Verfuehrung in aller Unschuld
Dauer regeln. Hier, lesen Sie.“ Domenico Volpe schob ihr ein Dokument zu. „Es ist auf Englisch verfasst.“
„Sehr rücksichtsvoll von Ihnen.“ Er schien keine sehr hohe Meinung von ihren im Gefängnis erworbenen Kenntnissen der Landessprache zu haben. Wenn er wüsste, wie viele Stunden sie über italienischen Justizunterlagen gebrütet hatte!
Gespannt studierte sie den Vertrag und lehnte sich dann verblüfft zurück.
„Sie sind wohl verzweifelt darauf aus, mich zum Schweigen zu bringen.“
„Nicht verzweifelt.“
„Na, ich weiß nicht. Gewisse Leute wären sicher überrascht, zu erfahren, wie viel Schweigegeld Sie mir anbieten.“
„Soll das eine Drohung sein?“, fragte er trügerisch leise.
„Keine Drohung, Signor Volpe. Nur eine Anmerkung.“
Er bedachte sie mit einem eisigen Blick, aber sie war fest entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen.
„Ich will, dass meine Familie in Frieden leben kann.“ Es klang wie ein Befehl. „Und sagen Sie nicht, das wäre kein großzügiges Angebot.“
Großzügig? Die angebotene Summe war unvorstellbar hoch. Hoch genug, um Lucy den Start in ein neues Leben zu ermöglichen, also durchaus verlockend.
„Und im Gegenzug darf ich nie wieder ein Wort über Ihren Bruder, seine Witwe, seinen Sohn, Sie oder sonst jemanden verlauten lassen, der mit Ihnen oder dem Prozess in Zusammenhang steht.“ Sie zählte die einzelnen Punkte an den Fingern ab. „Auch nicht über meinen Gefängnisaufenthalt oder das Strafverfahren, richtig? Das heißt, Sie erteilen mir Redeverbot.“
„Was haben Sie erwartet? Sie müssen sich Ihr Geld schon verdienen.“
„Verdienen?“ Aus ihrem Ärger wurde glühender Zorn. „Nein.“
Sie schob den Vertrag über den Tisch.
„Wie, nein?“
Es tat gut, seine ungläubige Miene zu sehen. Domenico Volpe erhielt wohl nicht oft eine abschlägige Antwort, erst recht nicht von einer Frau.
„Ich bin nicht interessiert.“
„Sie machen Witze. Sie brauchen das Geld!“
„Woher wollen Sie das wissen?“ Lucy musterte ihn abschätzig. „Sagen Sie nicht, Sie hätten meine Kontodaten ausspioniert. Das ist strafbar.“
Er wirkte, als wäre er kurz vorm Explodieren, was ihr nur recht sein konnte. Ihn bis aufs Blut zu reizen war ihre einzige Möglichkeit, ihm etwas heimzuzahlen.
„Wenn Sie um ein höheres Angebot pokern, sparen Sie sich die Mühe. Der Preis ist fair genug.“
„Fair?“, brauste Lucy auf. „Kein Preis der Welt ist fair , wenn ich nicht mehr die Wahrheit sagen darf. Glauben Sie, ich könnte vergessen, was man mir angetan hat? Ihr Schweigegeld anzunehmen käme einem Geständnis gleich!“
„Ja, und?“
Wütend sprang sie auf. „Fahren Sie zur Hölle, Domenico Volpe!“ Ihr sengender Blick hätte ihn eigentlich in ein Häufchen Asche verwandeln müssen. „Ich werde Ihnen nicht helfen, Ihr Gewissen reinzuwaschen.“
Drohend beugte Domenico Volpe sich über den Schreibtisch. „Was soll das heißen?“
„Tun Sie doch nicht so scheinheilig. Ihre Familie hat ihre Beziehungen spielen lassen, damit ich verurteilt werde.“
„Wollen Sie etwa behaupten, Sie hätten kein faires Verfahren bekommen?“
Seine Empörung war gut gespielt, das musste Lucy ihm lassen. Aber damit kam er bei ihr nicht durch.
„Hören Sie doch auf. Mit meinem völlig überforderten Pflichtverteidiger hatte ich nicht die geringste Chance gegen Ihre mächtige, einflussreiche Familie.“
„Die Beweislast gegen Sie war erdrückend.“
„Und trotzdem habe ich es nicht getan.“
„Ich kann Ihnen nur raten, mein Angebot anzunehmen.“ Sein eisiger Blick war furchteinflößend, doch sie ließ sich nicht beirren.
Domenico Volpe konnte ihr nichts anhaben. Jetzt nicht mehr. Sie war frei. Sie hatte keine Freunde und kein Geld, aber sie hatte immer noch ihren Stolz.
„Wer droht jetzt wem?“, fragte sie und näherte sich seinem Gesicht.
Sie sah etwas in seinen Augen aufflackern und fragte sich, ob sie auch so verwirrt gewirkt hatte, als er sich draußen im Garten zu ihr herabbeugte.
„Drohungen wirken bei mir nicht“, hauchte sie, die Lippen dicht an seinem glatt rasierten Kinn. „Die Antwort ist immer noch Nein.“
4. KAPITEL
Verflucht!
Wütend lief Domenico im Arbeitszimmer auf und ab. Er hatte die verhärteten Fronten nicht aufweichen können. Lucy Knight lehnte sein Angebot hartnäckig ab.
Es passte ihm nicht, sie bezahlen zu müssen, doch nur so konnte er verhindern, dass sie ihre Story an die Medien verkaufte. Andernfalls
Weitere Kostenlose Bücher