Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)
oder Verlust nahm, sondern nur noch Töten, Hass und Tod kannte.
Die Qual des stöhnenden Mannes schien das Zögern seiner Freunde zu beenden, und sie stürmten vor wie ein Rudel knurrender, zähnefletschender Hunde, die Beute witterten.
Daigh reagierte, ohne nachzudenken. Muskeln spannten sich unter seiner Haut, Blut lief wie Säure durch verengte Adern und vernebelte ihm die Sicht mit rot glühendem Höllenfeuer.
Der Angriff endete erst, als die Toten und Sterbenden mit gebrochenen Gliedern den Erdboden um ihn herum bedeckten. Einmal merkte er, dass er einen schartigen, verrosteten Dolch umklammerte, von dem heiß und rot sein eigenes Blut herunterlief. Er drehte ihn in der Hand, sodass er den Griff zu fassen bekam, und stieß ihn einem Mann in den Bauch, der sich auf ihn stürzte wie ein brüllender Stier.
Schreie durchdrangen das Dröhnen in seinen Ohren, aber er ignorierte sie. Sie schrien einen Namen, der ihm nichts bedeutete, denn seine wahre Identität war zu Staub zerfallen zwischen den Fragmenten seines angegriffenen Hirns.
Er war nicht Daigh und auch kein Mann, sondern der ungeschehen gemachte Tod.
Sabrina sah mit wachsendem Entsetzen zu und hielt den Atem an für den kurzen Augenblick, in dem Daigh zögerte und schwankend wurde und sie wusste, dass die übrigen Männer jetzt zum entscheidenden Schlag ausholen würden.
Doch dazu kam es nicht. Denn der nächste Moment schien Daighs Killerinstinkt, diesen unheimlichen sechsten Sinn, der ihn wachsam und am Leben erhielt unter dem Angriff, gleichsam zu verschärfen. Die wenigen Überlebenden flohen vor dem Chaos und verschwanden in der schützenden Dunkelheit – um gleich darauf von den Schwestern ersetzt zu werden, die sich mit leise raschelnden langen Röcken und furchtsamem, besorgtem Murmeln näherten.
Nur der Schleimige, der Sabrina hielt, war noch geblieben und drückte ihr immer fester mit dem Ellbogen die Kehle zu. Er schnitt ihr die Luft ab, bis kleine rote Punkte vor ihren Augen tanzten und ihre Lunge sich vor Anstrengung verkrampfte. Bei jedem Verlust eines Kameraden zuckte er zusammen, seine Flüche wurden lauter und panischer, und er hielt Sabrina als letzten Puffer zwischen Daigh und seinem eigenen unmittelbar bevorstehenden Tod gepackt.
»Ich bringe sie um!«
Harte Worte durchdrangen den Dunstkreis seines Wahns, und Daighs umnebelter Blick fiel auf eine Szene, die ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Einer der Kerle drückte Sabrina eine Pistole an die Brust. Mit dem Ellenbogen umklammerte er ihren Hals und erwürgte sie beinahe.
Blutüberströmt hielt Daigh inne und rang nach Atem. Er erwiderte den Blick des Mannes; und beide sahen sie pure Mordlust in den Augen des anderen.
Dann schien sich plötzlich alles unendlich langsam abzuspielen. Der Mann löste sich ein wenig von Sabrina. Eine Waffe richtete sich auf Daighs Brust. Es gab eine Explosion von Schall und Feuer, gefolgt von einem ebenso jähen Faustschlag gegen Daighs Brust. Blut strömte heiß und rot aus seiner Wunde. Und da war das plötzliche Gewicht bleischwer gewordener Glieder …
Daigh ließ sich auf die Knie fallen, visierte sein Ziel an und schleuderte den Dolch. Mit grausamer Genugtuung beobachtete er, wie er mit unfehlbarer Genauigkeit die Brust des Mannes traf.
Der Straßenräuber versuchte, sich im Fallen an Sabrinas Röcken festzuhalten, doch er war schon tot, bevor er auf dem Boden aufschlug.
Sie schrie.
Und Daigh schwanden die Sinne.
»Was machte er hier draußen?«
»Ich hatte ihn hergeschickt, um nach den Mutterschafen zu sehen.«
»Habt Ihr jemals so etwas gesehen?«
»Verrückt. Er ist verrückt. Gefährlich. Am besten holen wir die Polizei.«
»Er hat Jane gerettet. Und Sabrina. Er ist ein Held.«
Das besorgte Plappern der bandraoi . Das Gesumm nervöser Fassungslosigkeit. Das Rascheln schwerer Röcke und Umhänge, als die Frauen zwischen den Toten hin und her gingen und sich das Massaker ansahen.
Sabrina kniete neben Daigh und kramte in ihrer Tasche, als könnten die Tränke und anderen Heilmittel, die sie dabeihatte, die Blutung stoppen oder das Leben festhalten, das unter ihrer Hand zerrann. Der Schmerz grub tiefe Furchen in die graue Blässe seines Gesichts. Seine Lippen waren bläulich verfärbt. Keine menschliche Medizin würde ihm noch etwas nützen. Aber wenn sie die Magie ihrer Rasse, die magischen Kräfte der Anderen , zu Hilfe nahm, könnte sie ihm Zeit erkaufen, wenn nicht sogar sein Leben retten.
Sie zerriss die Überreste
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