Verführung der Nacht: Ein Vampirthriller (German Edition)
verdächtigen und verfolgen, der sein Grundstück verlässt. Vielleicht war das der Grund, weshalb der Cop mich gleich aus dem Wagen gezerrt hat. Er hat kein Spiegelbild im Seitenfenster gesehen und wusste, was Sache ist.
Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden.
Auf dem Rückweg zu Avery schaue ich immer wieder in den Rückspiegel, um festzustellen, ob ich verfolgt werde. Ich überlege, doch nach Hause zu fahren und das Auto zu wechseln, aber als ich vor seiner Einfahrt halte, bin ich ziemlich sicher, dass mir niemand folgt.
Mitten in der Nacht dauert die Fahrt nicht lange. Minuten später stehe ich vor dem Tor der Einfahrt. Ich hätte nicht erwartet, dass es offen ist, aber das ist es, also fahre ich weiter bis zum Haus. Die Auffahrt ist leer, Averys Gäste sind schon gegangen. Ich schnappe mir meine Handtasche und gehe zur Tür.
Wie vorhin öffnet Avery auf mein Klingeln hin selbst. Er trägt dieselbe Hose, darüber aber einen roten, seidenen Morgenmantel, und an den Füßen Slipper aus Rehleder. In einer Hand hält er ein Buch, in der anderen ein Martiniglas.
Ich warte nicht ab, bis er mich hereinbittet, sondern rausche mit einer vagen Handbewegung an ihm vorbei.
»Toller Look, Avery. Ganz Hugh Heffner.«
Er hält mich auf, indem er einen Finger in der Handschelle verhakt, die wie ein klobiger Armreif an meinem Handgelenk baumelt, und hebt meine Hand daran hoch. »Toller Look, Anna. Ganz Courtney Love.«
Er ist nicht überrascht, mich zu sehen – jedenfalls ist weder in seiner Miene noch in seinen Gedanken Überraschung zu entdecken. Im Gegenteil, er lächelt und deutet mit dem Martiniglas in meine Richtung.
Ich hätte nicht erwartet, dich so bald wiederzusehen. Möchtest du einen Drink?
So bald? Ich nicke, folge ihm in die Bibliothek und bearbeite dabei die Handschellen mit dem Schlüssel aus meiner Handtasche, bis sie aufspringen und abfallen. Ich werfe die auseinandergerissenen Schellen auf den Schreibtisch. Im Kamin brennt ein Feuer, und nachdem er mir aus einer gekühlten Karaffe auf dem Tisch ein Glas eingeschenkt und ein Spießchen hineingesteckt hat, setzen wir uns ans Feuer.
Aber du hast erwartet, mich wiederzusehen.
Er besitzt zumindest den Anstand, sich nicht dumm zu stellen. Spöttisch hebt er das Glas in Richtung der Handschellen.
Ich habe schon von den Ereignissen der Nacht gehört. Der Ausgang hat mich nicht überrascht. Ich habe dir doch gesagt, dass deine Kräfte wachsen. Vielleicht glaubst du mir jetzt.
Ich nippe an dem Martini – Gin, sehr trocken, mit zwei Oliven und einer Cocktail-Zwiebel. Genau, wie ich ihn mag.
»Aber du hast mich erwartet.«
Avery zuckt mit den Schultern. »Nicht direkt. Ich dachte mir, dass du Fragen haben könntest, nach dem, was du heute Nacht durchgemacht hast.«
Ich mustere ihn über den Rand meines Glases hinweg. »Wie hast du so schnell davon erfahren?«
»Ich habe dir doch gesagt, dass du beobachtet wirst.«
Ich trinke noch einen kleinen Schluck. Hast du dafür gesorgt?
Das scheint ihn zu überraschen. Seine Gedanken verschließen sich mir, doch zwei Herzschläge später öffnet er sich mir wieder.
Nein. Aber ich dachte, das hätten wir bereits geklärt. Wenn ich dir etwas antun wollte, hätte ich es schon längst getan. Im Krankenhaus oder bei dir zu Hause, während wir allein waren.
Hast du mir jemanden zu Hilfe geschickt? Denjenigen, der mich überwacht, zum Beispiel?
Diesmal ist seine Überraschung echt.
Wie meinst du das?
Ich denke kurz daran, ihm nichts davon zu sagen. Vielleicht sollte ich Casper für mich behalten. Aber ich verschließe mich nicht schnell genug. Er liest in meinen Gedanken, was geschehen ist, ehe ich es verhindern kann.
Er schnappt scharf nach Luft. Interessant. Anscheinend hast du noch einen zweiten Beschützer.
Soll das heißen, du weißt nicht, wer das war?
Er schüttelt den Kopf.
Aber ich dachte, du kennst alle.
Das entlockt ihm ein Lächeln. Nein, Anna. Ich kenne nicht alle.
Wie viele Vampire gibt es eigentlich in San Diego?
Meinst du nur in der City oder im Großraum San Diego?
Ich puste die Luft mit aufgeblasenen Backen aus. Fangen wir mal mit der City an.
Avery schürzt die Lippen und rattert im Geiste eine Liste von Namen herunter.
Ich unterbreche ihn, als er bei zwanzig angekommen ist. Ich kann mein Erstaunen nicht verbergen. »Wie kann das der Öffentlichkeit verborgen bleiben? Wie schafft ihr es, eure Existenz geheim zu halten, wenn so viele prominente Vampire herumlaufen?«
Er zieht eine
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