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Vergangene Narben

Vergangene Narben

Titel: Vergangene Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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den großen Anhänger genervt aus der Hand nahm, und das Teil selber aufmachte. Sofort entströmte dem Schmuckstück weißer Nebel, formte sich, verfestigte sich, und hinterließ das Abbild meiner Mutter in einem langen Perlenverzierten Sari. Das war meine Tante Lalamika, die verstorbene Zwillingsschwester meiner Mutter. Die eineiige Zwillingsschwester. Sie glich ihr genau bis aufs Haar, nur das sie, naja, tot war. Ein Abbild, nur der Schatten einer Seele.
Die Gestalt fast durchscheinend, bewegte Haar und Kleidung in einem unsichtbaren Windhauch, wallte wie Nebel. Es gab keine klaren Konturen, sie verliefen sich einfach, und waren doch deutlich zu erkennen.
Sie hing erst über dem Pentagramm in der Luft, löste sich dann aber davon, und schwebte auf den Boden. Oder, naja, so einige Zentimeter darüber. Sie war ein Geist, nur ein Schatten der Vergangenheit, sie konnte nichts berühren. Auch wenn sie für uns Real wirkte, so war sie es doch nicht wirklich, und dann wieder doch, einfach weil wir glaubten. Ja, das war ziemlich kompliziert.
„Komm, Flair“, rief ich meinen Hund, und ging zur Tür.
Tanta Lalamika beugte sich über das Spielbrett, als Papa meiner Mutter das Medaillon zurück gab.
„Du musst den Stein hier hin setzten, wenn du noch gewinnen möchtest.“

Ihre Stimme war nicht wie die der Lebenden. Sie bewegte ihren Mund nicht, und doch konnten wir sie alle hören. Es war, als würde die Stimme in meinem Kopf zu existieren, gleichzeitig aber von überall herzukommen. Sie kam aus ihrem Bauch, und aus dem Nichts. Sie war einfach da, überall und nirgends.
Mein Vater seufzte, und wedelte dann mit der Hand durch meine Tante hindurch, als wollte er eine lästige Fliege beseitigen. Ihre Nebelgestallt verschwamm an der Stelle, drohte sich aufzulösen, nur um sich wieder zu verfestigen, kam dass Papa den Arm zurückgezogen hatte.
„Lass das, Ys-oog“, sagte meine Mutter.
„Genau“,
stimmte Tante Lalamika ihr zu.
„Das ist unhöflich.“

„Unhöflich ist es auch in anderer Leute Gedanken herumzuspuken“, konterte mein Vater unbeeindruckt, und setzte seinen nächsten Stein.
Ich schloss lächelnd die Zimmertür, und machte mich mit Flair im Schlepptau auf zu den Duschen in hinteren Teil. Ehrlich, ich liebte Pferde, das waren einfach fantastische Wesen, wunderschön, anmutig, und stark. Auf einem Pferd zu sitzen, und durch die Natur zu reiten, war eines der größten Freiheitsgefühle, die diese Welt zu bieten hatte, aber deswegen wollte ich noch lange nicht die ganze Zeit nach ihren riechen. Besonders nicht, wenn ich ein Dutzend Boxen ausgemistet hatte, weswegen ich am Ende des Korridors die Tür zu den Gemeinschaftsduschen öffnete.
Eigentlich mochte ich Gemeinschaftsduschen nicht besonders, ich zeigte mich halt nicht gerne vor fremden Leuten – und auch nicht vor bekannten –, aber hier gab es einzelne Kabinen, die wenigstens den Anschein von Privatsphäre erweckten.
Als ich in die Duschen kam, war ich nicht die einzige. Aus dem Duschraum hörte ich mehrere Freuen miteinander reden. Ich entledigte mich meiner Kleidung, schlang ein Handtuch um meinen Körper, und befahl Flair auf meinen Sachen Platz zu machen, und schön darauf aufzupassen. Nicht das ich glaubte, man würde mich hier beklauen, aber Flair freute sich immer so, wenn ich die nach getaner Arbeit lobte. Na gut, dieser Hund freute sich auch, wenn ich ihn einfach ansprach. Eigentlich freute dieser Hund sich immer, egal was ich tat. Außer wenn ich sie abduschte, weil sie dreckig war, das fand sie voll negativ.
Bewaffnet mit meinem Duschzeug betrat ich den gefliesten Raum daneben. Kaum dass ich die Tür geöffnet hatte, schlug mir eine Welle aus Wasserdampf entgegen, und brachte mein kurzes Haar dazu, sich leicht zu kräuseln.
Lachen erklang von weiter hinten, als ich mein Handtuch an einen Haken hing, und schnell in die Duschkabine verschwand. Nur noch die richtige Temperatur eingestellt, und dann konnte ich mich in den erfrischenden Strahl stellen. Gott, diesen Moment hatte ich schon immer geliebt. Wenn das Wasser so auf einen niederprasselte, so völlig ungeniert, das war einfach nur genial. Wohlfühlmodus.
„Hör auf zu lachen“, hörte ich da eine wohlbekannte Stimme aus der Kabine gegenüber. Wenn ich mich recht erinnerte – wovon ich jetzt einfach mal ausging – dann war das diese Alexia, diese Werwölfin mit den weißen Haaren.
„Aber wenn er sich nun mal wie ein blutiger Anfänger benimmt“, kam es kichernd von einer anderen Frau.

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