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Vergeben, nicht vergessen

Titel: Vergeben, nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Hierher!«
    Ein hagerer junger Mann mit Pickeln und strähnigem blondem Haar steckte den Kopf um die Ecke. »Ja bitte, Chef?« Selbst seine Stimme war piepsig und ohne jede Tiefe.
    »Hol mir eines von den Mädchen, eine, die was davon versteht, wie man mir Nacken und Schultern massiert.«
    In fünf Minuten kam Alenon mit einer kleinen Schwarzhaarigen zurück, die nicht älter als sechzehn sein konnte. Sie wirkte wie ein Kind. Gehörte sie zu den Groupies, die ihm wie eine Horde Welpen hinterherreisten? Er hatte sie noch nie gesehen.
    »Das ist Karolina, Chef. Sie behauptet, ihre Mutter sei Masseuse und sie kenne sich aus.«
    Louey blickte dem Mädchen in die Augen. Sie mochte zwar sechzehn Jahre alt sein, besaß aber noch keine sechzehn Jahre Lebenserfahrung. Er nickte. »Hallo, Karolina. Kannst du mir helfen?«
    In ausgezeichnetem Englisch antwortete sie: »Es ist mir ein Vergnügen, Ihnen zu helfen, Herr Santera. Wie geht es Ihrer Tochter? In der Zeitung habe ich gelesen, sie sei entführt worden.«
    Was ging hier vor? »In welcher Zeitung?«, erkundigte sich Louey Santera.
    »In der Berliner Zeitung, in einem Artikel über Sie. Ganz am Schluss war ein Satz, dass Ihre Tochter entführt worden ist. Die Reporterin schrieb, es sei irgendwo im Wilden Westen von Amerika passiert. Das tut mir sehr Leid.«
    Wie hatte die Reporterin davon Wind bekommen? Sie hatte doch nicht ihm zuhören und sich Notizen machen können, während sie ihre Beine um ihn geschlungen hatte. Da war einfach keine Zeit gewesen, so etwas herauszufinden. Er hatte zwar etwas von Emma gemurmelt, aber noch nicht einmal einen vollständigen Satz. Sie musste in Denver angerufen haben. Er wandte sich Karolina zu. »Du sprichst ein besseres Englisch als diese Reporterin.«
    »Meine Mutter ist Amerikanerin.«
    »Ach so«, erwiderte Louey und rieb sich den Nacken. Er beobachtete, wie Karolina sehr kompetent die Massagebank mit einem weichen Flanell-Laken abdeckte. Sie trat zurück. Louey lächelte. Langsam zog er sich aus. Sie sagte kein Wort. Als er sich die Boxershorts herunterzog, trat sie vor und hielt ihm ein großes Handtuch hin.
    Während sie ihm die Füße massierte, fragte sie: »Ich bin Mitglied im Al-Anon. Das ist eine Selbsthilfegruppe für Kinder von Alkoholikern. Warum rufen Sie Rudy mit diesem Namen?«
    Rudy. War das der Name des Jungen? In der Bauchlage zuckte er nur leicht mit den Schultern. »Weil es mich belustigt.«
    »Verstehe«, erwiderte Karolina und trat um den Tisch herum. Er fühlte, wie sich ihre Hände in seine Schultern gruben, und schloss die Augen.
    Es war die beste Massage seines Lebens. Als er zwei Stunden später erwachte, war Karolina verschwunden.
    Alenon stand da und beobachtete ihn. Wie lange schon? Hatte er geschnarcht? War ihm die Spucke aus dem Mund gelaufen? »Was willst du?«
    »Ich habe eine Nachricht von einem Herrn Lord für Sie.«
    »Nicht doch«, brummte Louey, richtete sich auf und zog das Laken bis zur Taille hoch. »Wann hat er angerufen? Was wollte er?«
    »Es war jemand, der im Auftrag von Herrn Lord angerufen hat. Er sagte, er müsse nicht mit Ihnen persönlich sprechen. Er ließ ausrichten, dass Ihre Tochter wieder in Sicherheit ist, dass sie bei Herrn Lord zu Hause ist. Mehr nicht.«
    Rudy Brinker beobachtete, wie einer der begabtesten Männer der Welt seinen Kopf auf die Hände sinken ließ. Er machte einen traurigen, gebrochenen Eindruck. Doch seine Stimme, als er zu sprechen ansetzte, war gemein. Rudy hörte seinem Fluchen kurz zu, dann verließ er leise das Zimmer. Er lief den Flur entlang zu Herrn Murdocks Zimmer und klopfte zweimal.
    Der hässlichste Mann, den Rudy jemals gesehen hatte, öffnete die Tür.

14
    Mason Lord ließ den tief goldenen Brandy in seinem Waterford-Glas kreisen und beobachtete, wie die Flüssigkeit das Glas leicht überzog. Dieser Brandy war vorzüglich, umhüllte beim Schlucken sowohl die Zunge als auch den Gaumen. Er genehmigte sich ein Glas am Tag, nach dem Abendessen.
    Eve saß auf dem Sofa und sah fern. Es musste eine dieser vollkommen schwachsinnigen Gameshows sein, etwas Ähnliches wie Glücksrad, nur noch schlimmer. Doch obwohl er schon vor seiner Heirat nichts als Verachtung für ihren Geschmack empfunden hatte, verspürte er für ihren Körper nichts als Lust. Und in seiner Vorstellungswelt konnte Verachtung noch nicht einmal ansatzweise mit Lust konkurrieren.
    Sie blickte auf. Offenbar lief eine Werbeunterbrechung. »Was wirst du mit ihnen anstellen, Mason?«
    Er

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