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Vergangene Narben

Vergangene Narben

Titel: Vergangene Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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aus. Ziemlich kindisch, und oberpeinlich. Einmal auf dem Geburtstag einer Freundin – da waren wir gerade mal acht – gab es ein Reitpony, und sie wollte es essen! Kannst du dir das vorstellen? Die Kinder kuscheln alle mit dem Pony, und sie fragt, wann sie es endlich essen darf, weil es so lecker aussieht, und Pferdefleisch so gut schmeckt. Aber viel Schlimmer fand ich, als wir in einem Café saßen, und meine Mutter für mich einen Typen ausgespäht hat, und als ich ihre sagte, dass ich kein Interesse daran habe, hat sie mich doch allen ernsten gefragt, ob ich lesbisch bin, und dann nach einem Mädchen Ausschau gehalten. Leider hat sie das so laut gesagt, dass es das ganze Café mitbekommen hat. Das ist peinlich, sag ich die.“ Oh ja, das war es wirklich gewesen. Diese Blicke werde ich wohl niemals vergessen können.
Fujo klappte den Mund auf, wusste aber anscheinend nicht, was sie dazu sagen sollte, und klappte ihn wieder zu.
Ich grinste schief. „Aber was ich viel schlimmer fand, war der Tag, an dem sie mir meinen ersten BH kaufen wollte.“ Ich hob den Finger. „Merke, hier bei liegt die Betonung auf dem Wort
wollte
.“ Meine Hand sank wieder in meinen Schoß. „Eigentlich hatte ich mir von ihr Geld geben lassen wollen, um mir selber einen zu besorgen, aber sie wollte unbedingt mitkommen, sie hat sich von nichts davon abbringen lassen. Und dann sind wir in die nächste Stadt zu einem richtig teuren Dessouladen gefahren, und weil sie durch meine Klamotten nicht schätzen konnte, welche Größe ich brauchte, wollte sie mir das Hemd mitten im Laden aufknöpfen. Und das war noch das harmloseste.“ Ja, an diesen Tag konnte ich mich nur zu gut zurückerinnern. Geendet hatte er damit, dass meine Mutter vier neue BH´s hatte, und ich am nächsten Tag noch mal mit meinem Vater hin musste, in der Hoffnung, dass ich bei ihm nicht vor Scham im Boden versank. Aber  mit einem männlichen Elternteil in dieser Situation als zwölfjährige Unterwäsche einkaufen zu gehen … naja, sagen wir so: Sowohl mein Vater als auch ich waren froh, als wie nach Hause fahren konnten, und haben die nächsten Tage schlichtweg aneinander vorbei gesehen. Mein Vater war wohl einfach geschockt, dass sein kleines Mädchen langsam erwachsen wurde, und ich, naja, ich fand es einfach nur peinlich, dass er wusste, was ich für Unterwäsche trug. Sowas hatte ein Vater einfach nicht zu wissen.
„Was ich eigentlich damit sagen will“, fuhr ich fort, und drehte mich dabei zu ihr herum, „klar sind Kinder manchmal peinlich, aber Eltern sind meistens viel Schlimmer. Auch wenn ich im Nachhinein manches von den Dingen selber witzig finde, anfangs sind sie einfach nur peinlich.“ Ich legte ihr die Hand aufs Knie. „Du darfst sollte Sachen einfach nicht zu ernst nehmen, auch wenn sie im ersten Moment wehtun. Natürlich, du hast einen Sprachfehler, na und? Ich hab eine Sehschwäche, und Cio, naja, ich glaub der vergisst sein Hirn hin und wieder in seinem Zimmer.“
Das ließ sie kichern.
„Du darfst dir solche Sprüche einfach nicht so zu Herzen nehmen.“ Ich drückte ihr Knie. „So, und wenn du meinen Hund jetzt nicht auf den Arm nimmst, und ihn einmal kräftig knuddelst, dann bin ich echt beleidigt. Und sie sicher auch.“
Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Flair landete in ihrem Armen, und war für die nächste Stunde im Kuschelparadies. Aber da ich mich ja praktisch noch in meiner Arbeitszeit befand, musste ich wieder zurück in den Stall. Noch mehr wollte ich es mir mit Gisel nicht verscherzen, und Ronald fragte sich mittlerweile sicher schon, warum er mich eigentlich eigestellt hatte.
Aber auch meine Arbeitszeit ging vorbei, und so kam ich nach Stall riechend in unser Zimmer im HQ, um mir Duschzeug und Wechselwäsche zu holen.
Mein Vater und meine Mutter saßen auf dem Bett, wo sie eine Runde Dame spielten, und zum ersten Mal fiel mir auf, dass Mama diesen Raum nicht einmal verlassen hatte, seit sie im Hof war. Oder täuschte ich mich da? War auf jeden Fall gut möglich, da ich ja nicht die ganze Zeit hier war.
Ich schob den Gedanken beiseite, und machte mich über meine Reisetasche her. Hm, meine sauberen Klamotten gingen langsam zur Neige. Ob die hier wohl eine Waschmaschine hatten?
„Sei ruhig, ich weiß schon was ich tue“, murrte mein Vater.
Über die Schulter warf ich ihm einen Blick zu, und an dem Ausdruck in seinem Gesicht erkannte ich, dass er keine Selbstgespräche führte, sonder sich mit meiner Tante unterhielt. Genau

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