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Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Verführung der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
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und Nahrungsmitteln fort.
    Schließlich näherte Sabrina sich dem Ende. Powys. Dyfed. Gwent. Gwynedd .
    Könige
    Ahnentafeln
    Wieder ließ Sabrina den Finger über die Liste gleiten, bis sie zu Hywel ab Owain Gwynedd kam . Sohn des Owain Gwynedd. Verstorben 1170 .
    Sabrina blinzelte und las es noch einmal.
    Verstorben 1170.
    In Pentraeth.
    Von den Söhnen seiner Stiefmutter aus dem Hinterhalt ermordet.
    Aus dem Hinterhalt ermordet …
    Sabrina schlug das Buch zu und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Entsetzen schnürte ihr das Herz zusammen, und ihr Verstand weigerte sich, das Gelesene zu glauben und über das Datum und den Namen hinauszudenken und nach einer Erklärung zu suchen.
    Die Luft in der Bibliothek wurde feucht und schwer von dem Geruch nach Holzfeuer und verschimmeltem Laub. Ein beißender, modriger Herbstgeruch, von dem Sabrina so schwindlig wurde, dass sie sich am Tisch festhalten musste. Aber der Tisch war nicht mehr da. Auch die Bücherregale waren nur noch geisterhafte, gespenstische Konturen. Das ganze Gebäude löste sich zu nebelhaften Schwaden feuchter Wolken auf.
    Schwankend versuchte Sabrina, das Gleichgewicht zu halten, wobei ihr Blick auf ihre Hände fiel. Sie waren gebräunt von der walisischen Sommersonne und umklammerten Halt suchend lange wollene Röcke. Ein Gürtel aus reich verziertem Leder saß tief an ihrer Taille, an ihrer Hüfte baumelte ein Schlüsselbund.
    Während sie vom Kuhstall über den Hof zum Haus hinübereilte, sprangen ihr wie Feldmäuse Gedanken durch den Kopf. Die Kühe mussten gemolken werden. Mit dem Spinnen der Wolle waren sie Wochen im Verzug. Astrid lag mit Fieber im Bett, und Daigh war nicht zu Hause. Trotz ihrer Bitten, bei ihr daheim zu bleiben, hatte er sich auf die Reise zu Prinz Hywel gemacht. Er hatte nicht nachgegeben, von Loyalität seinem Lehnsherrn gegenüber gesprochen und seiner Pflicht, Hywel zu helfen, den von seinen Stiefbrüdern usurpierten Thron zu sichern. Und keine ihrer Warnungen hatte Daigh umstimmen können. Bitte, flehte sie die Götter an. Bitte bringt ihn heil zu mir zurück!
    Sabrina pochte der Kopf von verzerrten Bildern ihrer selbst, aber die einzigen Gedanken, die in ihr aufkamen, drehten sich um Hywel: im Kampf gefallen. Bei einem Massaker ermordet, dem nur wenige lebend entkommen waren – Daigh mit eingeschlossen.
    Eine Hand legte sich auf ihre Schulter. Eine harte, vernarbte Hand, an der die Spitze eines Fingers fehlte. Mit dem leisen Rascheln von Papier schloss sich das Buch. »Weibliche Neugier ist gefährlich.«
    Der singende Tonfall legte sich um ihr Herz und trieb sie auf einer Woge machtvoller Gefühle in die Gegenwart zurück.
    Sie wirbelte auf ihrem Platz so schnell herum, dass ihre Rippen sich in ihre Lunge bohrten und ihr Atem jetzt ganz schnell und flach kam.
    Unaufgefordert ließ Daigh sich auf dem Stuhl neben ihr nieder und betrachtete sie ruhig, obwohl sie das Chaos seiner Emotionen wie Hammerschläge in ihrem eigenen Schädel spürte. Sein Körper vibrierte wie eine zu straff gespannte Bogensehne, doch sein Gesicht blieb wie aus Stein gemeißelt und verriet nur stille Resignation. »Jetzt kennst du die Wahrheit.«
    Sie musterte ihn und suchte nach den Anzeichen, die ihr bisher entgangen waren. Aber nichts an ihm verriet, dass sie einen Toten vor sich hatte. Weder seine sonnengebräunte Haut noch sein dichtes schwarzes Haar, die titanische Kraft seines Körpers oder die Geschmeidigkeit des Soldaten ließen auch nur die Vermutung zu, dass dieser Mann von den Toten wiederauferstanden war.
    »Bist du ein Geist?«, fragte sie mit einer Stimme, die kaum mehr als ein Flüstern war.
    Seine Augen verdunkelten sich zum Schwarz der Geisterstunde, und er schüttelte so langsam den Kopf, als täte ihm jede Bewegung seiner Muskeln weh. »Nein. Ich bin ein Mann aus Fleisch und Blut. So menschlich wie alle anderen.«
    »Aber du warst …« Sabrina versuchte, das Buch zu öffnen, doch er hielt es unter seinen Händen fest. »Du warst dort. Bei Hywel.«
    »Aye. Ich bin in Pentraeth mit ihm gestorben.«
    Ich erinnere mich an Blut. Und an den Morast, in den ich stürzte.
    »Aber wie …?« Sabrina war schwindlig, und sie hatte ein flaues Gefühl im Magen, als müsste sie sich übergeben. Sie versuchte, die Übelkeit mit ruhigen, tiefen Atemzügen zu überwinden, und sagte mit beschämend schriller Stimme: »Das würde bedeuten, dass du über sechshundert Jahre alt bist!« Weil sie es nicht verkraften konnte, wandte sie sich ab,

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