Verführung Der Unschuld
war ihr ein
wenig peinlich, doch genau diese Peinlichkeit, und dass sie für ihren Ungehorsam zur
Ordnung gerufen wurde, erregte sie. Ihre Beine wurden auseinandergeschoben, und sie fühlte
sich aufgeschlagen wie ein Buch, schutzlos, dem Blick preisgegeben … Was würde er mit ihr
machen? Doch zunächst wurde ihr ein Tuch über die Augen gebunden, und dabei versank sie
in der Dunkelheit des Traumes in jenen Tiefen, an die man sich später – manchmal zum
Glück, aber manchmal auch bedauerlicherweise – nicht mehr erinnern kann.
Kapitel 4
Unter Druck
Inzwischen war das Vorbereiten und Servieren des Frühstücks beinahe zur morgendlichen
Routine geworden. Mamsell Concetta hatte zufrieden zur Kenntnis genommen, dass Giulia
ihre Aufgabe ernst nahm und jeden Morgen pünktlich begann. Sie wusste allerdings nicht,
dass Giulia dies nicht nur ihrem Wecker verdankte, sondern dem Umstand, dass Eleonora
ebenfalls um fünf Uhr dreißig aufstand. Wenn sie die Geräusche der Einbaudusche aus
Giulias Zimmer nebenan vermisste, klopfte sie so lange an die Tür oder an die Wand, bis
Giulia davon erwachte und verschlafen antwortete.
Noch am Abend des ersten Tages ihrer neuen Tätigkeit war Giulia zu einer Besprechung mit
der Mamsell gerufen worden, gerade als sie Dienstschluss hatte und zum Gesindehaus
schlendern wollte. Instinktiv fragte sie sich, was sie im Laufe des Tages falsch gemacht hatte,
denn abendliche Besprechungen bedeuteten selten etwas Gutes, hatte Eleonora gewarnt.
An manchen Tagen fiel Giulia das unbeaufsichtigte Arbeiten schwer. Niemand kontrollierte
das Ergebnis. Aber es wäre ihr lieber gewesen, jemand hätte alles sorgfältig inspiziert und ihr
gesagt, ob es in Ordnung war. Noch war die Angst vor dem Versagen allerdings groß genug,
um sie jeden Tag aufs Neue zu Bestleistungen anzutreiben.
Aber sie hatte sich umsonst gesorgt. Die Mamsell war sehr nett. Künftig sollte Giulia
lediglich nach dem Decken des Frühstückstisches darauf warten, bis das Haustelefon, das von
allen Räumen des Hauses aus bedient werden konnte, in der Küche klingelte. Die Morenos
hatten sich über den Kaffee in der Thermoskanne beklagt und wünschten auch während der
Abwesenheit von Antonella mit frischem heißem Cappuccino bedient zu werden.
»Gut«, fuhr die Mamsell fort. »Zudem werden wir deine Arbeitskleidung tauschen. Die
Signori wünschen eine attraktive junge Dame für sich und ihre Gäste als Bedienung. Morgen
Nachmittag kommt die Schneiderin. Deine Röcke werden gekürzt und du erhältst andere
Blusen. Den Rest werden wir kaufen.« Sie teilte Giulia dies so emotionslos mit, als ob sie von
der wöchentlichen Planung des Mittagessens und den dafür notwendigen Einkäufen spräche.
Giulia zog erstaunt die Augenbrauen hoch und fragte: »Aber wieso denn?«
Es leuchtete ihr nicht ein, warum sie hübsch aussehen sollte, wenn sie mehr putzte als
bediente. Bisher hatte sie erst zwei Mal beim Servieren geholfen, als die Eltern der Brüder
zum Kaffeetrinken gekommen waren. Niemand hatte von ihr Notiz genommen. Genauso gut
hätte ein unscheinbarer Roboter bedienen können, es wäre auch nicht aufgefallen.
»Weil die Signori es wünschen!«, erwiderte Concetta mit einer Knappheit, die keine
weiteren Rückfragen zuließ.
»Ach ja, und du sollst deine Haare nicht länger als strengen Knoten tragen. Sie müssen
natürlich zusammengebunden sein, damit sie dir bei der Arbeit nicht ins Gesicht hängen, aber
du darfst einen Pferdeschwanz, Zöpfe oder eine andere Frisur tragen, und auch bunte Spangen
hineinstecken. Auf jeden Fall solltest du variieren. Bekommst du das hin?« Giulia nickte
stumm. »Gut. Achte darauf, dass du stets adrett aussiehst. Besucher kommen manchmal
überraschend. Dann ist keine Zeit, sich zurechtzumachen. Geh nun.«
***
»Hallo Giulia! Wann bekomme ich dich denn endlich mal persönlich zu hören? Ruf mich
zurück!« Violettas Stimme klang gereizt. Seit Tagen versuchte sie, ihre Freundin anzurufen,
aber ständig meldete sich nur der Anrufbeantworter.
Seufzend löschte Giulia die Nachricht. Sie würde morgen zurückrufen, heute war sie zu
müde.
***
Es war bereits der neunte Tag, an dem Giulia den Servierwagen den Flur entlangschob. Einzig
die Tatsache, dass jeden Morgen eine neue Überraschung auf sie wartete, ließ keine absolute
Routine aufkommen.
Am fünften Morgen war sie nur wenige Minuten alleine geblieben, hatte noch nicht fertig
gedeckt, da stand auf einmal Federico im Morgenmantel vor ihr, setzte
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