Vergangene Schatten
während er sie mit seinen dunklen Augen ansah, »ich finde, dein Ex ist ein verdammter Idiot.«
»Na ja«, sagte sie lächelnd, weil ihr auch das sehr vertraut war. Matt war auch früher schon stets für sie eingetreten, wenn irgendein Rüpel in der Schule sie ärgern wollte. Mit der Zeit hatten alle kapiert, dass Carly zu belästigen automatisch hieß, sich mit Matt anzulegen, worauf man sie geflissentlich in Ruhe ließ. Es war ein seltsames, aber auch schönes Gefühl, dass er wieder für sie eintrat; es wurde ihr bewusst, dass sie sich vielleicht allzu sehr daran gewöhnt hatte, ihre Kämpfe allein auszufechten. »Das finde ich auch.«
Er sah sie lange schweigend an. »Zum Teufel damit«, sagte er schließlich mit heiserer Stimme und streckte die Hand nach ihr aus. Sie kam ihm entgegen und legte die Arme um seinen Hals, und im nächsten Augenblick spürte sie seine Lippen fest und entschlossen auf den ihren. Sie schloss die Augen und erwiderte seinen Kuss mit einer Leidenschaft, die sie bis zu den Zehen hinunter durchpulste.
Ein lautes Hupen riss sie auseinander. Schwer atmend und ein wenig benommen blickte sich Carly um und sah einen anderen Streifenwagen vorüberfahren. Kurz bevor er hinter der nächsten Biegung verschwand, sah sie noch, dass der Fahrer ihnen fröhlich zuwinkte.
»Verdammt«, stieß Matt hervor, während er dem Wagen nachsah.
Auch er atmete schwer. Er hielt ihr Gesicht immer noch in beiden Händen, während sie die Arme um seinen Hals geschlungen hatte. Das goldene Licht hob die feinen Fältchen um seine Augen ebenso hervor wie die kleine Narbe auf seiner Lippe. Carly hielt den Atem an, als ihr bewusst wurde, dass der Matt, der hier neben ihr saß, ein erwachsener Mann war. Der Junge, den sie gekannt hatte, war immer noch da, doch er hatte seither Erfahrungen gesammelt, von denen sie nichts wusste. Der Gedanke hatte eine so starke erotische Wirkung, dass ihr Mund trocken wurde und sie ein Brennen im Unterleib verspürte. Sie musste einen leisen Laut von sich gegeben haben, denn sein Blick wanderte zu ihr zurück, und er küsste sie aufs Neue - und das mit einer Leidenschaft, die sie mit sich riss. Sie erwiderte den Kuss voller Hingabe, und es war ihr egal, ob noch jemand vorbeifuhr, der sie beide hätte sehen können, so dass die Stadt genug Klatsch für Monate, wenn nicht Jahre gehabt hätte. Außerdem war nicht auszuschließen, dass man sie wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses belangte. Die Leute würden um so mehr zu tratschen haben, als es immerhin der Sheriff war, den man in einer so kompromittierenden Situation vorgefunden hatte.
»Okay, es reicht«, sagte er mit leiser, heiserer Stimme, während er seine Lippen abrupt von den ihren zurückzog und ihre Arme von seinem Hals löste.
»Matt...«, begann sie mit bebender Stimme.
»Wir sind keine Teenager mehr, und es ist nicht einmal dunkel. Und wir werden es ganz sicher nicht hier neben der Straße in diesem Wagen tun.« Er atmete tief durch, packte das Lenkrad mit beiden Händen und lehnte sich mit der Stirn dagegen. »Da können wir ja gleich Eintrittskarten für die Zuschauer verkaufen.«
Er hatte natürlich Recht, das wusste sie sehr wohl, doch das hinderte sie nicht daran, ihn so sehr zu begehren, dass ihr ganz schwindlig davon wurde.
»Schnall dich an«, forderte er sie schließlich auf und sah ihr ins Gesicht. In seinen Augen brannte immer noch das gleiche Feuer wie vorhin, doch an seinem entschlossenen Gesichtsausdruck erkannte sie, dass er sich wieder unter Kontrolle hatte.
Sie war zwar ein klein wenig enttäuscht, weil es ihr gefiel, dass sie Matt dazu bringen konnte, die Beherrschung zu verlieren -doch sie erhob keinen Einwand, als er den Wagen anließ und losfuhr. In einem weiten Bogen drehte er auf der Straße um und fuhr in Richtung Stadt zurück. Mit trockenem Mund und pochendem Herzen stellte sich Carly vor, wie es wäre, es mit Matt zu tun. Beim ersten Mal, als sie mit ihm geschlafen hatte, war sie eine ahnungslose Jungfrau gewesen - und trotzdem hatte die Erde unter ihr zu beben begonnen, und der Himmel war über ihr explodiert. Er war eben damakschon ihr Matt gewesen, dem ihr Herz und seit jener Nacht auch ihr Körper gehörte.
Nicht, dass sie vorhatte, ihm das zu sagen. Jetzt nicht und auch nicht irgendwann in der Zukunft.
»Hast du Hunger?«, fragte er und sah sie aus verengten Augen an. Sie wusste, dass er vom Essen sprach und nicht von dem anderen Hunger, von dem sie erfüllt war, und schüttelte den
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