Verfuehrung im Palast der Liebe
Designs Ihres Landsmannes?“, fiel Jay ihr ins Wort.
„Ja. Ich fand seine Entwürfe modern und sehr ansprechend, vor allem, wenn wir vorhaben, von den üblichen Farben abzuweichen und auf dramatischere Effekte aus sind. Neonpink oder leuchtendes Gelb auf Schwarz würden sich zum Beispiel sehr gut auf Kissen machen.“
„Wenn ich zustimme, hieße das natürlich auch, dass Ihr Landsmann Ihnen seine Dankbarkeit beweisen möchte – wahrscheinlich in dem Hotelzimmer, das er damals für Sie buchen wollte.“
Sein anzüglicher Ton und die beißende Anspielung schickten Keiras Herz auf eine rasante Schussfahrt. „Diese Unterstellung ist ungerechtfertigt und beleidigend“, fuhr sie wütend auf. „Ich empfehle einem Kunden nur aus einem einzigen Grund einen Hersteller, und zwar deshalb, weil das Produkt den Wünschen des Auftraggebers entspricht. Das ist die Art, wie ich mein Geschäft führe. Sie mögen da natürlich andere Methoden haben.“
„Sie werfen mir unmoralisches Vorgehen vor? Ausgerechnet Sie?“ Mit funkelnden Augen trat er zu ihr und baute sich drohend vor ihr auf. Keira war nicht sicher, wie es weitergegangen wäre, wenn nicht genau in diesem Augenblick der Bauleiter mit der Bitte an Jay herangetreten wäre, sich einige Papiere anzusehen und zu unterschreiben.
Keira schluckte. Je eher dieses Projekt beendet war und sie jeglichen Kontakt zu Jay abbrechen konnte, desto besser!
Keira hatte noch einen Termin mit einem der Schreiner, der morgen das Mobiliar für die Musterhäuser liefern sollte. Sein Betrieb lag eine mehrstündige Fahrt entfernt in einer kleinen Stadt am Rande der Wüste. Sich daran erinnernd, was das letzte Mal passiert war, als sie, ohne Jay Bescheid zu sagen, zur Stofffabrik gefahren war, würde sie dieses Mal erst Jay unterrichten und seine Genehmigung einholen.
Ihre Stimmung sank. Es war unnütz, sich etwas vormachen zu wollen. Auch wenn sie sich jedes Mal fest versprach, nicht in einem Strudel von Gefühlen zu versinken, wenn sie ihn nur anschaute, wusste sie doch von vornherein, dass es in Wahrheit ein Versprechen war, das sie niemals halten konnte.
Man musste sich ja nur das heutige Zusammentreffen ansehen. Es war vier Wochen her, seit sie zuletzt mit Jay zu tun gehabt hatte. Vier Wochen, zwei Tage und zwanzig Minuten, um genau zu sein. Vier Wochen, in denen sie sich ausschließlich auf ihre Arbeit konzentriert hatte. Tagsüber hatte sie fieberhaft jede Minute mit besessener Arbeitswut gefüllt, um nur ja nicht der Versuchung zu erliegen, an Jay zu denken. Abends im Bett hatte sie Bücher über indische Kultur und Kunst gelesen, bis ihr vor Erschöpfung die Augen zufielen und sie in einen traumlosen Schlaf sank.
Und doch waren heute Morgen in der Sekunde, da sie aufgeschaut und Jay erblickt hatte, alle Vorsätze und alle Anstrengungen mit einem Schlag zunichtegemacht worden.
Seine beleidigende Bemerkung über Alex war nötig gewesen, um sie zu zwingen, die Realität anzuerkennen.
Zumindest in dieser Hinsicht bin ich nicht die Tochter meiner Mutter, dachte Keira müde. Diese Gefühle empfand sie bei anderen Männern nicht. Hatte sie noch nie empfunden.
Was die Gefahr nur vergrößerte. Den falschen Mann zu lieben konnte ebenso zerstörerisch sein wie zu viele Männer zu lieben. Vor allem, wenn es sich bei dem falschen Mann um Jay handelte.
Jay lehnte an einer Säule im Empfangssaal des Palastes. Die Wände und Säulen waren auf traditionelle Art verputzt und in Handarbeit mit Achat behandelt, sodass der Eindruck von Marmor entstand. Aber natürlich war es nur Schein. Unecht, falsch, Makulatur – genau wie Keira. Glaubte sie wirklich, er ließe sich von ihren verlogenen Beteuerungen über ihren Stoffdesignerfreund täuschen?
Rastlos marschierte Jay im Saal auf und ab. Er war nach Mumbai gereist, um dem schmerzhaften Verlangen nach ihr zu entkommen. Er hatte sogar vorgehabt, dieses Verlangen in den Armen der Schauspielerin zu stillen, die entzückt gewesen wäre, von ihm zu hören. Und warum hatte er es dann nicht getan? Warum war er früher als geplant zurückgekommen?
Er würde sich nicht mit diesen Fragen aufhalten. Er hatte Wichtigeres zu tun.
Keiras Laune sank. Sie stand in der Halle, und ihr Fahrer hatte ihr soeben mitgeteilt, dass nicht er sie zu ihrem Termin fahren würde, sondern Jay.
Langsam hob sie den Blick zu der Galerie über sich, die sie gerade entlanggelaufen war. Sie trennte den Hauptteil des Palastes von dem ehemaligen Frauenflügel. Dort hatten
Weitere Kostenlose Bücher