Verfuhrt auf dem Maskenball
hoffte sie, dass dieses Gespräch schnell vorüberging und sie Ned nicht ganz verlor.
„Miss Fitzgerald“, sagte der Earl, umfasste ihren Ellenbogen und half ihr, sich aufzurichten.
Gezwungenermaßen sah Lizzie ihm jetzt in die Augen. Wie Tyrell hatte er dunkles, lockiges Haar, doch sein Teint war sehr hell. Er war ein gut aussehender Mann mit natürlicher Autorität. Lizzie fiel auf, dass die Countess die Salontüren geschlossen hatte.
Ihre Angst steigerte sich ins Grenzenlose.
„Sie sind die Mutter des Kindes meines Sohnes?“, fragte der Earl in schroffem Ton.
Lizzie war sich bewusst, dass ihre Eltern hinter ihr standen und auf ihre Antwort warteten. Es war ihr unmöglich zu leugnen. Sie konnte es einfach nicht, nicht jetzt, nicht zu diesem Zeitpunkt. Lizzie klammerte sich an die Hoffnung, mit Ned zusammen von hier fortgehen zu dürfen. „Ja, Mylord“, erwiderte sie schließlich.
Seine Züge verhärteten sich. Er musterte sie von Kopf bis Fuß. Obwohl seinem Blick nichts Beleidigendes anhaftete, errötete sie. „Sie behaupten, mein Sohn hätte Sie verführt.“
Lizzie wünschte sich den Tod herbei. „Nein, Mylord“, erwiderte sie, ohne auf Papa zu achten, der an ihrem Ärmel zog. „Die Schuld liegt ganz allein bei mir. Ich habe ihn verführt.“
Es war offensichtlich, dass der Earl ihr nicht glaubte. „Sie sehen ganz und gar nicht aus wie eine Verführerin. Und mein Sohn ist kein Schuft.“
„Wir waren kostümiert. Er wusste nicht, wer ich war. Es war mein Fehler.“
„Verteidigen Sie ihn?“
Sie schluckte und fühlte sich wie bei einem Verhör. Auf keinen Fall würde sie Tyrell beschuldigen, sie verführt zu haben. „Es war nur ein Flirt, der außer Kontrolle geriet“, flüsterte sie.
Er blickte zu Ned hinüber.
Die Countess, die hinter ihrem Gemahl gestanden hatte, sagte leise: „Zweifellos ist das Tyrells Sohn.“
Der Earl räusperte sich. „Das sehe ich.“
Lizzie wurde übel. Sie waren ihrer Sache vollkommen sicher – genau wie sie es befürchtet hatte. Bestimmt würden sie ihre Meinung ändern, wenn Tyrell sich gegen ihre Behauptungen verwahrte. Bestimmt würde man sie von Adare verweisen.
Die Countess legte ihre Hand auf den Arm ihres Gemahls, um ihm Halt zu geben.
„Sie wirken auf mich nicht wie eine Verführerin, Miss Fitzgerald“, wiederholte er. „Ehe ich mit Tyrell spreche, möchte ich ganz genau wissen, wie das passieren konnte.“
Lizzie war sehr verlegen. Gern hätte sie ihn gefragt, welche Rolle das spielte, aber das wagte sie nicht. Sie wusste, dass sie den Earl niemals davon überzeugen würde, eine Verführerin zu sein, denn so wie er sie ansah, glaubte er offensichtlich kein Wort von dem, was sie gesagt hatte. Abgesehen von der Behauptung, dass Ned Tyrells Sohn war.
„Mein ganzes Leben schon habe ich Tyrell geliebt“, hörte sie sich sagen. Und kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, kamen ihr die Tränen. Sie presste eine Hand vor den Mund.
„Das stimmt!“, rief Mama und trat vor. „Als Kind schon hat meine Lizzie Ihren Sohn geliebt. Wir haben sie deswegen ausgelacht. Wir dachten, mit den Jahren würde sie über diese Dummheit hinwegkommen, aber so war es nicht.“
Der Earl starrte Lizzie an. Ihr zitterten die Knie. „Also wollten sie meinen Sohn einfangen?“
„Nein!“, rief Lizzie entgeistert.
„Aber Sie sind mit Ihrem Kind hierhergekommen und fordern die Ehe ein. Das verstehe ich noch immer nicht. Selbst wenn Sie kostümiert waren, würde Tyrell niemals über eine solche Episode einfach hinweggehen. Ich kenne meinen Sohn. Wenn er einen Fehler gemacht hat, würde er die Sache wieder in Ordnung bringen. Auf die eine oder andere Weise.“
Darauf wusste Lizzie nichts zu sagen. „Er wusste nicht, wer ich war“, wiederholte sie. „Und dann bin ich weggelaufen.“
Der Earl betrachtete Ned. Der Junge beschäftigte sich auf dem Boden mit einem Spielzeugsoldaten. Aber sogleich hielt er inne und sah zu dem Mann auf, der sein Großvater war.
Die Countess räusperte sich. „Im Speisesaal hängt ein Porträt von Tyrell und seiner Mutter. Das Kind hätte dafür Modell sitzen können.“
Der Earl wandte sich wieder von Ned ab und sah Lizzie und ihre Eltern an. „Was Ihre Tochter betrifft, so ist das ein sehr unglücklicher Umstand“, sagte er ausdruckslos.
„Sie sind ein gerechter Mann“, erwiderte Papa. „Ich dachte mir, dass Sie es so sehen würden.“
„Sie missverstehen mich“, erwiderte der Earl. „Ich bedaure das Schicksal Ihrer
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