Verfuhrt auf dem Maskenball
meinen Besuchen hier so reizende Gesellschaft anzutreffen.“ Überrascht stellte Lizzie fest, dass er ihr zuzwinkerte.
Eleanor stöhnte. „Die Hälfte der Zeit bist du ohnehin unterwegs. Ich werde das tun, was ich immer tue – mich nach Glen Barry in Wicklow zurückziehen.“ Aber es war offensichtlich, dass sie im Begriff war, seinem Charme zu erliegen.
Rory trat zu seiner Tante und ergriff ihre Hände. „Lass sie hierbleiben“, bat er leise.
Noch nie zuvor hatte Lizzie einen so offensichtlichen Überredungsversuch gesehen.
Eleanors Züge wurden weicher. „Wir werden sehen.“ Sie blickte hinüber zu Lizzie und Anna. „Heute Nacht könnt ihr bleiben.“ Damit machte sie kehrt und verließ das Zimmer.
Rory verschränkte die Arme vor seiner breiten Brust und drehte sich zu den Schwestern um. In seinen Augen lag jetzt nicht einmal mehr die Spur von Heiterkeit. Lizzie fürchtete sich vor dem, was er jetzt vielleicht dachte. Sehr förmlich sagte sie: „Vielen Dank, Sir.“
Er senkte den Blick, sodass sie nicht mehr erraten konnte, was in ihm vorging, und verneigte sich dann. „Ich hoffe, es geht Ihrer Schwester bald besser.“ Ohne sich noch einmal umzusehen, verließ er den Raum.
Lizzies Knie gaben nach, und erleichtert ließ sie sich auf das Sofa sinken, direkt neben Anna, die ihren Tränen jetzt freien Lauf ließ. „Oh Gott“, flüsterte Anna. „Sie ist eine Hexe, eine böse Hexe. Das war noch weitaus schlimmer als alles, was ich mir vorgestellt hatte.“
Lizzie nahm Annas Hand. „Es war ein Glück, dass du in Ohnmacht gefallen bist.“ Zögernd fügte sie hinzu: „Ich fürchte, wir stehen in Mr. McBanes Schuld.“
Anna holte tief Luft. „Ja, es scheint so.“
5. Kapitel
Eine schreckliche Enthüllung
Am nächsten Tag saß Lizzie mit ihrer Schwester im Salon, auf ihren Knien lag ein geschlossenes Buch. Anna hielt eine Stickarbeit in Händen, aber so wie Lizzie noch kein einziges Wort gelesen hatte, hatte sie noch keinen einzigen Stich gemacht. Gestern Abend hatten sie sich früh zurückgezogen – jede von ihnen hatte ein eigenes Schlafzimmer bekommen –, und Eleanor hatte sie nicht zum Abendessen heruntergebeten. Sie wussten, dass sie niemals vor elf Uhr ihr Zimmer verließ, daher verbrachten sie den Morgen damit, sich auf die nächste schicksalhafte Begegnung vorzubereiten. Jetzt war es elf Uhr.
Lizzie hatte Kopfschmerzen. Sie rieb sich die Schläfen, dachte daran, welch herrliches Frühlingswetter draußen herrschte, und wünschte, den Tag genießen zu können. Von den Fenstern im Salon aus sah sie den kornblumenblauen Himmel, und sie hörte die Vögel im Park singen. Aber an nichts konnte sie sich erfreuen, am allerwenigsten an dem schönen Tag, solange sie nicht wusste, ob sie und ihre Schwester nicht vielleicht aus dem Haus geworfen würden. Der Schmerz in ihren Schläfen wurde heftiger.
Plötzlich hörte sie Eleanors Absätze klappern. Sie kamen sehr schnell näher. Lizzie warf ihrer Schwester einen sehr besorgten Blick zu. Sofort begann Anna hektisch mit ihrer Stickarbeit, und Lizzie tat so, als wäre sie vollkommen in ihr Buch vertieft.
Lizzie wagte kaum, sich zu rühren, und warf nur einen verstohlenen Blick zur Tür. Leclerc, der adrette Franzose, öffnete sie, und ihre Tante erschien. Wie immer trug Eleanor Schwarz. Diesmal war ihr Kleid aus steifem, glänzendem Satin mit Spitze an den Ärmeln und Manschetten, und sie trug auch ein anderes Diamantencollier, eines mit einem großen Rubinanhänger. Obwohl sie klein und schlank war, besaß Eleanor die Erscheinung einer Königin.
Lizzie erhob sich so schnell, dass sie stolperte. Dann knickste sie, ebenso wie Anna. „Guten Morgen.“
„Ist das ein guter Morgen? Ich weiß nicht recht, denn ich hatte keine Hausgäste erwartet“, erwiderte Eleanor und marschierte geradewegs auf Anna zu. „Bist du noch krank?“
Anna knickste noch einmal. „Ich habe Husten“, schwindelte sie und hüstelte diskret hinter vorgehaltener Hand. „Aber es geht mir besser, und ich kann dir nicht genug danken für deine Freundlichkeit gestern.“ Sie lächelte ihrer Tante zu.
Lizzie hielt den Atem an.
Eleanor musterte ihre Nichten kühl. „Du meinst Rorys Freundlichkeit, nicht wahr? Gefällt er dir?“
Anna machte große Augen. „Oh nein, natürlich nicht! Ich meine, er scheint sehr nett zu sein …“
Eleanor unterbrach sie. „Wenn es um Damen geht, dann besitzt er mehr Charme, als ihm guttut, das solltest du nicht vergessen. Du bist immer
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