Verführung der Nacht: Ein Vampirthriller (German Edition)
Augenbraue hoch. »Du meinst unsere Existenz. Jahrhundertelang sind wir wie Tiere gejagt und getötet worden, bis wir erkannten, dass unsere einzige Waffe gegen die Sorte mörderischer Engstirnigkeit, wie du sie heute Abend erlebt hast, darin besteht, unsere Existenz geheim zu halten. Wie ich dir erklärt habe, ist das auch der Grund dafür, warum wir Donaldson aufhalten müssen. Seine Morde erregen schon jetzt zu viel Aufsehen. Die Tatsache, dass sie dich so schnell aufgegriffen haben, bestätigt das nur. Vielleicht haben sie sogar –«
Aber Averys Geschwätz interessiert mich nicht. Ich unterbreche seine abschweifenden Gedanken.
Ich will wissen, wer sie sind.
Avery fängt den Gedanken auf und schwenkt sofort um. Sie nennen sich »Rächer«.
Ich schnaube leise. Wie süß. Ich nehme an, auch hinter diesem Namen steckt eine Geschichte, wie bei den Nachtwächtern.
Avery nickt. Die Rächer gründeten sich im Mittelalter. Die erste Gruppe wurde gebildet, um den Tod dreier Kreuzritter zu rächen, die bei einem besonders blutigen Versuch, ein widerstrebendes Dorf zum Christentum zu bekehren, von Vampiren getötet wurden. Wen kümmerte es schon, dass die Kreuzritter bereits das Dorf geplündert und alle Männer und Jungen erschlagen hatten. Nein, es war die Tatsache, dass die Vampire sie schließlich aufhielten, die den Zorn der Kirche erregte. Man schickte eine kleine Armee aus, um die Vampire zu stellen und zu ermorden. Und die Kirche hat die Dorfbewohner zu Komplizen gemacht, obwohl Vampire bis zu diesem Zeitpunkt in Frieden mit den Menschen lebten.
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Ich dachte, wir wären schon immer die Bösen gewesen. Du weißt schon, blutige Ernte unter den Lebenden, um unsere Gier zu stillen.
Avery schüttelt den Kopf. Nein. Im Gegenteil, Vampire haben oft einen Ort beschützt. Nachtwächter, schon vergessen?
Die Nachtwächter waren ursprünglich Vampire?
Wer sonst hätte besser in der Nacht wachen können?
Ich kann das alles kaum glauben. »Nichts, was ich je über Vampire geglaubt oder gehört habe, scheint zu stimmen«, sage ich. »Warum die vielen Missverständnisse? Warum gehen wir nicht einfach an die Öffentlichkeit und klären das alles auf? Dann wäre es mit den Rächern ein für alle Mal vorbei.«
Avery zuckt mit den Schultern. »Das ist nicht möglich. Erstens, wer würde uns schon glauben? Wir würden damit nichts weiter erreichen, als unsere persönliche Identität preiszugeben. Genauso gut könnten wir uns eine Zielscheibe auf den Rücken malen. Das Leben im Verborgenen ist unsere beste Waffe gegen jene, die uns zu zerstören suchen.«
»Na ja, deine Identität ist offenbar nicht so geheim. Ich nehme an, sie haben meine Spur aufgenommen, als ich hier weggefahren bin.«
Avery runzelt die Stirn. Wie kommst du denn darauf?
Ich lasse ungeduldig eine Hand flattern. »Warum? Weil ich auf dem Weg von hier nach Hause war, als ich angehalten wurde. Und der Cop hat keine Zeit verschwendet, sondern mich sofort in seinen Streifenwagen geschafft. Woher sonst hätte er wissen können, dass ich ein Vampir bin?«
»Hat er dir vorher mit der Taschenlampe in die Augen geleuchtet?«
Nun bin ich es, die überrascht ist. Ja, das hat er. Er hat mich geblendet.
Und bist du nicht viel zu schnell gefahren, als er dich angehalten hat?
Das hast du wohl aus meinen Gedanken gelesen, was?
Er lächelt mit harten, kalten Augen. »Ich habe dir doch gesagt, du solltest vorsichtig sein und keine Aufmerksamkeit auf dich lenken, oder nicht? Und was ist das Erste, das du tust? Du rast in deinem Sportwagen mit Tempo zweihundert durch die Stadt. Deshalb hat er dich angehalten. Und mit der Taschenlampe überprüfen sie, ob jemand einer von uns ist. Das ist ein sehr starkes Stroboskoplicht. Es beeinträchtigt Vampire körperlich. Verwirrt uns. Dieser Cop hat keinen Vampir verfolgt, als er dich angehalten hat. Er hatte zufällig das Glück, einen zu finden, und du hast es ihm sehr leicht gemacht.«
Widerwillig muss ich zugeben, dass alles, was Avery sagt, wahr sein könnte. Unsicherheit breitet sich in mir aus. »Jetzt wissen sie also über mich Bescheid, nicht wahr?«
Avery wirft mir einen düsteren, hintersinnigen Blick zu. »Und vielleicht hast du sie direkt hierher geführt. Zu mir.«
Ich fühle mich so schuldig, dass ich mich abwenden muss. Ich war mir sicher, dass sie meine Spur aufgenommen hatten, als ich hier wegfuhr. Die Möglichkeit, dass ich vielleicht sogar ihn in Gefahr gebracht haben könnte,
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