Verfuehrt von einem Highlander
aber sie würde ihm die Kleider ausziehen müssen. »John, geh in meinen Garten – das heißt, was davon übrig ist – und bring mir vier Blätter von meinem Breitwegerich! Du wirst sie für mich kochen und zerdrücken müssen, für einen Umschlag. Lachlan, hole Nadel und Faden. Ich werde ihn nähen müssen.« Wie sollte ihr das gelingen, wenn ihre Hände schon jetzt zitterten? Sie legte ihr Ohr an seine Brust. Sein Herz schlug, wenn auch langsamer und ein wenig schwächer. »Beeilt euch!«, befahl sie und beugte sich tiefer, um einen genaueren Blick auf die Beule über seinem Nasenrücken zu werfen. Sein Atem wärmte ihre Wange, und sie senkte den Blick auf seine langen, dichten Wimpern.
»Was soll ich mit dir tun, MacGregor?«, wisperte sie und verfluchte ihr Herz dafür, dass es so heftig schlug – weil er hergekommen war, wegen seiner Nähe und der rauen Schönheit seines Gesichts.
Als er die Augen aufschlug und direkt in ihre schaute, sah sie für einen schrecklichen Moment das Versprechen auf Vergeltung darin. Sie prallte zurück, doch seine Finger hielten ihr Handgelenk so fest umschlossen, dass sie ihn fast vom Bett gezogen hätte.
Isobel sah nicht, dass Lachlan nach dem Tontopf mit der Pflanze griff, die sie Alex zum letzten Weihnachtsfest geschenkt hatte. Erde und Blätter flogen ihr ins Gesicht, als ihr Bruder den Topf auf Tristan heruntersausen ließ, um ihn ein zweites Mal an diesem Tag bewusstlos zu schlagen. Der Topf zerschellte mit lautem Krachen auf Tristans Schädel.
»Was zur Hölle ist in dich gefahren?« Sie versetzte Lachlan einen Schlag auf den Arm und schickte ihn aus dem Zimmer, dann schloss sie die Tür hinter ihm.
Sie wandte sich an Cameron, der neben dem Bett stand und bereits begonnen hatte, Tristan Schwert und Plaid abzunehmen.
»Ich frage mich, warum er beides trägt, wenn er hierherkommt, es in England aber nicht getragen hat«, bemerkte er ruhig, ohne Isobel anzusehen.
»Aye, dasselbe habe ich mich auch schon gefragt«, entgegnete sie. Ihr Bruder war ein aufmerksamer Beobachter. Man konnte Cameron inmitten des Chaos, das ihre anderen Brüder zu genießen schienen, leicht übersehen. Aber es war dumm zu glauben, dass irgendetwas seiner Aufmerksamkeit entging.
Als er vom Bett zurücktrat und schwieg, ging sie zu ihm. »Ich vergesse nicht, was die MacGregors Vater angetan haben, Cam. Ich habe mich nicht mit ihm angefreundet. Ich weiß nicht, warum er hergekommen ist.«
Sein Lächeln war aufrichtig. Doch das war Cams Lächeln schließlich immer. »Das weiß ich, Bel«, sagte er und beendete das Thema damit. »Jetzt hör auf zu reden und mach dich daran, ihn zu retten!«
Isobel hatte bislang geglaubt, die schwerste Aufgabe, die sie nach dem Tod ihrer Mutter hatte erfüllen müssen, wäre es gewesen, sich um ihre Brüder zu kümmern. Aber sie hatte sich geirrt. Tristan aus seinen Kleidern zu schälen war um vieles schwerer. Sogar seine Stiefel aufzuschneiden ließ sie erröten wie die Hitze von hundert Sommern. Die Bänder seines Hemdes zu öffnen brachte sie an den Rand eines Anfalls von Atemnot. Sie zwang sich, langsam und tief Luft zu holen und ihre Hände ruhig zu halten, als sie sein Hemd öffnete. Ihre Finger glitten über seine nackte Brust, und trotz ihres Bemühens atemlos, ließ sie den Blick zu seinem festen Bauch gleiten. Wahrlich, sein Körper wirkte wie von der Hand eines begnadeten Künstlers gemeißelt. »Ich … ich glaube nicht, dass es schicklich für mich ist, ihm die Hose auszuziehen, Cam. Das machst du, und wenn du fertig bist, decke ihn mit seinem Plaid zu! Danach werde ich ihn versorgen.«
Nur Cameron und John blieben bei ihr, während sie sich um Tristans Wunden kümmerte. Sie waren die beiden Einzigen, denen sie vertraute, auch wenn es Johns Pfeil war, der den meisten Schaden angerichtet hatte.
»Ich hätte ihm auch ins Herz statt ins Bein schießen können, aber ich hatte nicht vor, ihn zu töten.«
»Das ist gut.« Cameron drückte sanft Johns Schulter, während Isobel behutsam einen Umschlag um Tristans Wade wickelte. »Du hast sein Leben verschont und unseres dafür gerettet.«
Isobel wollte eben zustimmen, als die Tür aufgestoßen wurde und Tamas ins Zimmer gestürzt kam. »Patrick ist zurück!«
Sie schaute auf und wechselte einen besorgten Blick mit Cameron, dann fuhr sie in ihrer Arbeit fort.
Was um alles in der Welt sollte sie Patrick sagen? Wie sollte sie ihn aufhalten, wenn er entschied, dass ihr meistgehasster Feind sterben sollte,
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