Verfuehrung im Harem
miteinander geteilt.“
„Aber es waren unvergessliche Nächte“, erklärte er lächelnd.
Weil nichts geschehen ist? Oder weil beinah etwas geschehen wäre? „Wahrscheinlich war es für dich eine ganz neue Erfahrung, mit einer Frau im Bett zu liegen und wirklich zu schlafen.“
„Richtig.“
„Für mich war es auch ein unvergessliches Erlebnis.“ Weil ich zum ersten Mal in meinem Leben in Versuchung geraten bin, mich einem Mann hinzugeben, fügte sie insgeheim hinzu. „Ich habe nachgedacht, Kardahl …“
„Das ist gefährlich“, unterbrach er sie.
„Soll das ein Scherz sein?“
„Ja.“
Jessica musste lächeln. „Also, du hast sicher wichtigere Dinge zu tun, als mich zu dem Treffen mit weiteren Familienmitgliedern zu begleiten. Aminah hat mir erzählt, ihre Schwester sei Ärztin im Norden des Landes, in Akaba. Vielleicht kannst du einen Chauffeur beauftragen …“
„Aus dem Grund bin ich hier, ich wollte mit dir darüber reden. Die andere Schwester deiner Mutter hat unsere Anfrage beantwortet und mitgeteilt, sie könne es kaum erwarten, dich kennenzulernen.“
„Wirklich?“ Auch nach der herzlichen Aufnahme durch Aminah war Jessica immer noch unsicher und brauchte Bestätigung.
„Ja. Wir haben sie informiert, dass sie heute mit deiner Ankunft rechnen kann.“
„Wie weit ist es nach Akaba?“
„Ziemlich weit.“
Sie runzelte die Stirn. „Schaffe ich es heute noch dorthin?“
„Nicht mit dem Auto, aber mit dem Flugzeug.“
„Du musst mir sagen, wenn es nicht in eure Terminplanung passt. Dann rufe ich sie an und schlage einen anderen Tag vor.“
„Nein, es ist in Ordnung“, antwortete er. „Der Flieger wird schon startklar gemacht.“
„Ein so großes Flugzeug für einen Inlandsflug? Ist das nicht …?“
„Du fliegst mit einem unserer kleineren Jets“, fiel er ihr ins Wort und zuckte die Schultern.
„Ihr scheint ja viele Flugzeuge zu haben“, stellte sie leicht spöttisch fest. „Mit dem Geld könnte man leicht die Ausstattung von mehreren Schulen mit modernen Lernmitteln und dergleichen bezahlen.“
„Du bist sehr hartnäckig.“
„Danke für das Kompliment.“
Kardahl sah sie an. „Wir können heute Nachmittag in Akaba sein, wenn …“
„Wir?“ Jessicas Gedanken rasten. Sie wusste seine Hilfe zu schätzen, doch sie wollte ihre Tante lieber allein treffen, denn es war höchste Zeit, auf Distanz zu gehen, ehe es zu spät war. „Du hast bestimmt etwas Besseres zu tun.“
Überrascht zog er eine Augenbraue hoch. „Ist das alles? Keine zynische Bemerkung?“
„Den indirekten Vorwurf habe ich sicher verdient“, erwiderte sie und sah ihn an.
Sie hatte ihn nur danach beurteilt, was sie über ihn gelesen hatte. Jetzt war ihr klar, warum er nie zweimal mit ein und derselben Frau gesehen wurde: Auf seine Art schützte er die Frauen davor, verletzt zu werden. Zumindest machte er ihnen nichts vor.
„Es tut mir leid, dass ich dich vorverurteilt habe“, entschuldigte sie sich.
„Ich nehme die Entschuldigung an.“ Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „Wenn du in einer Stunde fertig bist, fliege ich dich nach Akaba.“
„Du selbst?“
„Ja.“ Er kniff die Augen zusammen. „Sei vorsichtig mit deinen Äußerungen, sonst musst du dich noch einmal entschuldigen.“
Er hat recht, dachte sie. Ihr hatte eine spitze Bemerkung auf der Zunge gelegen, die sie sich lieber verbiss.
„Ich habe mich nur gefragt“, formulierte sie es diplomatisch, „wie du trotz deiner vielen Arbeit und der zahlreichen Aufgaben als Finanzminister noch Zeit gefunden hast, das Fliegen zu lernen.“
„Ich habe es in der Zeit gelernt, als ich meine Arbeit vernachlässigte“, erklärte er.
„Meinst du das ernst? Oder soll das eine sarkastische Be merkung sein?“
Er zuckte die Schultern. „Glaub mir, ich habe genug Erfahrung im Steuern eines Flugzeugs. Ich würde dich niemals leichtfertig einer Gefahr aussetzen.“
„Das habe ich auch nie angenommen. Nein, mir geht es nur darum, dass ich dich nicht von wichtigeren Dingen abhalten möchte.“
„Momentan bist du für mich das Wichtigste.“
Noch nie war sie das Wichtigste im Leben eines anderen Menschen gewesen. Wie sollte sie ihm klarmachen, dass es ihr gar nicht recht war, von ihm so bevorzugt behandelt zu werden? Um ihr seelisches Gleichgewicht wiederzufinden, musste sie allein sein.
„Also, Kardahl, ich weiß es natürlich zu schätzen, was du für mich getan hast, aber …“
„Willst du mich loswerden?“,
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