Vergangene Schatten
ankämpfen - doch er begehrte sie genauso wie sie ihn.
Ihr Herz begann ein wenig schneller zu schlagen.
»Könntest du das bitte noch einmal sagen?«, fragte er.
»Weißt du, das ist ein wenig peinlich.«
Seine Augenbrauen zogen sich ein wenig zusammen. »Wenn es dir so peinlich ist, dann hättest du ja nicht damit anzufangen brauchen. Wie kommt es, dass du seit zwei Jahren keinen Sex mehr hattest?«
»Über zwei Jahre, genau genommen«, sagte Carly schonungslos ehrlich.
»Curls...«, sagte er mit einem warnenden Unterton.
Carly drehte sich zur Seite und blickte auf das schmale schwarze Band der Straße hinaus, das sich zwischen den Feldern und Bäumen und Hügeln hindurchwand. Sie rieb sich die Hände an ihren Jeans, weil ihre Handflächen ein wenig feucht vom Schweiß waren. Sie war es nicht gewohnt, mit Männern über Sex zu sprechen - dementsprechend peinlich war es ihr, über diese höchst persönlichen Dinge zu sprechen, auch wenn ihr Gegenüber Matt war und sie nicht allzu viele Geheimnisse vor ihm hatte. Doch sie hatte ein Ziel vor Augen, das sie unbedingt erreichen wollte - deshalb verschränkte sie die Arme vor der Brust und sah ihm ins Gesicht.
»Warum, glaubst du wohl? Ich hatte eben niemanden, mit dem ich Sex hätte haben können.«
Der Blick, mit dem er sie ansah, sprach Bände.
»Ob du's glaubst oder nicht«, sagte Carly empört, »ich bumse nicht mit dem Erstbesten, der sich anbietet.«
»Okay, das glaube ich dir«, sagte er.
Er streckte die Hand aus und zog sanft an einer widerspenstigen Locke ihres Haars. Als sich das Löckchen um seinen Finger wickelte, zog sie reflexartig den Kopf zurück, und er lächelte. Sie hatten dieses Spiel schon als Kinder oft gespielt, wie Carly bewusst wurde, und sie sah ihn finster an.
»Was ist mit deinem Mann? Du hast doch gesagt, ihr habt euch erst vor ein paar Monaten scheiden lassen.«
»Er hatte eine Freundin«, antwortete Carly. »Ich brauchte eine Weile, bis ich dahinter kam. Wir schliefen nicht miteinander - aber ich dachte immer, er wäre zu beschäftigt, gestresst, was weiß ich. Ich war ja auch ziemlich ausgelastet mit meinem Restaurant - weißt du, ich hatte ein Restaurant, das Treehouse.« Matt nickte. Carly wusste genau, wie schnell sich Neuigkeiten in Benton verbreiteten, und war deshalb gar nicht überrascht, dass er es schon wusste. »Na ja, es ist ganz schön viel Arbeit, ein Restaurant zu führen ... und mir war sowieso nicht nach Sex. Ich hatte keine Zeit dafür, war gestresst und so weiter. Die Wahrheit ist, ich war so beschäftigt mit meiner Arbeit, dass mir gar nicht auffiel, wie es um unsere Ehe stand. Auch als ich merkte, dass da einiges nicht stimmte, hätte ich nie gedacht, dass er mich betrügen könnte. Ich kam erst darauf, als ich einmal früher von der Arbeit heimkam und ihn mit seiner Freundin in unserem Bett erwischte.«
»Klingt ziemlich schlimm«, sagte er mitfühlend.
»Es war auch schlimm.« Carly holte tief Luft. »Nein, es war schrecklich.«
»Willst du, dass ich nach Chicago fahre und dem Mistkerl eins auf die Nase gebe?«, fragte er leichthin, so als wäre es nur ein Scherz. Carly spürte jedoch, dass sein Angebot wahrscheinlich sogar ernst gemeint war. Wie sie ihn so ansah mit seinen breiten Schultern und seinen kräftigen Oberarmen und sich dazu den schlanken bebrillten John vorstellte, der sich immer so viel auf seinen Intellekt einbildete, wurde ihr klar, dass es eine äußerst ungleiche Auseinandersetzung wäre. Ein feines Lächeln umspielte Matts Lippen, doch sein Blick war sehr ernst. Carly wusste, dass sie nur ein Wort zu sagen brauchte, damit er John eine kleine Lektion erteilte.
»Du würdest es wirklich tun, nicht wahr?«, fragte sie halb bewundernd und halb vorwurfsvoll.
»Darauf kannst du wetten.«
»Mein Held«, sagte sie, wie sie es so oft in ihrer Jugend getan hatte. Doch damals hatte sie es im Scherz gesagt, während sie es jetzt absolut ernst meinte.
»Für dich gern«, sagte er trocken, so wie er es immer gesagt hatte. Doch sein Blick war diesmal ein ganz anderer.
Das Funkeln in seinen Augen nahm ihr fast den Atem.
Plötzlich lag ein spürbares Knistern und ein Gefühl der Verbundenheit zwischen ihnen in der Luft. Er saß immer noch auf seiner Seite des Wagens, und sie auf der ihren, doch der Raum um sie beide herum schien mit einem Mal geschrumpft zu sein, so als hätte sich der Abstand zwischen ihnen irgendwie verflüchtigt.
»Also, wenn du meine Meinung hören willst«, sagte er,
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