Vergangene Narben
wieder nach vorne sackte. Die Augen zusammengekniffen spiegelten sich die Schmerzen in seinem Gesicht wieder.
Der zweite Schlag ließ mich schreien, als sei ich es, die dort unter den Hieben litt.
Ein feiner Schweißfilm trat auf seine Haut. Dunkle Striemen erschienen unter der Wucht der nächsten Schläge auf seinem Rücken.
Ich wehrte mich gegen meinen Wächter, schrie zusammen mit meinem Vater, versuchte sogar ihn zu beißen, um loszukommen, während immer weiter Hiebe von Cerberus´ Peitsche auf ihn niedersausten. Und dann platze die Haut auf.
Der plötzliche Geruch des Blutes in der Luft war wie ein Schlag mitten ins Gesicht. Ich konnte nicht mehr hinsehen, kniff die Augen zusammen, und wandte das Gesicht ab, während Schluchzer mich schüttelten, und Tränen unaufhaltsam meine Wangen benetzten. Doch das machte es nicht besser. Die Geräusche drangen trotzdem noch an meine Ohren, erzählten eine Geschichte, die so grausam war, dass sie aus dem Mittelalter zu stammen schien. Genau wie das Werkzeug, das sie dort benutzen.
Schlag.
Schlag.
Schlag.
Ich wusste nicht wie oft mein Vater die Peitsche bereits zu spüren bekommen hatte, als Gräfin Xaverine endlich die erlösenden Worte aussprach. „Ich denke das genügt fürs erster. Danke Cerberus.“
Die Geräusche des Martyriums verklangen, und der Griff an meinem Arm, das Einzige, was mich die ganze Zeit auf den Beinen gehalten hatte, verschwand. Ich sackte kraftlos in mich zusammen, und konnte nichts anderes tun, als durch meinen Tränenschleier zu meinem Vater zu blicken.
Er lag halb auf der Seite, die Hände noch immer durch Schellen auf den Rücken gebunden. Unter jedem Atemzug hob und senkte sein Brustkorb sich angestrengt. Schweiß lief ihm in Strömen über das Gesicht. Doch das schlimmste waren die Striemen und aufgeplatzten Wunden, die Schultern, Oberarme und den Rücken verschandelten. Ein paar der Wunden begannen sich dank seiner Vampirfähigkeiten bereits zu schließen, doch ohne But wurde es trotzdem nur langsam heilen, und die Schmerzen nahm es ihm auch nicht.
Und trotz alledem waren die Augen meines Vaters geöffnet, und zeigten eine Klarheit, und ein Verständnis, dass er seit dem Tag seiner Entführung nicht mehr gehabt hatte. Die Betäubung der letzten Tage und Wochen war völlig verflogen. „Irgendwann“, sagte er mit rauer, schwacher Reibeisenstimme. „Irgendwann werdet ihr für all das bezahlen.“
Ich schlug die Hand vor den Mund, als sich der Blick der Gräfin verfinsterte. „Bitte“, flehte ich sie an. „Bitte tut ihm nicht mehr weh.“
„Wirst du mir sagen was ich wissen will?“
„Alles“, schluchzte ich. Wenn sie meinen Vater nur nicht mehr foltern ließ, würde ich ihr alles erzählen was ich wusste.
Ein fast unscheinbares Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. „Wo versteckt sich Cheyenne?“
Natürlich wollte sie das wissen.
Mein Mund öffnete sich, als ich zu meinem Vater sah, der meinen Blick ruhig erwiderte. So geschunden, so verletzt, und trotzdem noch so stark. Es tat mir in der Seele weh, aber ich konnte eine praktisch Fremde nicht über den Mann stellen, der mich so liebevoll großgezogen hatte, und immer für mich da gewesen war, wenn ich ihn wirklich brauchte. Auch nicht wenn die praktisch Fremde die Frau war, die mir das Leben geschenkt hatte. „Cheyenne ist …“
„Nein!“, brüllte Cio da. „Sag es ihr nicht, sie wird …“ Ein dumpfer Schlag ließ ihn aufstöhnen.
Ich schloss die Augen, als sich ein neuer Schwall Tränen einen Weg nach draußen bahnte. „Itzehoe“, sagte ich, und konnte es selber kaum glauben, dass ich es wirklich fertigbrachte sie und auch all die anderen dort zu verraten.
Alina ist da,
schrie mein Gewissen.
Und Kian.
Ein weiteres Schluchzen entrang sich mir. Ich wusste das. Ich wusste genau, was ich mit meinem Verrat anrichten würde, aber ich konnte einfach nicht mehr, und wollte dass das ganze endlich ein Ende hatte.
„Wo genau?“, fragte die Gräfin. Ein gieriger Glanz hatte sich in ihren Augen breit gemacht.
„Sag es ihr nicht!“, brüllte Cio wieder.
Es tut mir leid Cheyenne.
„Bei den Streunern. Geros Rudel. Ein Hotel, dass …“ Ich schluckte die Tränen herunter.
„Sprich weiter“, forderte Gräfin Xaverine mich begierig auf.
„Verdammt!“, fluchte Cio. Ich konnte sein enttäuschtes Gesicht geradezu vor mir sehen, als ich in einem geschlagenen Tonfall die Adresse von Geros Hotel nannte, und sie zusätzlich über die Anlage aufklärte, soweit ich
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