Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)
Schwer, moschusartig und Übelkeit erregend. Ihn einzuatmen drehte Daigh den Magen um.
Er ließ sich auf einen Sessel fallen, legte den Kopf in die zitternden Hände und kämpfte gegen die Übelkeit, den Zorn und die Verbitterung an. Würden diese Empfindungen mit St. Johns oder mit Máelodors Tod enden? Oder war er dazu verdammt, immer nur die düstersten Emotionen zu verspüren und für alle Zeit zwischen den Schatten seiner zerstörten Vergangenheit zu leben? Ein unsterbliches Gespenst, das dieser Welt nicht entkommen und nicht in die nächste überwechseln konnte?
Die Präsenz in ihm rief ihn, hängte sich an seine Verzweiflung und reicherte sie mit noch größerer Qual an, bis Daighs Sicht sich auf winzige Lichtpunkte verengte und seine Muskeln zuckten vor nur mühsam unterdrückter Gewalt. Es wäre so leicht, Máelodor die völlige Kontrolle zu überlassen und sich in der hirnlosen Grausamkeit zu verlieren, die der Wunsch des Meistermagiers war. Es wäre schnell, sicher und viel weniger schmerzhaft. Schon pochte ihm der Kopf von dem dunklen Zauber, der ihn durchflutete, als die gnadenlose Unseelie -Magie sich in ihm festzusetzen versuchte.
Er rang nach Atem und wehrte sich, wie Miss Roseingraves Großmutter es ihm gezeigt hatte.
Und opferte Sabrina.
Er sah sie wieder auf den Felsen stehen, ihre nackten Füße von der See umspielt, das Haar offen und frei von dem Tuch. Den Kopf zum Wind erhoben, wandte sie sich ihm zu und lächelte. Ihre blauen Augen waren klar wie der Himmel und leuchteten, als hätte jemand ein Feuer darin entzündet.
Es war nur ein Moment gewesen. Aber Daigh erinnerte sich daran und benutzte diese Erinnerung, um die Bestie unter seiner Haut zu füttern und den schier unerträglichen Druck von Máelodors Inbesitznahme zu verringern.
Es würde keine Momente mehr geben, um diesen einen zu ersetzen. Dafür hatte er mit seiner Grausamkeit gesorgt. Doch es war besser, dass Sabrina ihn hasste, als um ihn zu trauern.
Daigh stählte sich mit neu erwachter Entschlossenheit. Er würde sein frisch erworbenes Wissen gegen seinen Peiniger richten und gerade die Eigenschaften benutzen, mit denen Máelodor ihn ausgestattet hatte, um die Pläne des Meistermagiers zu durchkreuzen. Der Rywlkoth-Wandbehang befand sich bei den Schwestern des Hohen Danu . Daigh hatte ihn gesehen, obwohl er seine Bedeutung damals nicht verstanden hatte.
Aber die Zeiten hatten sich geändert.
Wie ursprünglich angewiesen, würde er den Gobelin holen, doch Máelodor würde ihn nie in die Hände bekommen. Nicht, solange Daigh am Leben blieb.
Und dank der schwarzen Magie würde das wohl immer sein.
Er hielt den Atem an, als die Eingangstür sich mit einem leisen Quietschen öffnete. Dann knarrte eine Diele, und er hörte flaches Atmen.
St. John, der zurückkehrte? Würde Daigh doch noch eine Chance bekommen, sich an ihm zu rächen?
Lautlos erhob er sich aus dem Sessel, versteckte sich hinter der Zimmertür, zog seine Pistole und entsicherte sie.
In einer einzigen fließenden Bewegung bog er um die Tür, zielte auf den Mann, der eben in sein Sichtfeld trat, und gab einen Schuss ab – nur um die Waffe in letzter Sekunde herumzureißen, als auch der Eindringling mit schussbereit erhobener Pistole herumfuhr.
Daighs Kugel verfehlte ihn und schlug in die Wand hinter ihm ein.
Kilronans Zielgenauigkeit war besser. Seine Kugel schleuderte Daigh zurück, als sie ihm zwischen die Rippen drang.
Eine Blutlache bildete sich unter ihm, als er auf dem Boden lag und das Feuer der Heilung genauso schmerzhaft war wie die Wunde selbst. Trotz des stechenden Schmerzes versuchte er zu atmen, schaffte es jedoch nicht, seine Lunge zu füllen und sein Herz zum Schlagen zu bringen.
»Sie!« Ein Schatten erhob sich über ihm. Dann sah er Kilronans leeren Blick, dunkle Magie loderte in den Tiefen seiner Augen auf, eine beängstigende Erinnerung daran, wie weit der Earl gegangen war, um zu versuchen, ihn zu besiegen.
Aber würde er den letzten Schritt tun? Würde er der Unseelie -Magie erliegen, um endlich seine Rache zu bekommen?
Daigh schloss die Augen und wartete auf die Antwort.
»Wo ist er? Wo ist St. John?« Ein harter Tritt in die Rippen ließ Daigh für einen Moment Sterne sehen, brachte jedoch auch sein Herz zum Flattern. In einem gleichmäßigen Rhythmus nahm es schließlich seine Arbeit wieder auf. »Wo ist der Amhas-draoi? Ich habe Fragen an ihn.«
Daigh öffnete die Augen und senkte den Blick auf die leer geschossene Pistole in
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