Vergeben, nicht vergessen
korrupt, ein gerader Pfeil, wie sie sich ausdrücken.«
Mehr konnte Ramsey nicht verstehen. Ein unverbogener Pfeil sollte er sein? Das gefiel ihm.
Neben ihm lachte Riley O’Connor auf. »Das ist wirklich eine Sache für uns, Richter Hunt. Tut mir echt Leid, dass jetzt alles auffliegen wird, die Entführung des Kindes, dass Sie bis in den Westen hinein verfolgt wurden, und nun noch das hier. Sowohl Fakten als auch Vermutungen. Aber Sie kennen ja aus eigener Erfahrung das Gefühl, im Scheinwerferlicht der Medien zu stehen. Sie können als Teufel oder aber als Heiliger dargestellt werden, abhängig von den Vorlieben des betreffenden Reporters und je nachdem, wie nett Sie sich ihm gegenüber verhalten haben. Was die Fotografen betrifft, da wette ich, dass Sie manche von ihnen einfach verprügeln wollen.«
»Und ob«, erwiderte Ramsey. Er erinnerte sich an den in den Büschen versteckten Paparazzo, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte und dessentwegen er sich in die Rockies verzogen hatte, wo er Emma gefunden und herausgefunden hatte, dass seine eigenen Probleme eigentlich gar nicht so schwer wogen. »Andererseits muss diese Sache auch ans Tageslicht kommen. Ich möchte, dass die Presse ihren Spaß hat, und ich werde sie höchstpersönlich anfeuern.«
»Warum?« Detektiv O’Connor legte den Kopf zur Seite und musterte Ramseys Gesicht.
»Aus einem Grund: um Emma zu schützen. Vielleicht werden ihre Verfolger sie laufen lassen, wenn die ganze Welt weiß, dass hier irgendeine Art von Verschwörung im Spiel ist und dass die Presse sich überall einmischen wird.«
»Verschwörung?«
Ramsey lächelte ihn lediglich an. »Eine Sekunde noch, Sir.«
Sie betraten das Arbeitszimmer, und Ramsey schloss hinter ihnen die Tür. Sein Rücken begann zu schmerzen. Er musste wohl ein wenig zusammengezuckt sein, denn Detektiv Riley O’Connor sagte: »Wie ich gehört habe, haben Sie am Rücken eine ziemliche Verletzung erlitten.«
»Ja, ein Stück brennender Autositz. Aber nicht so schlimm wie die Verletzung von Frau Santera am Arm. Es ist halt auf mich gefallen, hat meine Haut jedoch kaum verletzt. Frau Santera ist im Moment bei ihrer Tochter.« Noch während er sprach, klopfte es an der Tür. Molly erschien, blass und den Arm in der Schlinge, die Haare wild um ihr schmales Gesicht. Ihre Augen waren groß und ruhig und sehr grün, ohne auch nur eine Spur von Grau. Zum ersten Mal fiel ihm auf, dass sie eine Andeutung von Sommersprossen quer über der Nase hatte. Das gefiel ihm.
Er spürte, dass sie kurz vor dem Zusammenbruch stand. Er trat einen Schritt auf sie zu und hielt inne. »Molly, was machst du hier? Ist mit Emma alles in Ordnung?«
Sie hob die Hand und berührte mit den Fingerspitzen sanft seine Lippen. »Alles in Ordnung, Emma geht es gut. Sie schläft, sonst hätte ich sie jetzt nicht allein gelassen. Miles passt auf sie auf. Ich wollte gerne mit der Polizei sprechen und ihnen alles sagen, was ich weiß. Es gibt keinen Grund, weswegen sie das alles noch einmal mit mir wiederholen sollten. Abgesehen davon gehe ich davon aus, dass du und ich die einzigen beiden zu einer Aussage bereiten Zeugen in diesem Haushalt sind. Wenn wir dem Herrn die ganze Geschichte erzählen, können wir uns gegenseitig ergänzen, falls einer von uns beiden etwas vergessen sollte.« Sie trat vor und streckte ihre Hand aus. »Ich bin Molly Santera.«
Detektiv O’Connor schien verwirrt. »Der Tote - Louey Santera, der Rockstar - er war Ihr Mann?«
»Ex-Mann. Louey und ich sind seit zwei Jahren geschieden. «
»Molly, möchtest du einen Brandy?«
Sie wollte gerade den Kopf schütteln, hielt jedoch inne. »Weißt du, das könnte jetzt genau das Richtige sein.«
Ramsey schenkte ihnen allen dreien einen kleinen Brandy ein. Detektiv O’Connor lächelte ihn an, warf dem Brandy einen bedauernden Blick zu und meinte: »Vielen Dank, vielleicht später.«
»Das wird ein Weilchen dauern, Sir.«
O’Connor zog ein Tonbandgerät aus der Manteltasche. »Darf ich die Unterhaltung aufnehmen? Das wäre wohl das Beste.« Sie hörten ihm zu, wie er sich identifizierte, dann das Datum und den Ort aufsprach. Dann sagte er mit deutlicher Stimme: »Was ich über die Medien bereits gesagt habe, Richter Hunt, ist, dass der Tod von Herrn Santera sicherlich ein ebenso heftiges Medieninteresse auslösen wird wie seinerzeit das Verfahren gegen O. J. Simpson in Los Angeles. Wenn all die Details über die Entführung Ihrer Tochter, Frau Santera, ans Tageslicht
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