Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)
Sie riefen ihn und flehten um Erlösung, doch er ignorierte ihre Bitten. Sie würden auf ihre Belohnung warten müssen. Noch war nicht die Zeit gekommen.
Stattdessen streckte er seine geistigen Fühler immer weiter nach außen aus, versuchte, eine telepathische Verbindung herzustellen, und trieb sich über die Grenze seiner Belastbarkeit hinaus. Aber seine Anstrengungen waren belohnt worden. Er hatte es geschafft. Hatte eine antwortende Berührung seines Geistes und die magische Verbindung zwischen Herrn und Sklave gespürt. Gut, sie war sehr angespannt gewesen und hatte fast nicht funktioniert – doch sie war noch intakt.
Nun würde er sich ausruhen, sich erholen. Und wenn er das nächste Mal versuchte, Kontakt zu dem Domnuathi aufzunehmen, würde er die Verbindung zwischen ihnen wiederherstellen, seine eigene Überlegenheit verstärken und die Kontrolle über Lazarus zurückgewinnen.
»Du hast mich fast zu Tode erschreckt!«
Daighs Augen brannten in seinem gehetzten, gequälten Gesicht, als er sich zu Sabrina vorbeugte und die Arme über die Rücklehne ihrer Bank legte. »Ich wollte keine Szene riskieren.«
»Mich zu packen und mir den Mund zuzuhalten sollte mich beruhigen?«, versetzte sie, während sie versuchte, das Bild von ihm zu verdrängen, wie er in ihrem Traum gewesen war. Das schalkhafte Lächeln, den Kuss, die Wärme seines Körpers unter ihrer Hand … Sie massierte sich die Schläfen. Warum widerfuhr ihr das?
Der Daigh, den sie jetzt vor sich hatte, sah aus, als stünde er kurz davor, in Flammen aufzugehen. Er schäumte förmlich vor unterdrückter Wut und strahlte eine beängstigende Gewalttätigkeit aus. »Nein, ich wollte nur, dass du ruhig bleibst.« Wieder beugte er sich vor und strich mit dem Daumen über ihre Wange. »Du hast geweint, Sabrina.«
Bestürzt griff sie sich mit ihrer behandschuhten Hand an die Wange. »Wirklich? Das muss der Traum gewesen sein, den ich hatte. Aber es war nichts Wichtiges. Und bestimmt nichts, was mit dir zu tun hatte.«
Belustigung erhellte für einen Moment seinen düsteren Blick. »Erzähl mir von dem Traum, der nichts mit mir zu tun hatte!«
Oh nein! Sie würde sich nicht wieder in seinen Bann ziehen lassen. Er hatte sie belogen und sie eine Sehnsucht verspüren lassen, die sie nicht verspüren wollte. Seinetwegen hatte sie sich ein Leben vorgestellt, das nicht das ihre war, das sie sich aber trotzdem mit jeder neuen Begegnung zu ersehnen begonnen hatte. Und allein schon dieser Vorstellungen wegen hatte sie sich zum Narren gemacht.
»Na schön«, sagte sie und schob kampflustig das Kinn vor. »Wir sprachen miteinander. Und dann …« Verlegen hielt sie inne. »Dann hast du mich geküsst.«
Kummer verdüsterte sein Lächeln. »Und weiter?«
»Du sagtest, du seist nach Caernarvon gerufen worden. Prinz Hywel brauche dich.«
Sein Blick richtete sich nach innen. Seine Stimme war leise und sicher. »Es sollte eine Besprechung mit den Engländern stattfinden. Ich wurde an den Hof gerufen, um zu übersetzen. Und zu spionieren.«
Sofort krümmten sich seine Schultern, als wäre er geschlagen worden. Schweiß trat ihm auf die Stirn, und er ließ sich schwer gegen die Lehne der Kirchenbank zurückfallen.
»Daigh!« Sie griff nach ihm, aber er schüttelte den Kopf. »Es ist nichts. Es passiert, wenn ich mich erinnere. Doch es hält nie lange an.«
Er atmete tief durch die Nase ein. Seine Zähne klapperten, und er zitterte am ganzen Leib.
Sabrinas Augen brannten, eine Träne lief über ihre Wange. »Wen solltest du ausspionieren? Die Engländer? Bist du Franzose? Ein Soldat Napoleons? Das ist es, nicht? Ach, du meine Güte – ich habe einem Kriegsflüchtigen Unterschlupf gewährt!«
»Nein, Sabrina«, sagte er schnell, um sie vom Rand der Hysterie zurückzuholen. »Diese Befürchtung brauchst du deinen anderen nicht hinzuzufügen.«
»Aber was ich vorhin träumte, das war eine Erinnerung. Deine Erinnerung. Genau wie beim letzten Mal.«
»Aye.«
»Würdest du mir dann bitte erklären, wer Hywel ist? Und was für ein Prinz ist er, aus welchem Land? Und warum träume ich von deinen Erinnerungen, als wäre ich dort gewesen und ein Teil davon?«
Er wandte sich ab und presste die Lippen zusammen. Sein Blick wurde abweisend, seine Stimme vorsichtig. »Ich kann es nicht erklären. Ich weiß es nicht.«
Sie glaubte ihm keine Sekunde lang. Selbst wenn sie nicht gespürt hätte, wie seine Anspannung sich verdichtete wie ein kalter Nebel, war da ein Ton in seiner
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