Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Verführung der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
Vom Netzwerk:
Niedergeschlagenheit eine Folge des Überfalls im Wald? Sabrina fragte sich, wieso sie ihr nicht schon früher aufgefallen war. War sie so in ihre eigenen Probleme verstrickt gewesen, dass sie die Bedrücktheit ihrer besten Freundin übersehen, ja nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet hatte, wie der brutale Übergriff sich auf sie ausgewirkt haben könnte?
    Sabrinas Gesicht verfinsterte sich vor Ärger über ihre Ichbezogenheit. Eine schlechte Freundin war sie!
    Jane versuchte, sich ein Lächeln abzuringen. »Ich sehe schrecklich aus.«
    »Unsinn. Ein paar Bürstenstriche mehr, einige Nadeln und Kämme, und schon ist alles wieder bestens.«
    Janes Augen waren gerötet und geschwollen. »Netter Versuch, aber du weißt genau, wovon ich rede. Wann immer ich zur Ruhe komme, sehe ich dieses schmierige, widerliche Gesicht und spüre den Atem dieses Kerls an meinem Nacken. Mir wird ganz schlecht davon, und ich fange an zu zittern und kann nicht schlafen. Schwester Ainnir hat mir einen Schlaftrunk gegeben, doch er schmeckt so ekelhaft, dass ich ihn nicht nehmen mag.«
    Sabrina grinste. »Schwester Ainnir glaubt, dass alles, wovon einem nicht schlecht wird, auch nicht wirkungsvoll sein kann. Ein simpler Tee aus Poleiminze mit Honig würde dir besser helfen als irgendwelche ihrer Foltertränke.«
    Jane entspannte sich auf dem Stuhl. Sie hatte auch schon wieder ein bisschen Farbe im Gesicht, aber Sabrinas anhaltende Schuldgefühle hielten sie am Reden.
    »Ich hätte nicht zugelassen, dass sie dir etwas zuleide tun.«
    Diese Feststellung trug ihr ein skeptisches Stirnrunzeln von ihrer Freundin ein. »Und wie hättest du sie daran hindern können? Du warst ja wohl kaum in einer besseren Lage.«
    »Dann eben Daigh«, erklärte Sabrina in besitzergreifender Manier. »Er hätte diese Männer davon abgehalten, uns etwas anzutun. Hat er ja auch. Er hat mit ihnen gekämpft und hätte dabei sterben können. Und alles nur für uns.« Sie schenkte Schwester Ainnirs Beschuldigungen immer noch keinen Glauben. Es musste eine Erklärung für Daighs plötzliches Verschwinden geben. Nur ergab leider nicht eine der ihr bisher eingefallenen Möglichkeiten einen Sinn.
    Janes Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln. »Er hat dich wirklich vollkommen verhext, nicht wahr?«
    Sabrina zuckte nur mit den Schultern und wickelte sich eine dicke Strähne von Janes Haar um den Finger.
    Die Freundin senkte den Blick und spielte mit den Haarnadeln. »Hast du ihn geküsst?«
    »Jane!«
    Ein schalkhaftes Flimmern tanzte in ihren Augen. »Hat es dir gefallen?«
    Sabrina steckte ihr ziemlich unsanft einen Kamm ins Haar.
    »Au!« Jane fuhr hoch und warf ihr einen ärgerlichen Blick zu. »Na schön, wenn du nicht antworten willst, dann lass es! Aber stech mich nicht, bloß weil ich frage!«
    Sabrina zog den Kamm heraus und steckte die Strähne diesmal vorsichtiger auf. »Entschuldige!«
    Ein kameradschaftliches Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, während das Nachmittagslicht lange goldene Strahlen über den kahlen Holzfußboden, die weiß getünchten Wände und die drei schlichten weißen Betten warf.
    Sabrina ertappte sich dabei, dass sie den kargen, schmucklosen Raum mit ihrem farbenfrohen, verschwenderisch ausgestatteten Schlafzimmer auf Belfoyle verglich. Sie hatte es nicht mehr gesehen seit … nun ja, seit jenem fürchterlichen Herbst vor sieben Jahren. So lange war sie nicht mehr daheim gewesen, um durch den Park zu spazieren, den steilen Klippenpfad zu dem schmalen Streifen Strand hinabzuklettern, Obst aus der Orangerie zu stibitzen oder in ihrem Lieblingssessel am Feuer im Salon zu sitzen.
    Würde all das mit den Augen einer Erwachsenen betrachtet noch genauso aussehen? Oder würden ihr die Räume kleiner vorkommen? Die Pracht nicht ganz so beeindruckend? Würde sie sich fühlen, als käme sie nach Hause, oder würde es eine Fremde sein, die durch die Gänge schritt, als sähe sie alles dort zum ersten Mal? Würden sich die Geister ihrer Vergangenheit erheben, um sie auf jedem ihrer Wege zu begleiten? Und was für Geister würden es sein?
    Ihr Vater mit seinen wechselhaften Stimmungen?
    Die geduldige, aber unaufmerksame Hand ihrer Mutter auf der Schulter?
    Oder würde es Brendan sein, der ihr auf den verschlungenen Gängen und in den stillen Räumen erschiene und zu erklären versuchte, warum er sie im Stich gelassen hatte und weshalb solch furchtbare Anschuldigungen gegen ihn erhoben worden waren? Der ihren Verdacht

Weitere Kostenlose Bücher