Vergangene Schatten
Kopf. In seinen Augen war immer noch dieses Funkeln, das sie im Innersten erbeben ließ, doch es gelang ihr, äußerlich ruhig und gelassen zu bleiben - zumindest hoffte sie, dass es so war. Doch Matt ließ sich wohl nicht so leicht täuschen; er wusste genau, wie sehr sie ihn begehrte.
»Nur Sex, keine Bindung«, sagte er mit festem Blick.
»Genau«, sagte sie mit wild pochendem Herzen.
Er nickte mit ernster Miene.
»Wo fahren wir hin?«, fragte sie schließlich, als er in eine Straße einbog, die nicht zur Stadt zurückführte. Sie war froh, dass ihre Stimme einigermaßen beherrscht klang - vor allem, wenn man bedachte, dass alle ihre Sinne mittlerweile verrückt spielten angesichts der Aussicht, dass sie gleich mit Matt schlafen würde. Es fragte sich tatsächlich, wo sie überhaupt hinfahren sollten. In ihrem Haus herrschte ein Betrieb wie auf einem großen Bahnhof. Bei ihm zu Hause war es nicht anders. Sein Büro kam genauso wenig in Frage, und das Auto hatte er vorhin ebenfalls ausgeschlossen.
Ein Hotel? Nur gab es in Benton leider keines. Doch auch wenn es hier ein Hotel gegeben hätte, so wären sie dort wohl kaum unbeobachtet geblieben. Wahrscheinlich wäre die ganze Stadt mit Ferngläsern angerückt, noch bevor sie die Tür zu ihrem Zimmer hinter sich geschlossen hätten.
Es war ihr bis jetzt noch nie zu Bewusstsein gekommen, aber jetzt sah sie die Wahrheit in aller Klarheit: Das Leben in einer Kleinstadt war für das Liebesleben eines Menschen die reinste Katastrophe.
»Weißt du«, sagte Matt, »ich habe zufällig ein Boot. Und ich habe zufällig auch eine Garage gemietet, wo ich es stehen habe. Über der Garage befindet sich außerdem eine kleine Wohnung, die in der Miete inbegriffen ist.«
Carly erinnerte sich, wie Lissa einmal zu ihr gesagt hatte, dass Matt niemals mit einem Mädchen nach Hause komme - und mit einem Schlag war ihr alles klar: Matt wusste natürlich auch längst, dass es für einen Sheriff in einer Kleinstadt, der noch dazu mit seinen Schwestern unter einem Dach lebte, schwierig war, ein ordentliches Liebesleben zu führen - und er hatte die notwendigen Maßnahmen ergriffen. Die Wohnung über der Garage war eine solche Maßnahme.
Sie nahm ihm das nicht weiter übel, wie ihr bewusst wurde -vorausgesetzt, dass sie ab jetzt ein fester Bestandteil seines Liebeslebens war.
»Wie praktisch«, sagte sie, nur um ihm zu zeigen, dass er nicht der Einzige war, der Gedanken lesen konnte.
Er sah sie an und grinste.
Die Garage lag zwischen Wohngebäuden und Lagerhäusern, die durch Müllcontainer und rostige Maschendrahtzäune voneinander getrennt waren. Als sie die kurze, mit Kies bedeckte Zufahrt hinauffuhren, kam es Carly so vor, als hätte man diese Garage einst zu einem Haus gebaut, das nun nicht mehr da war. Was immer mit dem Haus passiert war - die Garage stand jedenfalls immer noch auf dem kleinen, von Unkraut überwucherten Grundstück. Matt hatte es offenbar verabsäumt, sich die Fernbedienung für das Garagentor zu besorgen, denn er stieg aus dem Wagen aus und öffnete das Tor mit der Hand. Währenddessen blickte sich Carly kurz um; weiter vorne in der Straße war ein Pick-up vor einem Lagerhaus geparkt, doch es war weit und breit niemand zu sehen. Wenn sie Glück hatten, würde die Stadt nie erfahren, dass Matt mit ihr zu einer abgelegenen Garage gefahren war - ein Ereignis, über das es gewiss jede Menge Klatsch gegeben hätte.
Matt stieg wieder ein und fuhr den Wagen in die Garage. Während er ausstieg und das Garagentor schloss, stieg Carly ebenfalls aus dem Wagen. Zu ihrem eigenen Erstaunen verspürte sie plötzlich große Nervosität angesichts dessen, was sie im Begriff war, zu tun. Hätten sie es schon zuvor im Auto getan, als sie beide so in Fahrt waren, dann hätte sie bestimmt nicht an Sandras warnende Worte gedacht, dass sie sich nicht wieder das Herz brechen lassen solle. Auch wenn viele Leute anderer Meinung waren, stellte Carly nun fest, dass es nicht immer von Vorteil war, wenn man viel Zeit hatte, um über wichtige Entscheidungen nachzudenken.
Das Garagentor ging mit einem klappernden Geräusch zu. Matt schaltete das Licht ein, und Carly sah sich in dem stickigen, leicht nach Benzin riechenden Raum um. In dem Betonboden waren Risse und Unebenheiten zu erkennen. Die Wände waren völlig kahl, und die Decke wurde von Tragbalken gestützt, an denen elektrische Leitungen und PVC-Rohre entlangliefen. Beleuchtet wurde die Garage von einer einzigen nackten
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