Vergeben, nicht vergessen
aufklären.«
»Nein«, meinte sie. »Emma ist meine Tochter. Und du wirst mich nicht in die Küche zum Teekochen schicken.«
Er verstand sie. An Mason Lord gewandt, sagte er: »Lassen Sie uns die Sache auf später verschieben. Molly und ich werden unsere Koffer auspacken. Wenn Emma gerne bei Miles bleiben will, suchen wir Sie so schnell es geht auf.«
Mason Lord wandte sich an seine Tochter. »Was ist nur los mit dir? Geh und bring dein Kind nach oben. Ich möchte mit ihm sprechen. Du hattest mit dieser Sache ohnehin nicht sonderlich viel zu tun. Ich möchte ihm dafür danken, dass er dich gerettet und dich hierher gebracht hat. Du hast ein Spatzenhirn. Jetzt bring dein Kind nach oben. Richter Hunt und ich möchten miteinander reden.«
Molly erhob sich. Sie zitterte. Merkwürdig, dachte sie, dass er sie so schnell und einfach auf die Palme bringen konnte. Nur dass sie dieses Mal nicht die Segel streichen und sich aus dem Staub machen würde. Sie kämpfte gegen das Bedürfnis an, ihren Kopf hängen zu lassen und den Blick wie ein geschlagener Hund auf die Füße zu senken. Sie hatte zu viel durchgemacht, als dass sie jemals wieder jemandem diese Macht über sich einräumen würde. Aber sie musste ganz ruhig bleiben. Er durfte nicht merken, wie sehr sie darum bemüht war, ihn nicht spüren zu lassen, welchen Einfluss er immer noch auf sie hatte und wie sehr sie gegen diesen Einfluss ankämpfte.
»Ich verstehe«, sagte sie ruhig und ihm das Wort abschneidend, denn er hätte noch weiter geredet, dessen war sie sich sicher. Sie fasste Emmas Schulter. »Emma, mein Liebling, bist du satt? Dann lass mich dir den Mund abwischen. Und jetzt verlassen wir dieses Haus. Wie es sich eben herausgestellt hat, haben wir hier lediglich einen kurzen Besuch abgestattet. Komm schon, Emma.« Sie lächelte Ramsey an. »Kommst du?«
»Aber natürlich«, erwiderte er. Er nickte Miles zu. »Vielen Dank für Torte und Limonade. Beides war köstlich.«
»So redest du nicht mit mir, Molly.«
»Ich rede überhaupt nicht mit dir. Auf Wiedersehen, Papa. Es war mir ein Vergnügen, dich endlich persönlich kennen zu lernen, Eve. Du bist eine hinreißende Stiefmutter.«
»Schluss jetzt damit. Was bildest du dir eigentlich ein? Wohin willst du denn gehen?«, knurrte Mason Lord. Während ihrer Jugend hatte er unzählige Male diesen harten Tonfall angeschlagen. Sie wandte sich um und sagte freundlich: »Wir gehen jetzt, Papa. Es ist nur zu offenkundig, dass nur einer von uns hier wirklich willkommen ist und dass es sich bei demjenigen weder um deine Tochter noch um deine Enkelin handelt.«
»Verflucht noch mal, ich will nur wissen, was passiert ist und wie seine Pläne aussehen.«
»Was auch passiert ist und welche Pläne wir auch gemacht haben, wir haben es gemeinsam getan. Tut mir Leid, Papa, aber nur weil ihr Männer seid, heißt das noch lange nicht, dass ihr mich herumkommandieren könnt.«
»Wenn kein Mann dagewesen wäre, würde dich Louey heute noch zu Tode prügeln.«
Molly war sich im Klaren darüber, dass Emma das gehört hatte. »Genug jetzt«, sagte sie so ruhig wie möglich. »Lass es gut sein.«
Mason beobachtete, wie das kleine Mädchen sich offenbar verwirrt umdrehte und ihn anstarrte. Er sah, dass sie es jetzt noch nicht begriff, es aber schon bald tun würde. Er bemerkte, wie sie ihrer beider Hände umklammerte. Hatte Molly sich jetzt schon Ramsey Hunt als Liebhaber geangelt? Trotz der Anwesenheit ihrer Tochter?
An Richter Hunt gewandt, bemerkte er: »Verflucht, kommen Sie zurück. Unter gar keinen Umständen verlassen Sie mein Haus und nehmen die beiden mit. Abgesehen davon sind angesichts Ihres Bekanntheitsgrades Ihre Chancen, hier unerkannt wegzukommen, praktisch null.«
Plötzlich erhob sich Eve aus ihrem Sessel. Sie lächelte sie alle gleichermaßen freundlich an und sagte mit der einnehmenden Stimme einer Gastgeberin: »Wie wäre es mit noch etwas Limonade? Danach fühlen wir uns alle gleich viel wohler.«
Es war ein langer Tag gewesen, ein viel zu langer Tag ohne Ingrid. Louey Santera rieb sich den schmerzenden Nacken.
Sein Auftritt hatte ihn beflügelt, den Applaus der Menge hatte er immer noch im Ohr. Doch wie gewohnt fiel er, nachdem alles vorbei war, in ein tiefes Loch. Er brauchte unbedingt Ingrids Hände auf seinem Körper.
Doch er hatte Ingrid den Tag freigegeben. Sie war bei ihren Eltern in Frankfurt. Vielleicht würde eines der Groupiemädchen ihn massieren wollen. Er öffnete die Tür.
»Alenon!
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