Vergangene Narben
Flur hinunter, um dann nach ein paar Schritten in einem offenen Raum zu verschwinden.
Als ich hinter ihm eintrat, fiel mir erst mal die Kinnlade bis auf dem Boden. Wo zum Teufel war ich hier gelandet? Bei Mission Impossible? Echt jetzt, der ganze Raum war voller Computer und Server. Aktenschränke, Pinnwände mit Karten. Ein Telefon klingelte, woraufhin ein Mann auf einem Bürostuhl vor seinem Computer gleich reagierte. Schreibtische, Regale, dass alles war hochmodern.
Über einen Plan auf einem Tisch beugten sich zwei Leute. Die Frau war wirklich hübsch, schlank, und hatte lange, weiße Haare. Dabei konnte sie kaum älter als meine Eltern sein. Der Mann daneben war dagegen ein bisschen rauer, kantiger. Kurzes Braunes Haar, eine schiefe Nase, die wohl schon mal gebrochen war.
Die Frau zeigte auf etwas, woraufhin er ihr Kinn in die Hand nahm, und ihr Gesicht zu seinem zog …
„Leeeviii!“, rief meine Mutter begeistert, ließ mich einfach stehen, und fiel dem Mann nicht nur um den Hals, sondernd sprang ihn förmlich an, und klammerte sich mit Händen und Beinen an ihm, um ihm einen Kuss auf die Nasenspitze zu geben. Dabei störte sie sich auch nicht daran, dass er gerade im Begriff gewesen war, die weihaarige Frau neben sich zu küssen, die meine Mutter nun böse anfunkelte.
Dieser Levi blinzelte sie einmal perplex an, bevor er ungläubig „Tarajika?“ fragte. Dann lachte er, und umarmte sie freudig. „Mensch, Mädel, was machst du denn hier?“
„Ich suche ein Zimmer.“ Sie ließ von ihm ab, flitzte zu meinem Vater, und zog ihn an der Hand zu diesem Kerl. „Guck mal, Ys-oog, da ist Levi.“
„Wäre mir nicht aufgefallen, wenn du es mir nicht gesagt hättest“, sagte er trocken, grinste den Kerl dann aber an.
„Mensch, Raphael!“ Die beiden schlugen sich in die Hände und klopften sich dann auf die Schultern – ein typisch männliches Ritual der Begrüßung. „Was machst du denn hier? Ich hätte ja nicht geglaubt, dich noch mal zu sehen.“
„Die Umstände haben mich hergelockt“, sagte er etwas kryptisch.
Mich schienen sie völlig vergessen zu haben. Oder – und wahrscheinlicher – sie ignorierten meine Anwesenheit einfach.
„Kennst du noch Alexia?“, fragte dieser Levi, und drehte sich etwas, um die weißhaarige Frau ranzuziehen. Dabei bemerkte ich das kleine Tattoo auf seinem Oberarm. Eine kleine, schwarze Flamme.
Moment mal, mein Vater hatte genau das gleiche Tattoo, nur saß es bei ihm hinterm Ohr. Als ich mir diese Alexia genau ansah, bemerkte ich, dass sie auch eines hatte, an der gleichen Stelle wie Levi. Was hatte das zu bedeuten? Was verband meinen Vater mit diesen Leuten?
„Ah“, machte mein Papa, „unsere kleine Sklavin.“
Sie schnaubte. „Erinner mich bloß nicht daran. All diese widerlichen Typen.“ Die Erinnerung ließ sie regelrecht schütteln. „Das habe ich aufgegeben, jetzt dürfen andere die Sklavin mimen. Ich bin jetzt Rogers rechte Hand.“
„Ja.“ Mein Vater nickte. „Das hat er mir schon erzählt. Die beste Sekretärin der Welt. Er hat wohl noch nie so guten Kaffee getrunken.“
Alexia kniff die Augen zusammen. „Du willst Schläge, oder?“
Er grinste. „Später vielleicht. Aber jetzt wollte ich erst mal ein Zimmer für ein paar Tage. Am besten eines mit dicken Wänden.“
„Dicke Wände?“ Levi grinste. „Da bist du hier an der falschen Adresse.“
„Ich hab an einen Raum unten bei der Trainingshalle gedacht“, sagte mein Vater weiter, als hätte Levi nichts gesagt. „Ist da noch was frei?“
„Da unten?“ Der Kerl kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Romy ist da unten, und, naja, du weißt ja wie sie ist.“
„Romy?“ Papa grinste. „Sie wird entzückt sein mich zu sehen.“
„Romy und entzückt?“ Levi gab ein bellendes Lachen von sich. „Ich hab Romy noch nie anders als ernst und mürrisch erlebt. Aber eine Entzückte Romy hat auch etwas.“
„Und es ist etwas das du nie erleben wirst.“ Alle drehten sich zu der großgewachsenen, dunklen Frau um, die den Raum betrat. Eine Vampirin. Und mit dunkel war nicht ihre Hautfarbe gemeint, sondern eine Düsternis die sie wie eine Aura hinter sich herzog. Auch sie hatte dieses kleine Flammentattoo, nur war es bei ihr an der Schläfe, Sichtbar für jeden, der sie ansah. Sie war so das genaue Gegenteil von der Werwölfin Alexia.
Sie nickte Raphael einmal zu, trat dann an den Aktenschrank, und suchte konzentriert einige Blätter heraus, bis sie ohne ein weiteres Wort wieder aus dem Raum
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