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Vergangene Narben

Vergangene Narben

Titel: Vergangene Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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gewohnt war – vielleicht musste sie aber auch nur mal pinkeln – machte ich mich ernsthaft auf die Suche nach dem richtigen Ausgang – außerdem wurde die Tasche mit der Zeit schwer.
Nach weiteren zehn Minuten Suche stand ich endlich am richtigen Ort – hoffte ich zumindest –,  und ließ Flair erst mal runter, damit sie das gefrorene Grasbüchel am Straßenrannt wässern konnte.
Gwendolyn hatte mir eine genaue Wegbeschreibung zu der Wohngemeinschaft gegeben, in der sie lebte, doch da ich kaum Erfahrungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln hatte, und mich garantiert verirren würde, zog ich es doch vor mir mit Flair ein Taxi zu teilen – da war die Wahrscheinlichkeit, dass ich an meinem Ziel ankam, wesentlich größer. Geld dafür trug ich genug bei mir. Für diesen kleinen Ausflug hatte ich all meine Ersparnisse zusammengekratzt – wenn mein Vater das herausfand, würde er mir den Kopf abreißen, denn eigentlich war das Geld für meinen Führerschein gedacht gewesen.
Einmal Winken am Straßenrand reichte schon aus, da fuhr bereits eines dieser gelben Vehikel an den Straßenrand, und ich konnte mich mit Sack und Pack auf die Rückbank verfrachten.
„Wo soll´s hingehen?“, fragte eine etwas dickliche Blondine mit einem vom Leben gezeichneten Gesicht, und betrachtete mich aus braunen Augen durch den Rückspiegel.
„Äh .. einen Moment, ich hab mir die Adresse auf einen Zettel geschrieben. Ich muss ihn nur finden.“ Umständlich durchforstete ich meine Jacken- und Hosentaschen nach dem kleinen Schnipsel, und musste zum Schluss sogar meiner Reisetasche durchwühlen, bis ich ihn endlich in meinem Portemonnaie fand. Mit einem entschuldigenden Lächeln reichte ich ihn ihr Vorne. „Da möchte ich hin. Kennen sie das?“
„Ja, kein Problem.“ Sie lenkte den Wagen vom Bürgersteig weg, und fädelte sich in den Nachmittagsverkehr ein.
„Wie lange fahren wir?“
„So zwanzig Minuten, wenn wir gut durchkommen.“
„Okay, danke.“ Nur zwanzig Minuten, dann würde ich meinem Ziel wieder ein kleines Stückchen näher gekommen sein. Heute Abend würde ich dann in diesem Club gehen, und wenn ich Glück hatte bereits morgen nach Tenor fahren. Das einzige was ich mir noch überlegen musste, war, wie ich mich meiner Erzeugerin nährte. Sollte ich einfach an die Tür klopfen und sagen: „Hallo, hier bin ich“, und darauf hoffen, dass sie mich erkannte, oder sollte ich sie lieber erst mal aus der Ferne beobachten? Mein Vater hatte mir mehr als einmal gesagt, dass der Kontakt zu dieser Frau gefährlich sein konnte, aber da hatte er sicher maßlos übertrieben, oder? Am besten ließ ich es einfach auf mich zukommen, und entschied mich dann kurzfristig aus dem Bauch heraus. Das war doch mal ein Plan.
Aber jetzt hatte ich erst mal nur Augen für meine Umgebung. Wow. So eine Großstadt war wirklich etwas ganz anderes, als das Leben in so einem kleinen Dorf, das man so gut wie nie verlassen durfte. Überall gab es etwas zu sehen. Sei es die Vielzahl an Geschäften, die sich dicht an dicht reihten, oder die Masse an Menschen, die ich so nur aus dem Fernseher kannte. Hier tobte das Leben, und ich war wirklich kurz am überlegen, meine Abwesenheit aus Koenigshain um ein paar Tage zu verlängern, nur um das Stadtleben ein wenig kennenzulernen.
Mit meinem Vater war ich höchstens mal in eine größere Ortschaft gefahren, und das auch nur zur Jagd. Nein, ich war kein Baby mehr, und konnte theoretisch schon allein auf die Jagd gehen. Ich hatte dabei nur ein kleines Problem. Der Blick, mit dem Vampiren den Menschen ihren Willen aufzwangen, naja, ich besaß ihn schon, und er funktionierte auch. So sporadisch. Wenn er mal wollte. Und genau das war das Problem. Dadurch dass ich ein Dimidis war, so ein richtiger Mischling, in dem so gut wie alles vertreten war, verfügten meine Fähigkeiten über ein ziemliches Eigenleben. Nichts funktionierte wie es eigentlich solle. Ich musste mich zum Beispiel mindestens einmal am Tag in einen Wolf verwandeln, wenn ich nicht wollte, dass mir Plötzlich in der Öffentlichkeit ein Fell wuchs, nur weil ich mich über irgendeine Kleinigkeit ärgerte. Ja, meine Metamorphose war genauso unkontrolliert wie auch alles andere an mir – ein Grund mehr für meinen Vater mich so in der Abgeschiedenheit zu halten, wo er mein Umfeld unter Kontrolle hatte, und notfalls eingreifen konnte.
Flair kläffte am Fenster, als sie draußen auf der Straße einen Hund sah, der das Bein an einem kahlen Bäumchen hob, und den

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