Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)
als wir es jetzt sind.«
»Die Schwestern des Hohen Danu haben die Zeitalter überlebt, weil wir die Köpfe gesenkt hielten und Stillschweigen über unsere Magie bewahrten. Ich werde das von niemandem zerstören lassen. Weder von Ihnen noch von Ard-siúr und schon gar nicht von ihm.«
Sabrina schaffte es endlich, sich von Schwester Brigh und ihrer ätzenden Schärfe loszureißen. Da der Schlaftrakt keinen Schutz mehr bot, eilte sie auf unsicheren Beinen in den Innenhof zurück. Daigh hatte sich noch nicht von der Stelle gerührt, an der sie ihn stehen gelassen hatte. Er erhob den Blick zu Sabrina, und sie spürte den Austausch der gleichen unerschütterlichen Liebe wie schon zuvor in dem dunstigen Rittersaal eines Walisers.
Doch dann schob sich eine Wolke vor die Sonne, tauchte Daighs Gesicht in Schatten, und die Verbindung war unterbrochen.
Wortlos wandte er sich ab.
Die Männer machten ihr Platz, die Frauen lächelten ihr schüchtern zu, während Sabrina zwischen den Flüchtlingen umherging, nach Kindern oder gebrechlichen Eltern fragte und hier Fragen zu einem Fieber beantwortete und dort zu einem Ausschlag. Ard-siúr mochte ihr die Mittel des Ordens verweigert haben, aber ihre Fähigkeiten waren ganz allein die ihren und konnten ihr nicht genommen werden. Und die ließ sie den Flüchtlingen bereitwillig zuteilwerden, zusammen mit guten Ratschlägen und beruhigenden Worten.
Einer aufgeregten Nachricht Janes zufolge würde es nur noch eine Sache von Tagen sein, bis Aidan erschien, und dann würden ihr sogar diese kleinen Aufgaben für immer versagt bleiben. Die arme Jane! Sabrina stand tief in ihrer Schuld. Dem harten Ton ihres Schreibens war unschwer zu entnehmen, dass Aidan nicht gerade freundlich zu ihr gewesen war, seit er Ard-siúrs Brief erhalten hatte. Sabrina nahm sich vor, Jane für alles zu entschädigen. Sie würde vor ihr zu Kreuze kriechen, wie es nur eine beste Freundin konnte.
»Ich hörte, sie haben drei Farmen drüben bei Ballenacriagh in Brand gesteckt.«
»Ist es wahr, dass die Regierung begonnen hat, Andere zu registrieren?«
»Glaubt ihr, die Duinedon würden uns hier angreifen?«
»Es geht das Gerücht, dass die Kasernen mit aus dem Krieg zurückgekehrten Regimentern verstärkt werden.«
»Sie behandeln uns, als wären wir weniger als menschlich.«
»Eher kämpfe ich, als zuzulassen, dass wir von den Duinedon wie Schafe zusammengetrieben werden.«
»Das gilt auch für mich. Lasst sie ruhig kommen, sag ich. Wir sind den Duinedon mehr als ebenbürtig.«
Gerüchte wie auch Krankheiten blühten und gediehen in solch beengten Verhältnissen, und viele Stunden vergingen, in denen Sabrina falsche Berichte widerlegte und besorgte Gemüter beschwichtigte.
»Klatsch ist eine Hydra mit vielen Köpfen. Greift man eine Geschichte an, wachsen gleich drei mehr an ihrer Stelle nach.«
Sie war nicht überrascht, als sie merkte, dass Daigh sie von der offenen Scheunentür beobachtete. Seine gequälten schwarzen Augen, die ernste Schönheit seiner markanten Züge, die herkulische Kraft in seinen verschränkten Armen und die breiten Schultern ließen die Schmetterlinge in Sabrinas Bauch wieder einen Tanz vollführen, bis sie vor Erregung zitterte.
Daigh zeigte auf die Kochfeuer und provisorischen Zelte. »Máelodor versteht sich sehr gut darauf, ohnehin schon fruchtbare Erde anzureichern. Sieh sie dir an! Sie sind voller Groll, Angst und Wut.«
»Ist das ein Wunder? Wir lernen von der Wiege an zu verbergen, was wir sind, vor denjenigen, die es nicht verstehen und uns ›Monster‹ nennen würden.«
Seine Lippen verzogen sich zu einem bitteren Lächeln. »Ja«, antwortete er leise, bevor er wieder mit einer Kopfbewegung auf die Versammlung deutete. »Aber hör genauer zu! Bemerkst du das Aufrührerische, den Trotz? Das wir gegen sie? Das ist die Saat der Revolution.«
Sabrina blickte über ihre Schulter und sah, was Daigh meinte. Die verkniffenen, verdrossenen Gesichter, die zusammengebissenen Zähne, die wachsende Ungeduld. Erschauernd zog sie den Umhang noch fester um die Schultern. »Ist Máelodor machtvoll genug, um eine ganze Rasse zu manipulieren?«
»Viele sind bereit, sich zu erheben. Sie sind unzufrieden und rastlos und warten nur noch auf einen Führer, um sie zu vereinigen: auf den letzten Hochkönig. Und genau das nutzt Máelodor zu seinem eigenen Vorteil aus.«
»Aber Artus war ein großer Held, ein Beschützer. Er würde nie …«
»Er wird keine Wahl haben, Sabrina. Als einer
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