbanduhr und stellte fest, dass die Zeit wie im Flug vergangen war. Es war ihr nicht einmal aufgefallen, dabei hätte sie sich doch durch jede Minute quälen müssen, so, wie sie ihn verabscheute. „Was?“
„Erachten Sie Ihre Mission als erfolgreich abgeschlossen. Ich denke, es wird Zeit, dass ich wieder nach Hause zurückkehre …“
3. KAPITEL
In Giancarlos Erinnerung lebte das Bild, das ihm die Villa bei seinem letzten Blick aus dem Rückfenster des Autos geboten hatte, während seine Mutter schweigend vorn am Steuer gesessen und den Wagen immer weiter von seinem Zuhause fortgelenkt hatte. Ein altehrwürdiges Haus, direkt am Ufer des Sees gelegen, umgeben von blühenden Blumenbeeten und grünen Rasenflächen.
Es war aufreibend, nach so vielen Jahren wieder zurückzukehren, eine Woche, nachdem Caroline aus Mailand abgeflogen war. Sie war so aufgeregt gewesen, fest davon überzeugt, er hätte das Friedensangebot angenommen. Allerdings teilte Giancarlo ihren Optimismus keineswegs. Er machte sich keine Illusionen über die menschliche Natur. Der tatsächliche Schweregrad von Albertos Herzinfarkt stand noch zur Debatte, und eigentlich rechnete Giancarlo damit, dass er einem relativ robusten Mann gegenübertreten würde, der sich die Gutgläubigkeit der unerfahrenen Caroline zunutze machte. Giancarlos Erinnerungen an seinen Vater waren die an einen beeindruckenden großen Mann mit eiserner Disziplin und keiner Unze Milde im ganzen Körper. Es war einfach unvorstellbar, dass ein solcher Mann sich von Krankheit schwächen lassen sollte. Obwohl das zerrinnende Vermögen ihm vielleicht die Kraft geraubt haben mochte.
Der schnittige Sportwagen fraß Meile um Meile. Jetzt, da Giancarlo auf dem Weg zum Haus seines Vaters durch die pittoresken Städtchen fuhr, stiegen vage Erinnerungen an die Oberfläche seines Bewusstseins. Er hatte ganz vergessen, wie reizvoll die Gegend hier war. Der Lago di Como, der drittgrößte See Italiens, bot eine wunderschöne Postkartenszenerie, eine reiche, sattgrüne Gegend mit eleganten Villen, gepflegten Gärten, romantischen Städtchen mit Kopfsteinpflaster und weiten Piazzas vor alten Kirchen, exquisiten Hotels und lauschigen Restaurants.
Eine tiefe Befriedigung erfüllte ihn. Das war ein Nachhausekommen ganz nach seinem Geschmack. Genauere Nachforschungen über Albertos Firma hatten eine traurige Bilanz über die zerstörerischen Auswirkungen der allgemeinen Rezession, Missmanagement, fehlende Investitionen und die Weigerung, mit der Zeit zu gehen, hervorgebracht.
Giancarlo lächelte grimmig in sich hinein. Er hielt sich nicht für rachsüchtig, aber die Vorstellung, dass er die Firma seines Vaters übernehmen und somit der Gerechtigkeit Genüge tun könnte, gefiel ihm. Gab es überhaupt eine noch bitterere Pille für seinen Vater, als bei dem Sohn, dem er vor Jahren den Rücken gekehrt hatte, in der Schuld zu stehen?
Giancarlo hatte Caroline gegenüber nichts davon erwähnt, als sie sich verabschiedet hatten. Für einen Moment ließ er sich von den Gedanken an die kleine Brünette ablenken. Sie war mehr als kapriziös, unglaublich emotional und so unverblümt, dass es ihm die Sprache raubte. Allerdings musste er sich eingestehen, dass sie ihm unter die Haut gegangen war – etwas, das ihn zutiefst irritierte. Er hatte noch nie viel Zeit darauf verwandt, über Frauen nachzudenken. Nun, das musste wohl an der Art liegen, wie sie in seinem Leben aufgetaucht war.
Eine Lektion hatte er dadurch gelernt: Er würde nie wieder das Unerwartete ausschließen. Gerade, wenn man meinte, alles unter Kontrolle zu haben, sackte einem der Boden unter den Füßen weg.
Aber so schlimm war es gar nicht, im Gegenteil. Der Kreis hatte sich geschlossen. Sicher, er war gespannt darauf, wie die Beziehung zu Alberto sich entwickeln würde, doch über die Jahre hatte Giancarlo so viel über ihn gehört, dass er das Gefühl hatte, ihn genau zu kennen. Wenn jemand nervös sein sollte, dann der alte Mann. Seine Firma ging den Bach hinunter, und ob krank oder nicht, früher oder später würde das Thema Geld aufkommen, davon war Giancarlo überzeugt. Vielleicht würde sein Vater seinen Stolz schlucken und geradeheraus um einen Kredit anfragen. Oder vielleicht hatte Alberto sich ja irgendeinen Investitionsplan ausgedacht. Nun, Giancarlo konnte es sich leisten, großzügig zu sein, er konnte dem Alten die Zusage geben, dass das Geld fließen würde.
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