Vergangene Schatten
Aber es wäre nicht gelogen gewesen.«
Er stand vollkommen nackt da und sah sie lächelnd an, während er das Handy auf den Tisch legte. Er sah so unheimlich sexy aus, dass sein bloßer Anblick ihr Blut in Wallung brachte. Aber das Beste an ihm war, dass er ihr Matt war.
Der Gedanke entlockte Carly ein glückliches Lächeln.
»Du siehst so zufrieden aus wie eine Katze, die einen Kanarienvogel verspeist hat«, sagte Matt und betrachtete sie seinerseits mit einem vielsagenden Lächeln. Wenn man bedachte, wie ausgiebig sie sich einander gewidmet hatten, so konnte sich Carly gut vorstellen, dass man ihr ansah, wie erfüllt sie war.
»Na, dann komm her zu mir, Tweety«, sagte sie augenzwinkernd und winkte ihn zu sich. Er lachte und schlüpfte wieder zu ihr ins Bett.
Als er sich etwas später auf einen Ellbogen stützte, sah er stirnrunzelnd zu ihr hinunter. Benommen und zufrieden und von einem Gefühl der Wärme und des Glücks erfüllt, lächelte sie ihn träge an.
»Was ist denn?«, fragte sie, als er sie weiter schweigend ansah.
Er griff nach einer Locke ihres Haars und ringelte sie sich um seine Finger. »Bist du sicher, dass wir bei unserem Grundsatz bleiben sollten? Ich meine - keine Bindung?«
Carly überlegte kurz. »Na ja, vielleicht eine ganz kleine Bindung. Du könntest zum Beispiel hin und wieder mit mir ausgehen, damit ich nicht nette Jungs wie Mike dazu überreden muss - aber ansonsten keine Bindung.«
Er sah sie immer noch stirnrunzelnd an. »Keine Bindung -das klingt überhaupt nicht nach dir, Curls.«
Sie liebte ihn so sehr, dass es ihr wehtat und dass ihr schon warm wurde, wenn sie ihn nur ansah. Egal, wie sich die Sache zwischen ihnen beiden entwickelte - er würde für immer in ihrem Herzen bleiben. Doch sie liebte ihn so sehr, dass sie ihn nicht wollte, wenn er im Grunde frei sein wollte. Er hatte gesagt, dass er sie liebte - und das schon mehrmals -, und sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er es auch so meinte. Doch sie sah auch den leichten Schatten in seinen Augen, wenn er es sagte - und sie wusste, dass das nichts anderes als Angst war. Die Angst, dass Liebe letztlich zur Unfreiheit führte und dass er für immer an diese kleine Stadt und an sie gefesselt sein würde.
Sie wusste, dass er trotz dieser Angst jederzeit bereit war, ihr die dauerhafte Bindung anzubieten. Doch sie würde dieses Geschenk niemals annehmen, solange sie diese Angst in seinen Augen sah.
»Keine Bindung«, sagte sie mit Nachdruck und küsste ihn. Der Kuss lenkte sie von diesem ernsten Thema ab, so dass sie sich fast die ganze restliche Nacht wieder anderen Dingen widmeten.
Am folgenden Morgen um sieben Uhr dreißig hatte es schon wieder dreiunddreißig Grad. Carly wusste es, weil Matt das Autoradio aufgedreht hatte, als sie aus der Garage hinausfuhren. Es würde ein wenig peinlich werden, wenn sie jemandem begegnete, der gesehen hatte, wie sie am Tag zuvor Matts Haus in denselben Kleidern - weißes Kleid und Sandalen - verlassen hatte, die sie auch jetzt trug - doch auch dieser Gedanke konnte ihr Wohlgefühl nicht wirklich trüben. Sie war glücklich und schläfrig und verspürte ein gewisses Ziehen in bestimmten Körperteilen - und obwohl sie wusste, dass es auf dieser Welt auch Ungeheuer in Menschengestalt gab und eines davon es auf sie persönlich abgesehen hatte, konnte sie an diesem wunderbaren Morgen doch nicht wirklich so etwas Schreckliches glauben -nicht an diesem Morgen, an dem die Sonne sich gerade träge emporhob, um den morgendlichen Nebel zu lichten, und an dem Matt frisch rasiert, nach Seife und nach ihr duftend neben ihr saß.
Nach einer Weile wurde ihr bewusst, dass er mit ihr zu sich nach Hause führ. Der ganze Zirkus, der seit einer Woche immer nervenaufreibender geworden war, konnte von neuem beginnen, was ihre Hochstimmung doch empfindlich trübte. Während sich ihr Liebesleben von einem absoluten Nullpunkt zu ungeahnten Höhen aufgeschwungen hatte, versank ihr übriges Leben immer mehr in einem Sumpf der Trostlosigkeit. Nein, kam es ihr plötzlich in den Sinn. Sie war nicht mehr das brave Mädchen von früher, das alles unwidersprochen hinnahm - und deshalb würde sie an ihrer Situation einiges ändern.
»Matt«, sagte sie entschlossen. »Ich will mein altes Leben wiederhaben.«
Sie standen an einer Kreuzung und warteten darauf, dass die Ampel auf Grün umsprang.
»Das klingt gar nicht gut«, sagte er lächelnd und warf ihr einen kurzen Blick zu. »Was habe ich denn
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