Vergebung
gefunden hatte. Das Gespräch wurde auf Kurdisch geführt. Mikael sah an Kurdos Gesichtsausdruck, dass es mit den üblichen Begrüßungsfloskeln und höflicher Konversation begann. Dann wurde Kurdo ernst und erklärte sein Anliegen. Nach einer Weile wandte er sich an Mikael.
»Wann möchtest du ihn treffen?«
»Am Freitagnachmittag, wenn es geht. Frag ihn, ob ich ihn zu Hause besuchen darf.«
Kurdo redete ein bisschen weiter, bevor er das Gespräch beendete.
»Idris wohnt in Angered«, erklärte Kurdo Baksi. »Hast du die Adresse?«
Mikael nickte.
»Er ist am Freitagnachmittag um fünf zu Hause. Du bist ihm willkommen.«
»Danke, Kurdo«, sagte Mikael.
»Er arbeitet als Reinigungskraft im Sahlgrenska-Krankenhaus«, fuhr Kurdo Baksi fort.
»Ich weiß«, entgegnete Mikael.
»Ich habe über die Zeitung automatisch mitbekommen, dass du in diese Salander-Geschichte verwickelt bist.«
»Das stimmt.«
»Sie ist angeschossen worden.«
»Genau.«
»Ich bilde mir ein, dass sie im Sahlgrenska liegt.«
»Stimmt auch.«
Kurdo war klar, dass Mikael irgendetwas ausheckte, denn dafür war er bekannt. Er kannte Mikael seit den 80er-Jahren. Sie waren immer die besten Freunde gewesen und hatten sich nie gestritten, und Mikael war immer eingesprungen, wenn Kurdo ihn um einen Gefallen bat. Im Laufe der Jahre hatten sie auch das eine oder andere Gläschen zusammen getrunken, wenn sie sich auf einer Party oder in der Kneipe begegneten.
»Werde ich da in irgendwas mit reingezogen, wovon ich wissen müsste?«, erkundigte sich Kurdo.
»Du wirst nicht mit reingezogen. Nein, nein. Du sollst mich nur einem deiner alten Bekannten vorstellen. Und ich wiederhole noch einmal … ich werde Idris Ghidi um nichts Illegales bitten.«
Kurdo nickte. Diese Beteuerung reichte ihm. Mikael stand auf.
»Ich bin dir einen Gefallen schuldig.«
»Wir sind uns immer einen Gefallen schuldig«, entgegnete Kurdo Baksi.
Henry Cortez legte auf und trommelte so laut mit den Fingern auf der Tischkante herum, dass Monika Nilsson irritiert die Brauen hochzog und ihm einen zornigen Blick zuwarf. Sie stellte fest, dass Henry ganz in Gedanken versunken war. Aber da sie allgemein gereizt war, beschloss sie, ihre schlechte Laune nicht an ihm auszulassen.
Monika Nilssons Gereiztheit war nicht darauf zurückzuführen, dass sie sich übergangen fühlte oder gern den Job der anderen ausgeübt hätte. Ihre Aufgabe bestand darin, die Regierung, den Reichstag und die staatlichen Behörden für Millennium im Auge zu behalten. Außerdem hatte sie jede Menge anderer Verpflichtungen, wie eine allwöchentliche Kolumne für eine Gewerkschaftszeitung und diverse ehrenamtliche Tätigkeiten bei Amnesty International. Ein Chefredakteursposten bei Millennium gehörte nicht dazu, und ebenso wenig ein Zwölfstundenarbeitstag, der auch vor Feiertagen und Urlaub nicht haltmachte.
Sie spürte jedoch, dass sich bei Millennium etwas verändert hatte. Auf einmal kam ihr die gesamte Zeitschrift fremd vor. Und sie konnte nicht so recht bestimmen, woran es eigentlich lag.
Mikael Blomkvist war wie immer nicht ansprechbar, verschwand zu geheimnisvollen Reisen und kam und ging, wie es ihm passte. Er war ja auch Teilhaber von Millennium und konnte selbst entscheiden, was er tun wollte, aber ein bisschen Verantwortungsgefühl sollte man doch wohl verlangen können.
Christer Malm war der andere Teilhaber und ungefähr genauso hilfreich, da er derzeit Urlaub machte. Zweifellos war er talentiert und als Redakteur hin und wieder eingesprungen, wenn Erika Berger im Urlaub oder anderweitig beschäftigt war, aber meistens führte er nur aus, was andere beschlossen hatten. Was grafische Gestaltung und Präsentationen betraf, war er brillant, doch wenn es um die Planung einer Zeitschrift ging, war er vollkommen nutzlos.
Monika Nilsson runzelte die Stirn.
Nein, sie war ungerecht. Doch die Atmosphäre in der Redaktion hatte sich spürbar verändert. Mikael arbeitete mit Malin und Henry zusammen, und alle anderen blieben irgendwie außen vor. Die drei hatten einen Geheimzirkel gebildet, der sich ihn Erikas Zimmer … in Malins Zimmer einsperrte und hinterher schweigend wieder herauskam. Unter Erika war die Zeitschrift immer ein Kollektiv gewesen.
Kurz und gut, Monika war leicht verärgert. Sie brauchte Urlaub. Sie musste mal ein bisschen rauskommen. Sie sah, wie Henry Cortez sein Cordsakko anzog.
»Ich geh mal kurz raus«, sagte er. »Kannst du Malin ausrichten, dass ich zwei Stunden weg
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