Verfuehrung in Florenz
nichts für Sie. Kehren Sie nach Hause zurück.“
„Wollen Sie mir etwa drohen?“
Raphael seufzte und wirkte schlagartig wieder sehr müde. Erneut verspürte Eve dieses unvernünftige und gefährliche Verlangen, ihn zu berühren. Ihre Fingerspitzen prickelten förmlich, sie brauchte nur die Hand auszustrecken und …
„Nein, ich warne Sie nur, damit Sie vernünftig sind.“ Er schüttelte den Kopf. „Nehmen Sie das hier. Ich weiß nicht, wie viel Sie mit Ihrem cleveren Coup zu verdienen hofften, aber zwanzigtausend sollten meiner Meinung nach reichen.“
„Was?“, stieß sie hervor. Nun war sie wirklich zornig. „Sie bieten mir zwanzigtausend Euro an, damit ich den Mund halte und wie ein braves Mädchen nach Hause laufe?“
Er lächelte spöttisch. „Sie unterschätzen meine Großzügigkeit. Ich biete Ihnen zwanzigtausend Pfund.“
Jetzt war sie sprachlos. Die Empörung schnürte ihr die Kehle zu, sodass sie ihn nur wütend anstarren konnte. Plötzlich brannten ihr Tränen in den Augen.
Das Leben meiner Schwester war mehr wert!
Ein Taxi kam auf sie zu. Von dem überwältigenden Wunsch erfüllt, Raphael zu entkommen, lief Eve auf die Straße, um den Wagen anzuhalten. Doch die Tränen nahmen ihr die Sicht. Im nächsten Moment kreischten Bremsen, und ein Hupkonzert begann. Unsanft packte Raphael sie am Arm und zog sie zurück auf den Bürgersteig.
„ Piccola ragazza stupida !“, fuhr er sie an. „Sie dummes Mädchen! Sie hätten sterben können!“ Er hielt sie noch immer am Arm fest. Verschwunden war die Kälte von vorhin. Heißer Zorn war an ihre Stelle getreten. „Wissen Sie denn nicht einmal, dass man hier in Florenz die Taxis nicht wie in London einfach anhält? Um Himmels willen, Eve!“
Der Schock war Eve in sämtliche Glieder gefahren, und trotzdem brachte die Art, wie er ihren Namen ausgesprochen hatte, etwas in ihr zum Klingen. Eve. Aus seinem Mund klang es fast wie Eva. Als ihr bewusst wurde, dass Raphael soeben auf die Straße gesprungen war, um ihr das Leben zu retten, begann sie zu zittern.
Mit Tränen in den Augen sah sie ihn an. „Lassen Sie mich bitte los.“
Raphael erfüllte ihren Wunsch und gab sie so schnell frei, als hätte sie eine ansteckende Krankheit. So ruhig wie möglich wandte sie sich wieder zur Straße und hob den Arm, als sie ein Taxi näher kommen sah. Anhalten, flehte sie inständig. Raphael Di Lazaro sollte ruhig merken, dass er nicht immer recht hatte.
Sie hätte den Fahrer küssen können, als er neben ihr hielt, drehte sich zu Raphael um und rang sich trotz der Tränen ein Lächeln ab.
„Sehen Sie, ich bin durchaus fähig …“
Der Rest blieb ungesagt, weil er die Hand nach ihr ausstreckte und sanft mit dem Daumen über ihre Lippen strich. Hilflos schloss sie die Augen, und für einen Sekundenbruchteil drückte sie ihre Lippen gegen seinen Finger und schmeckte seine Haut. Eine heiße Woge schien sie zu erfassen und mit sich fortzureißen.
Sie riss die Augen wieder auf und begegnete seinem spöttischen Blick.
„Schaum am Mund. Was wollten Sie sagen?“
Erneut lächelte er geringschätzig, während er ihr die Wagentür öffnete, mit dem Fahrer sprach und ihm ein paar Geldscheine reichte.
Eve schlug die Tür mit Nachdruck zu und wischte sich mit der Hand über den Mund, um den Schaum zu entfernen und vor allem das Gefühl von Raphaels Daumen auf ihren Lippen auszulöschen.
„Was hat er zu Ihnen gesagt?“, fragte sie, als der Fahrer sich wieder in den fließenden Verkehr einreihte.
„Er fragen wie viel zu Flughafen. Sie wollen dorthin?“
„Nein! Bringen Sie mich bitte zu einem Hotel!“
„Sie sicher, Signorina? Der Signore mir bezahlen viel Geld für fahren zu Flughafen.“
„Ich bin sicher.“
Das war gelogen. Im Moment hätte sie alles dafür gegeben, nicht zur Markteinführung des Parfums gehen zu müssen, sondern nach Hause fliegen zu können und den Namen Lazaro nie mehr zu hören.
3. KAPITEL
Eve hätte sich niemals träumen lassen, dass sie in den Lederpolstern einer Luxuslimousine, unterwegs zu einem exklusiven Modeereignis, das gleiche schreckliche Gefühl in der Magengrube empfinden könnte wie beim Zahnarzt.
Auf dem gegenüberliegenden Sitz rekelte sich Sienna, streckte die unglaublich langen Beine aus und seufzte theatralisch in ihr Handy. Schon die ganze Fahrt über telefonierte sie entweder mit ihrem Agenten oder ihrem Freund, einem Filmstar. Eve hätte zwar genau zuhören können, um Material für den Artikel zu sammeln,
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