Verführung Der Unschuld
Dienstkleidung ausgesprochen attraktiv aus.
Antonella und Giovanni entgingen nicht die begehrlichen Blicke der Gemelli , und sie
machten sich still ihre Gedanken dazu, was die vielen Änderungen zu bedeuten hatten.
Abends fiel Giulia vollkommen erschöpft in ihr Bett. Untertags gab es kaum eine Pause, und
manchmal verspürte sie einen Unmut darüber, dass sie so schuften musste, und ließ ihre
Arbeit ein wenig schleifen. Dann aber erinnerte sie sich wieder an die Ermahnungen ihres
Vaters und riss sich zusammen.
Mitunter saß sie noch ein Stündchen mit Eleonora zusammen, aber meistens war sie selbst
für ein lockeres Schwätzchen zu müde und ging früh schlafen. An ihrem freien Tag, den sie
nur alle acht Tage hatte, der sich also kontinuierlich durch die Wochentage verschob, liebte
sie es, einfach nur zu faulenzen und sich bei schönem Wetter in die Sonne zu legen. Aus
ihrem Plan, mal mit dem Bus hinunter nach Lucca zu fahren und einen Stadtbummel zu
machen, war bisher nur einmal etwas geworden. Faulenzen war inzwischen eine Form des
Luxus!
Auch an jenem denkwürdigen Sonnabend, der eine schleichende, aber grundlegende
Veränderung in ihrem Leben einläuten sollte, war das Wetter traumhaft. Giulia war quer über
die Wiesen gelaufen. Sie genoss es in vollen Zügen barfuß zu gehen, bewunderte die von
Antonio, dem Gärtner, gut gepflegten Blumenbeete, blieb ab und an stehen und roch an einem
der üppig blühenden Rosensträucher, die in den verschiedensten Farben angepflanzt waren.
Den Blick für eine schöne Flora hatte Giulia von ihrer Mutter geerbt, die Stunden damit
verbringen konnte, ihre Balkon- und Zimmerpflanzen zu pflegen, und immer für einen
frischen Strauß auf dem Tisch sorgte. Aus diesem Grund hatte Giulia sich eigentlich für eine
Ausbildung als Floristin entschieden, dann aber die Ausbildung nicht durchgehalten. Die
ständigen neuen Anweisungen ihres Lehrherrn gingen ihr auf die Nerven, sie reagierte patzig
und strengte sich in keiner Weise an. Vielleicht wäre trotzdem alles gut gegangen, wenn sie
sich nicht auf diese dumme Liebelei mit Dario eingelassen hätte! Im Nachhinein konnte sie
über sich selbst und ihr kopfloses Handeln nur den Kopf schütteln. Ihre jetzige Arbeit war bei
Weitem anstrengender als ihre Lehrzeit, und gelegentlich schoss ihr der Gedanke durch den
Kopf, alles hinzuschmeißen. Sie vermochte nicht zu sagen, was sie davon abhielt – war es nur
die Peinlichkeit zu versagen, oder würde sie trotz der damit verbundenen alltäglichen
Anstrengungen das alles hier vermissen, insbesondere dieses verheißungsvolle Lächeln, das
ihr mitten ins Herz fuhr, wenn …
Ihr Puls schlug ein wenig schneller, aber sie wischte den Gedanken fort. Heute hatte sie frei
und wollte nicht über Hirngespinste grübeln! Es war schon schlimm genug, dass sie so
manche Nacht träumte, wie sie nackt durch den Park lief, sich zu den wundervollen Rosen
hinunterbeugte, und wenn ihr von dem betörenden Duft ganz schwindlig war, sich plötzlich in
seinen Armen wiederfand! Es war dann besonders schrecklich aufzuwachen und festzustellen,
dass sie alleine war, ohne einen liebenden Menschen, der ihren Körper liebkoste und ihm die
Erfüllung gab, nach der sie sich schon so lange sehnte.
Es tat ihr gut, ohne bestimmtes Ziel loszugehen. Angesichts ihrer geringen Freizeit konnte
sie sich nicht vorstellen, dass es ihr jemals gelingen würde, auch den letzten Winkel der
weitläufigen Parklandschaft zu erkunden. Manchmal traf sie ganz unvermutet auf eine
gemütliche Laube oder einen gut ausgestatteten Gartenpavillon. Oder auf eine Bank, die so
ausgerichtet war, dass die Aussicht auf eine Gruppe interessant zugeschnittener
Buchsbäumchen, in harmonischen Farbtönen abgestimmter Blumenrabatten oder leise
plätschernder Wasserspiele das Verweilen lohnte.
Irgendwo hatte sie mal die Beschreibung eines Gartens gelesen, und der Autor sprach dabei
von einem »gestylten Paradies«. Diese Wortkombination war ihr damals so absurd und
widersprüchlich erschienen, dass sie ihr unauslöschlich ins Gedächtnis geschrieben war.
Genau genommen traf diese Wortwahl aber exakt auf den Moreno’schen Park zu. Es handelte
sich um ein abwechslungsreiches grünes Biotop, in dem nicht nur viele Pflanzenarten sondern
auch unzählige Vögel, Eidechsen, Eichhörnchen, Bienen und seltene Schmetterlinge ihr
Dasein fanden, und als Gesamteindruck stellte er ein perfekt designtes Werk der
Gartenarchitektur dar.
Allerdings gab es einen entscheidenden
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