Verfuehrt zur Liebe
aufschlussreiche Verletzlichkeit.
Das wusste er selbst.
Vielleicht weil er es so gut verstehen konnte.
Sie war immer die »Eine« gewesen, die einzige Frau, die mühelos in sein Bewusstsein gedrungen war, seine Sinne geweckt hatte, einfach durch ihr Dasein. Er hatte immer gewusst, dass sie ihm etwas bedeutete, irgendwie wichtig war, aber da er ihre Einstellung zu Männern von Beginn an gekannt hatte, Männern wie ihm im Besonderen, hatte er die Wahrheit nicht sehen wollen und daher verdrängt, hatte sich geweigert, sie zur Kenntnis zu nehmen. Und das, was daraus erwachsen könnte - gewachsen war.
Sie hatte es noch nicht gesehen, aber das würde sie bald.
Und was sie dann täte, zu welcher Entscheidung sie dann käme ...
Er konzentrierte sich auf sie, wie sie schlank und aufrecht an der Balustrade stand. Fühlte das Verlangen in sich wachsen, sie sich einfach zu nehmen ... und zum Teufel mit allem. Einfach damit aufzuhören, so zu tun, als ließe er sie zu ihrem eigenen Entschluss und aus freiem Willen zu ihm kommen ... aber natürlich wusste er, dass es, wenn er es täte, wie ein Schlag ins Gesicht für sie wäre.
Sie würde aufhören, ihm zu vertrauen, und sich von ihm zurückziehen.
Er würde sie verlieren.
Der aufkommende Wind ließ ihre Haarspitzen tanzen. Die Luft fühlte sich frisch an, kühler. Der Regen war nicht weit weg.
Er stieß sich von der Wand ab, trat zu ihr ...
Hörte ein Geräusch von weit oben, blickte hoch.
Sah, wie sich ein Schatten vom Dach löste.
Er stürzte sich auf Portia, bekam sie zu fassen und warf sich mit ihr zur Seite auf die Terrasse, dämpfte ihren Sturz mit seinem Körper.
Eine Urne vom Dach zerschellte auf den Fliesen an genau der Stelle, wo sie gestanden hatte. Mit einem Knall wie ein Kanonenschuss sprang sie in abertausend Scherben.
Ein Splitter traf ihn am Arm, den er schützend über sie hielt. Ein scharfer Schmerz, der rasch verging.
Stille - absolute Stille - senkte sich über sie, erschreckend nach dem lauten Knall.
Er schaute hoch, wurde sich der Gefahr bewusst und zog Portia rasch mit sich auf die Füße.
Im Haus schrie jemand. Dann brach die Hölle los; Lord Glossup und Lord Netherfield erschienen an den Terrassentüren.
Ein Blick reichte aus, um ihnen zu sagen, was geschehen sein musste.
»Gütiger Himmel!« Lord Glossup kam auf die Terrasse. »Geht es Ihnen gut, meine Liebe?«
Mit ihren Fingern klammerte sie sich an Simons Rock, konnte aber knapp nicken. Lord Glossup tätschelte ihr unbeholfen die Schulter, dann eilte er weiter und die Stufen hinab. Auf dem Rasen blieb er stehen und schaute zum Dach empor.
»Kann niemanden dort oben sehen, aber meine Augen sind auch nicht mehr, was sie einmal waren.« -
Lord Netherfield stand an der Tür. »Kommen Sie herein.«
Simon blickte Portia an, spürte, wie sie sich straffte, sich aufrichtete und dann aus seinen Armen trat. Danach ließ sie sich von ihm ins Haus führen.
Drinnen angekommen klopfte Lady O., sichtlich erregt und mit hochroten Wangen, mit ihrem Stock auf den Teppich. »Wohin ist es mit dieser Welt gekommen, das möchte ich wissen!«
Blenkinsop öffnete die Tür und betrat den Salon. »Mylord?«
Lord Netherfield winkte. »Holen Sie Stokes. Es hat einen Anschlag auf Miss Ashford gegeben.«
»Oh je!« Lady Calvin wurde leichenblass.
Mrs. Buckstead setzte sich neben sie und rieb ihr die Hände. »Nun, nun - Miss Ashford ist wohlbehalten hier.«
Die Hammond-Schwestern, die neben ihrer Mutter saßen, brachen in Tränen aus. Lady Hammond und Lucy Buckstead, denen es besser ging, versuchten sie zu trösten. Mrs. Archer und Lady Glossup wirkten bestürzt und besorgt.
Lord Netherfield blickte Blenkinsop an, als Lord Glossup zurückkehrte. »Es ist wohl besser, Sie richten Stokes aus, in die Bibliothek zu kommen. Wir werden dort auf ihn warten.«
Das taten sie auch, doch egal, wie viel Mühe sie sich gaben, nichts - keine nützliche Information - war an dem Zwischenfall zu finden.
Mit Blenkinsops Hilfe steuerte die Dienerschaft ihr Wissen bei, sodass der Aufenthalt der vier Hauptverdächtigen festgestellt werden konnte. James und Desmond hatten den Salon verlassen, vermutlich, um zu ihren Zimmern zu gehen, Henry war im Arbeitszimmer gewesen und Ambrose im Schreibzimmer, um Briefe zu schreiben. Alle waren allein gewesen; alle hätten es gewesen sein können.
Stokes und Lord Glossup begaben sich zum Dach; als sie zurückkehrten, bestätigte Stokes, dass es wirklich nicht schwer war, dort
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