Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)
der Domnuathi wird er machtlos gegen Máelodors Kräfte sein. Nicht mehr als ein Werkzeug in den Händen des Großartigen.«
Seine Worte und Emotionen waren von heißem Zorn und solch bitterer Wut durchdrungen, dass sie wie Schläge gegen Sabrinas Bewusstsein hagelten. Daigh wütete gegen das Schicksal, gegen den Himmel und sogar gegen die Götter, weil sie ihn im Stich ließen und ihm nicht beistehen würden im Kampf gegen Máelodor und das Böse.
Sabrina hatte ihn schon einmal in den sicheren Tod reiten sehen und gewusst, dass er ihm nicht entkommen würde. Die Vision dieser Trennung und des Leides danach verfolgte sie noch immer. Konnte sie es wieder ertragen? Konnte sie ihn erneut gehen lassen, ohne auch nur ein einziges Mal nach dem Warum zu fragen?
»Du hast dich von ihm befreit. Er beherrscht dich nicht mehr.«
»Er lebt in mir, Sabrina, und er sucht stets nach einem Weg, mich wieder zu versklaven. Bis einer von uns tot ist, wird diese Bedrohung bleiben.« Mit eingezogenem Kopf trat er wieder durch die niedrige Tür hinaus.
Sabrina dachte, dass sie sich jetzt abwenden, gehen und sich nie wieder umschauen sollte. Sie hatte von Anfang an gewusst, dass Daigh MacLir Ärger mit sich brachte und dass es zu einer Katastrophe führen könnte, dem Zauber dieser schwarzen Augen und dieses muskulösen Körpers zu erliegen. Sie hatte es gewusst und sich nicht darum geschert.
Damals nicht.
Und heute nicht.
Sie folgte ihm ins Dämmerlicht der niedrigen Scheune. Er hatte begonnen, eine starkknochige Stute zu striegeln, und murmelte ihr sanfte, unverständliche Worte zu: »Paid barnu pob dyn ar weithredoedd un.«
»Was sagst du ihr?«
Behutsam strich er über eine haarlose Stelle an der Flanke des Tieres. »Siehst du diese Spuren hier? Sie ist grausam misshandelt worden. Ich sage ihr, dass sie nicht alle Männer nach der Handlungsweise eines einzelnen beurteilen soll.«
Die Stute legte die Ohren zurück, während sie nervös die Haltung änderte und drohend eins ihrer Hinterbeine hob. Daigh begann wieder, beruhigend auf sie einzureden, mit leiser Stimme und noch mehr Worten in diesem singenden Tonfall mit dem rollenden R. »Rwyt t’in brydferth. Dwi’n gwneud yr sydd angen i amddiffyn ti.«
Sabrina lehnte sich an die Trennwand. »Und was erzählst du ihr jetzt?«
Daigh lächelte. »Dass sie ein sehr schönes Mädchen ist und ich ihr nichts Böses will. Dass ich nur tue, was nötig ist, um sie gut in Schuss zu halten.«
»Schau sie nur an«, sagte Sabrina. »Sie vertraut dir.« Ihre Blicke begegneten sich, und sie versuchte, ihn durch pure Willenskraft dazu zu bringen, in ihr Herz zu sehen.
Ein seltenes Lächeln erhellte plötzlich sein Gesicht, das sie so verblüffte mit seiner Schönheit, dass ihr das Herz auf einmal bis zum Halse schlug. »Wie lange können wir diese Wortspielchen noch spielen?«, neckte er sie.
Hemmungslose Erregung packte sie, genau wie schon in Dublin, als sein singender Tonfall, der Duft seiner Haut und die unergründliche Tiefe seines Blicks sie wie magisch angezogen hatten, obwohl ihre Vernunft ihr gesagt hatte, sie sei verrückt. »Wie lange hast du Zeit?«
»Ich stand Brendan näher als dem Rest meiner Familie. Es war nicht so, dass ich meine Eltern nicht liebte, aber Mutters ganze Liebe galt nur Vater. Niemand anders konnte diese Glaskuppel betreten. Und was Vater anging, so war Aidan sein Erbe, Brendan sein Lieblingssohn und ich nur eine Tochter, ein Mädchen, das nicht sehr nützlich war, aber auch nicht besonders viel Arbeit machte.« Sie zwirbelte einen Wiesen-Lieschgras-Halm zwischen den Fingern. »Oder jedenfalls nicht, bis ich als Tauschobjekt benutzt werden konnte.«
Bei schlechtem Wetter ließ das Scheunendach Wind und Wasser herein, doch heute Nacht fiel nur der Mondschein auf den Boden, und durch zerbrochene Schindeln waren ein paar fahle Sterne zu sehen. Was war es nur an dem süßen, etwas modrigen Geruch von Heu und den Lauten und Bewegungen von Tieren, das zu Vertraulichkeiten einlud? Oder war es die Gesellschaft? Sabrina setzte sich auf den einzigen Hocker, Daigh ließ sich auf einem umgestülpten Eimer nieder.
So saßen sie Stunden da, und Daigh entlockte ihr eine Geschichte nach der anderen wie Bänder aus dem Ärmel eines Jahrmarktszauberers. Ihre Geschichten über ihre Jahre bei den bandraoi schienen ihn nie zu ermüden, aber er kitzelte auch Erinnerungen an das prächtige Haus an der See aus ihr heraus, in dem sie aufgewachsen war, an ihre Brüder, denen
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