Vergangene Narben
waren ein paar Aufgeregte Stimmen.
„Das kommt aus dem Vorhof.“ Er sah kurz zu mir. „Da muss was passiert sein.“ Und schon lief er los.
„Hey, gib mir gefälligst meinen Hund, bevor du einfach abhaust!“ Mist, jetzt musste ich dem auch noch hinterher rennen. Aber ich würde dem sicher nicht meine arme, kleine Flair überlassen. Doch ich kam gar nicht so weit ihn einzuholen, denn kaum war ich um die Ecke gerannt, und stand um Vorhof, traf mich der Schlag. Ich hielt so abrupt an, als sei ich gegen eine Wand gelaufen.
Cio stand nur einen halben Meter neben mir, doch das sah ich kaum. Meine Augen waren ungläubig auf die fünf Personen vor mir gerichtet, die heftig miteinander stritten. Vor einem mir nur allzu bekannten Wagen stand ein großgewachsener Mann, den mein Vater mir auf Bildern als Diego vorgestellt hatte, der nicht nur der Lebwächter, sondern auch der beste Freund meiner Erzeugerin war. Die linke Hälfte seines Gesichts war von vier langen Narben verunstaltet, so als hätte ihm jemand seine Krallen durchs Gesicht gezogen. Doch er stand nur im Hintergrund, und beteiligte sich nicht an dem Streit, der zwischen Sydney, meiner Erzeugerin, und meinen Eltern ausgebrochen war.
Ja, dort vorne stand mein Vater, leibhaftig in Person. Und er war ziemlich angepiekt.
„… Kian, er hat gesagt, dass er sie zum Bahnhof gefahren hat“, schleuderte er meiner Erzeugerin wütend entgegen. „Sie wollte hier her!“
„Ich hab sie gesehen“, kam es da von Sydney.
„Was?“ Die Anspannung im Körper meines Vaters wuchs deutlich an.
Meine Erzeugerin schlug fassungslos die Hände vor dem Mund. Trotzdem waren ihre nächsten Worte sehr deutlich zu verstehen. „Zaira ist … sie ist hier?“
°°°
Die lieben Eltern
„Du widerliche Narbenfratze! Du weißt das sie hier ist und hast kein Ton gesagt?!“
„Ys-oog!“
Weder sein Ausbruch noch der Spitzname schien Sydney nicht zu stören. Er blieb völlig ruhig, als er erwiderte: „Sie schien nicht zu wünschen, dass du über ihren Aufenthalt hier Bescheid weißt. Ihre genauen Worte waren: der würde mich vermutlich umbringen, wenn er wüsste dass ich hier bin. Also hielt ich es für sicherer zu schweigen.“
„Du hässliches Scarface!”
„Raphael!“, rief meine Erzeugerin entsetzt.
„Glaubst du ich würde meiner Tochter etwas antun?! Du wusstest dass sie hier ist, und hast es nicht für nötig gehalten es jemanden zu sagen? Das ist meine Tochter du Arschloch! Machst du dir eigentlich eine Vorstellung davon was ich mir für Sorgen gemacht habe?!“
Mein Vater erhob den Anschein, als würde er sich gleich auf Sydney stürzen wollen. Das sah dieser Diego wohl auch so, denn er stand plötzlich zwischen Fronten – ehrlich, einfach so. Ich hatte gar nicht gesehen, wie er sich bewegt hatte –, und legte meinem Vater die Hand auf die Brust, um ihn zurückzuhalten.
Sofort schlug Papa seinen Arm weg. „Fass mich nicht an, Diego! Dafür bin ich im Moment echt nicht in Stimmung!“
„Dann beruhig dich mal ein bisschen“, erwiderte Diego ruhig. „Deine Tochter muss hier ja irgendwo sein, wir müssen sie nur suchen.“
Die Sekunde der Stille die folgte, nutzte Flair um einmal laut zu kläffen. Sofort waren Cio und ich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, ohne etwas dagegen tun zu können.
„Donasie!“, quietschte meine Mutter. Im nächsten Moment merkte ich nur noch wie mich ihr Körper rammte, und sie mich fest in ihre Arme zog. Ehrlich, sie war zwar einen halben Kopf kürzer als ich, brachte mich damit aber trotzdem ganz schön ins straucheln, bevor sie systematisch damit begann abzutasten, ob an mir denn noch alles dran war. Kopf, Gesicht, Arme, Beine. Ihre Hände flogen hecktisch über meinen ganzen Körper. Einmal schlug sie mir in ihrer hast auch noch fast die Brille von der Nase. Und die Beule berührte sie besorgt mehr als einmal – Au-a!
„Mama, lass das … Mama.“ Als sie dann mit ihrer Untersuchung von Vorne beginnen wollte, hielt ich ihre Hände fest. „Mama, mir geht’s gut, alles noch dran.“
„Aber, Donasie, wir haben uns Sorgen gemacht. Keine wusste wo du bist!“, warf sie mir vor. Sie drückte meine Hände ganz fest, doch mein Blick ging über ihre Schulter hinweg zu meinem Vater, der uns mit verkrampftem Kiefer beobachtete. Und sein Blick dabei, so verletzt, voller Enttäuschung über mich.
Wie in meinem Traum.
Ich würde wohl niemals vergessen, wie er mich in diesem Moment ansah. „Papa, ich …“
„Steig einfach in den Wagen.“
Ich
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