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Vergangene Narben

Vergangene Narben

Titel: Vergangene Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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hatte, und ihr etwas aus ihrer Brottüte gab. „Hey“, lächelte ich. „Da bist du ja mal wieder. Ich hab dich schon vermisst. Und Flair auch.“
Nur zögernd erwiderte sie das lächeln, und warf einen vorsichtigen Blick auf Cio. Er schien ihr nicht geheuer zu sein.
„Beachte ihn einfach nicht.“
Cio gab ein empörtes Geräusch von sich. „Ja, weil die Stotterlise ja auch viel interessanter ist, als ich.“ Erst nachdem er es ausgesprochen hatte, schien ihm aufzugehen, was er da gesagt hatte. Doch da war es bereits zu spät. Fujo hatte es deutlich gehört. Sie war bereits aufgesprungen, und rannte davon.
„Cio, du bist echt ein Idiot.“ Ohne ihn weiter zu beachten, folgte ich der Kleinen.
 
    °°°
     
    Hinter einem welken Rosenbusch fand ich sie. Nicht weil sie laut weinte, oder ich gesehen hatte, wie sie darin verschwunden war. Auch nicht weil ich sie roch, nein, es war Flair der ich folgte, die geradewegs in diesen Busch an der Außenmauer rein rannte. Und da saß Fujo. Die Beine fest an die Brust gezogen, und die Arme darum geschlungen. Der Blick ging ins Leere, und ich konnte Cio nur ein weiteres Mal dafür verfluchen, dass er so ein vorlautes Mundwerk hatte. es war doch wirklich nicht so schwer nachzudenken, bevor mein den Mund aufmachte, oder?
„Hey“, sagte ich, und kroch zu ihr hinter den Busch, um mich gleich neben ihr  auf den Boden zu setzten, doch sie sah nicht mal auf. Nicht mal Flair beachtete sie. Der blöde Spruch von Cio hatte sie wohl ziemlich getroffen. Idiot.
Okay, das würde ich wieder hinbekommen – hoffte ich –, ich musste sie nur zum Reden bekommen. Hm … da fiel mir doch sicher etwas Gescheites ein. „Weißt du, früher haben mich die anderen Kinder immer wegen meiner Brille gehänselt. Das hat mich verletzt. Ich meine, ich habe mir meine Sehschwäche ja nicht ausgesucht, oder? Aber meine Cousine hatte da einen tollen Rat für mich. Scher dich nicht darum, was irgendwer sagt, den die Leute die dich wirklich lieb haben, denen ist es egal.“ Ich lehnte meinen Kopf gegen die Mauer, und sah die schmächtige Gestalt neben mir an. „Weißt du, meine Cousine hatte es auch nicht immer einfach. Sie hat … ähm …“ Wie beschrieb ich das jetzt am besten? „Alina hat eine körperliche Behinderung, auch wenn man es ihr nicht immer anmerkt. Damit hat sie es auch nie einfach gehabt.“ Ich wartete, aber da kam immer noch nichts. Mist. „Und sie hat mir beigebracht, dass es unwichtig ist, was irgendwelche Idioten sagen, die mit ihrem eigenen Leben nicht klar kommen. Wichtig ist nur …“
„A-a-aber sie h-haben mich weg-weggegeben.“ Sie kniff die Lippen zusammen. „M-m-meine Eltern haben m-mich weg-g-g-gegeben.“
Was?
Sie drehte mir das Gesicht zu. In ihren Augen glitzerten Tränen, und feine Spuren auf ihren Wangen zeigten mir, dass es nicht die ersten waren. „Sie finden m-m-mein Sp-sp-sp …“ Sie kniff die Lippen zusammen. „Ich s-soll richtig sp-sp-sp…“
„Sprechen?“, half ich ihr weiter.
Sie nickte. „D-deswegen haben sie mich h-hierher ge-ge-geschickt.“
„Nein, das glaub ich nicht. Sie haben dich bestimmt nur hier her geschickt, weil …“
„W-weil ich ihnen p-p-peinlich bin!“
Ich klappte den Mund schnell wieder zu. Was sollte ich darauf auch erwidern? Es war ja nun nicht so, dass ich Fujo und ihre Familie gut kannte. Sie war ein nettes Mädchen, aber mehr wusste ich auch nicht. Ich wusste ja nicht mal ihren Nachnamen, und ob sie wirklich zwölf war, wie ich vermutete. Aber so stehen lassen konnte ich das auch nicht. „Weißt du“, begann ich langsam. „Wirklich peinlich sind nicht die Kinder, sondern die Eltern. Nehmen wir nur mal meine. Ich komme aus so einem kleinen Kaff, und dort ist meine Familie bekannt wie ein bunter Hund. Eben weil sie so peinlich sind.“
Flair kratzte an Fujos Hose, wollte auf den Arm genommen werden, doch die Kleine reagierte immer noch nicht.
„Mein Vater ist ein solcher Kontrollfreak, der über jeden meiner Schritte Bescheid wissen muss, dass meine Freunde sich darüber schon lustig machen. Oder meine Tante Amber, die ist so richtig gothicmäßig, und das fällt in so einem kleinen Ort wie Koenigshain natürlich besonders auf. Alle halten sie für seltsam, nur weil sie nicht der Norm entspricht. Aber die beiden sind nichts gegen meine Mutter. Weißt du, sie ist ein Therianthrop, genau wie du.“
Ihre Augen wurden riesig. „W-w-wirklich?“
Lächelnd nickte ich. „Und, naja, sie ist … besonders, drücken wir es mal so

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