Verführung der Nacht: Ein Vampirthriller (German Edition)
David melden. Er hat vermutlich schon ein Dutzend Mal bei mir angerufen und wird bald verrückt vor Sorge, weil er mich nicht erreichen kann.
David ist einfach so.
Und es wird höchste Zeit, dass wir wieder an die Arbeit gehen. Jerry hat bestimmt schon eine Menge Aufträge für uns, und ich will mich zur Abwechslung mit irgendetwas anderem als meiner neuen »Natur« beschäftigen.
Ich greife nach meiner Handtasche und fische das Handy heraus.
Davids Nummer ist als Kurzwahl gespeichert, und ich drücke auf die Taste, bevor mir einfällt, dass er ja bei Gloria in L.A. ist.
Ich will den Anruf gerade abbrechen, als er sich meldet mit einem abrupten: »Herrgott, Anna. Wo hast du nur gesteckt?«
»David? Bist du wieder zu Hause?«
»Das ist jetzt nicht wichtig. Wo bist du?«
»Unterwegs zum Strand. Warum?«
»Dann komm her, so schnell du kannst.« Er hat gesagt komm her.
»Du bist bei mir zu Hause?«
Er zögert kurz. »Ich stehe vor dem, was davon übrig ist.« Seine Stimme wird weicher. »Hier hat es gebrannt.«
Kapitel 17
G ebrannt?
Ich lasse das Telefon fallen und konzentriere mich aufs Fahren. Ich bin gerade an der Grand Avenue vorbei, als ich den Rauch sehe. Panik windet sich in meiner Magengrube. Ich bin noch einen guten halben Kilometer entfernt, kann aber nicht näher heranfahren, weil die Mission Street von Feuerwehrautos blockiert wird. Ich lasse den Wagen auf dem Parkplatz eines Supermarkts stehen und renne los.
Als Erstes sehe ich David, der bei einer Gruppe Feuerwehrleute steht. Aber die Feuerwehrmänner halten keine Schläuche oder schwingen Notäxte. Nein, sie tun überhaupt nichts, außer herumzustehen und sich mit meinem Partner, dem Ex-Football-Spieler, zu unterhalten.
Das macht mich wütend. Warum unternehmen sie nichts gegen das Feuer? Ich öffne den Mund, um sie anzuschreien, doch dann entdecke ich etwas.
Ich schaue die Straße hinab zu meinem Haus.
Jetzt weiß ich, warum die Feuerwehrmänner da einfach nur herumstehen, während David Hof hält. Es macht nichts. Von meinem Haus ist nichts mehr übrig als qualmender Schutt.
Ich bleibe abrupt stehen, und mein Herz hämmert so heftig, als wollte es meine Rippen sprengen.
Nichts mehr da.
Ich spüre eine Berührung am Arm.
»Anna.«
Das ist David.
Doch ich wende mich von ihm ab und gehe auf die ausgebrannte Ruine zu, die einmal das Häuschen meiner Großmutter war. Ich höre ihn nach mir rufen, aber ich bleibe nicht stehen und drehe mich nicht um. Ich kann nicht.
Zwei Feuerwehrmänner stochern im Schutt herum. Einer von ihnen bemerkt mich und tritt zu mir. Er ist jung, doch sein Blick ist ernst und seine Stimme voller Mitgefühl, als er fragt: »War das Ihr Haus, Ma’am?«
Ich nicke und kann den Blick nicht von seinem Kollegen losreißen. Er geht langsam durch den Schutt und löscht kleine Flammen, die hier und dort an die Oberfläche züngeln, wenn er ihnen mit der Hacke Luft verschafft.
»Ist noch irgendetwas übrig?«
Er schüttelt den Kopf. »Das können wir erst in ein, zwei Tagen sagen. Sie müssen warten, bis sich alles abgekühlt hat und unsere Untersuchung abgeschlossen ist, ehe Sie hineindürfen. Wir werden das Grundstück bewachen lassen, damit der Tatort nicht gestört wird. Aber über den Daumen gepeilt würde ich sagen, das ist ein Totalschaden. Es tut mir leid.«
Ein Totalschaden.
David erscheint wieder an meiner Seite. Diesmal breitet er die Arme aus und zieht mich an seine Brust. Ich lasse es zu, aber ich habe nicht die Kraft, die Arme zu heben und die Umarmung zu erwidern. Ich kann nur starr dastehen, den Blick auf die Ruine gerichtet.
Schließlich rückt er ein wenig ab und schaut auf mich herunter. Überraschung spiegelt sich auf seinem Gesicht, und mir ist klar, was ihm aufgefallen sein muss – sämtliche Spuren meiner Verletzungen sind verschwunden. Aber er sagt nichts dazu. Stattdessen weist er mit einer Handbewegung auf den uniformierten Polizisten, der vom Bürgersteig her auf uns zukommt. »Die haben ein paar Fragen an dich.«
Ich nicke und lasse mich von dem Polizisten zu seinem Wagen führen. Er ist im mittleren Alter und dicklich, mit einem freundlichen Gesicht und traurigen Augen. Er findet wohl, dass ich etwas schwächlich aussehe, denn er öffnet die Beifahrertür und bedeutet mir, mich zu setzen.
Das tue ich, aber ich lasse mich seitlich nieder. Er beugt sich vor und beginnt, mir Fragen zu stellen. Ich antworte, so gut ich kann, obwohl der Schock mir jetzt ziemlich zu schaffen
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