Verfuehrung im Palazzo des Prinzen
wollte. „Ich habe Allegra nur eine kurze SMS geschickt.“
„Keine weitere senden“, ordnete er knapp an. „Sie können Ihre Mutter nachher aus dem Palast anrufen.“
„Warum sollte ich das tun?“, fragte Izzy erstaunt.
„Vielleicht macht sie sich Sorgen. Wohin Sie verschwunden sind, zum Beispiel.“
„Ich glaube kaum, dass sie es überhaupt bemerkt“, antwortete Izzy ohne nachzudenken und begegnete einem fragenden Blick. Noch ein Nachteil des Trinkens, dachte sie dumpf. Es lockert nicht nur die Zunge, sondern schwemmt die Emotionen gefährlich dicht an die Oberfläche.
„Sind Sie etwa einer dieser Freaks, die an konspirative Verschwörungen und so was glauben?“, versuchte sie abzulenken.
„Nein, ich bin einer der Realisten, die schon abgehört wurden.“
„Ernsthaft? Es gibt Leute, die zuhören, wenn Sie telefonieren? Haben Sie wenigstens irgendetwas Schlüpfriges gesagt?“ Darauf erhielt sie keine Antwort. „Mir kann meinetwegen jeder zuhören. Wenn sie geschockt sind, umso besser. Mir ist es egal, was die Presseleute über mich schreiben.“
„Unsinn. Sie existieren doch im Grunde nur durch die Medien. Und die können Sie am Leben halten oder fallen lassen wie eine heiße Kartoffel, ganz nach Belieben. Geben Sie ruhig zu, dass Sie die Presse und das, was diese Schreiberlinge für Sie tun können, lieben.“
Seine zynische Einschätzung ihrer Situation war für Izzy wie ein Schlag ins Gesicht. Und umso schmerzhafter, weil sie eine Spur Wahrheit enthielt. Dass sie die Presse liebte, stimmte nicht, trotzdem war sie sich der Wirkung und des Einflusses der Medien durchaus bewusst.
Textzeilen und Noten verflüchtigten sich, ebenso wie die Freude an dem neuen Song. Es war albern und naiv gewesen zu glauben, Prinz Matteo, Freund der großen Rockstars und Bindeglied zur Welt der Reichen und Schönen, würde von ihr begeistert sein, sobald er sie nur singen hörte.
„Wie alle anderen haben auch Sie sich allein aus der Presse eine Meinung über mich gebildet“, stellte sie resigniert fest. „Aber glauben Sie deshalb nur nicht, dass Sie mich wirklich kennen.“
Schau mir ins Gesicht, das, was du siehst, das bin ich nicht … sieh ganz tief in mich hinein, was du jetzt siehst, will sich befrei’n … ich bin nicht, was du glaubst zu sehen … schau in mein Herz, du wirst verstehen …
Vielleicht hat es ja auch Vorteile, eine Weile in einem schicken Palazzo festgehalten zu werden, dachte Izzy mit klopfendem Herzen. Sie könnte in Ruhe an ihrem neuen Song schreiben und vielleicht, aber auch nur vielleicht, den Prinzen der Dunkelheit wenigstens dazu bewegen, sie bei den Vorbereitungen für das Rock ‚n‘ Royal Concert helfen zu lassen. Möglicherweise könnte sie sogar ein Ticket abstauben!
Begeistert von ihrem neuen Plan, erlaubte sich Izzy, wenigstens ein paar Sekunden davon zu träumen, Backstage mit bekannten Rockgrößen zu plaudern, falls sich die Gelegenheit dazu ergab! Seit sie ein Teenager war, hatte sie jedes Jahr wie gebannt vor dem Fernseher gesessen und davon geträumt, irgendwann einmal selbst auf dieser Bühne zu stehen. Das Konzert war einfach gigantisch, organisiert von Prinz Matteo und dem berühmten Musikproduzenten Hunter Capshaw, der ein wahres Genie war, wenn es darum ging, musikalische Live-Events in Szene zu setzen.
Echte Profis … keine traurige Witzfigur wie sie.
Instinktiv fasste Izzy nach dem Saum ihres Kleids und versuchte, ihn ein Stückchen herunterzuziehen, weil sie sich in ihrem Siegerkleid plötzlich nicht mehr wohlfühlte. Matteo bekam die Aktion aus dem Augenwinkel mit und wandte den Kopf. Ihre Blicke trafen sich.
Izzys Herz schlug oben im Hals. Plötzlich überkam sie der wilde Impuls, sich vorzubeugen und den Prinzen auf die herben, zum spöttischen Lächeln verzogenen Lippen zu küssen. Einfach nur, um herauszufinden, wie sich das anfühlte. Schockiert über die verrückte Idee und die Intensität ihres Verlangens, genau das zu tun, sah sie schnell wieder weg.
Dieser Mann hatte keinen Sinn für Humor und war so verdammt arrogant und selbstsicher, dass sie ihn am liebsten geschlagen hätte. Und da sie noch nie zuvor den Wünsch verspürt hatte, jemanden gleichzeitig zu küssen und zu schlagen, entschied Izzy, dass sie wohl doch mehr getrunken haben musste, als gut für sie war.
Frustriert von dem verunglückten Abend und ihren wirren Gedanken zog sie sich in die äußerste Ecke ihres Sitzes zurück und hoffte inständig, die widersprüchlichen und
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