Vergebung
bin?«
»Was ist passiert?«
»Ich glaube, ich hab da eine Story im Visier. Eine richtig gute Story. Über Toilettenschüsseln. Ich will noch ein paar Sachen überprüfen, aber wenn das alles klappt, haben wir einen tollen Artikel für das Juniheft.«
»Toilettenschüsseln?«, fragte Monika Nilsson und sah ihm stirnrunzelnd nach.
Erika Berger biss die Zähne zusammen und ließ den Text über die bevorstehende Gerichtsverhandlung gegen Lisbeth Salander langsam sinken. Es war nur ein kurzer Artikel, ein Zweispalter, der auf Seite 5 der Inlandsnachrichten erscheinen sollte. Sie betrachtete den Text eine Weile und schob die Lippen vor. Es war Donnerstag, 15 Uhr 30. Mittlerweile arbeitete sie seit zwölf Tagen bei der SMP . Sie griff zum Hörer und rief den Nachrichtenchef Anders Holm an.
»Hallo. Hier ist Berger. Könnten Sie bitte den Reporter Johannes Frisk suchen und sofort mit ihm in mein Zimmer kommen?«
Sie legte auf und wartete geduldig, bis Holm mit Johannes Frisk im Schlepptau in ihren Glaskasten geschlendert kam. Erika warf einen Blick auf ihre Armbanduhr.
»Zweiundzwanzig«, sagte sie.
»Was?«, fragte Holm.
»Zweiundzwanzig Minuten. Sie haben zweiundzwanzig Minuten gebraucht, um von Ihrem Tisch aufzustehen, die fünfzehn Meter zu Johannes Frisks Schreibtisch zurückzulegen und sich mit ihm auf den Weg hierher zu machen.«
»Sie haben nicht gesagt, dass es eilig wäre. Ich hab alle Hände voll zu tun.«
»Ich habe nicht gesagt, dass es eilig wäre? Ich sagte ›sofort‹, und damit meine ich nicht heute Abend oder nächste Woche oder wann immer es Ihnen gefällt, Ihr Hinterteil vom Stuhl zu erheben.«
»Hören Sie, ich finde …«
»Machen Sie die Tür zu.«
Sie wartete, bis Anders Holm die Tür zugezogen hatte. Erika musterte ihn schweigend. Er war zweifellos ein äußerst kompetenter Nachrichtenchef, der dafür sorgte, dass die Seiten der SMP täglich mit den richtigen Texten gefüllt wurden, einleuchtend zusammengestellt und in der Anordnung und in der Breite, auf die man sich in der morgendlichen Besprechung geeinigt hatte. Anders Holm jonglierte also täglich mit einer kolossalen Menge verschiedener Aufgaben. Und er hielt immer alle Bälle in der Luft.
Das Problem mit Anders Holm war nur, dass er konsequent jede Entscheidung ignorierte, die von Erika Berger getroffen wurde. Zwei Wochen lang hatte sie nach einer Formel gesucht, wie sie mit ihm zusammenarbeiten könnte. Sie hatte freundlich mit ihm geredet, es mit direkten Anweisungen probiert, ihn ermuntert, selbst umzudenken, und im Großen und Ganzen nichts unversucht gelassen, um ihm zu verstehen zu geben, wie die Zeitung umgestaltet werden sollte.
Nichts hatte gefruchtet.
Der Artikel, den sie am Nachmittag verworfen hatte, landete irgendwann am Abend, wenn sie nach Hause gegangen war, doch wieder in der Zeitung. Ein anderer Artikel ist rausgefallen, und ich musste die Lücke irgendwie füllen.
Die Schlagzeile, die Erika ausgesucht hatte, wurde plötzlich durch eine andere ersetzt. Es war nicht immer die falsche Wahl, aber sie wurde jedes Mal ohne Rücksprache mit Erika getroffen. Und das auf eine demonstrative und herausfordernde Art.
Es waren immer Kleinigkeiten. Die Redaktionskonferenz um 14 Uhr wurde plötzlich auf 13 Uhr 50 vorverlegt, ohne dass man sie darüber informierte, und die meisten Entscheidungen waren schon gefallen, wenn sie endlich dazukam. Entschuldigung … in der Eile hab ich ganz vergessen, Ihnen Bescheid zu geben .
Beim besten Willen konnte Erika Berger nicht begreifen, warum Anders Holm sich ihr gegenüber so verhielt, aber sie stellte fest, dass sanfte Gespräche und freundliche Verweise nicht funktionierten. Bis jetzt hatte sie vor den anderen Redaktionsmitgliedern nie eine Diskussion angefangen, sondern versucht, ihrem Ärger nur in vertraulichen Einzelgesprächen Luft zu machen - ohne Erfolg. Daher war es jetzt an der Zeit, deutlicher zu werden, und zwar in Anwesenheit von Johannes Frisk, was eine Garantie dafür war, dass dieses Gespräch in der ganzen Redaktion die Runde machen würde.
»Als ich hier anfing, habe ich betont, dass ich ein besonderes Interesse an allem habe, was mit Lisbeth Salander zu tun hat. Ich habe erklärt, dass mir alle geplanten Artikel zur Genehmigung vorgelegt werden müssen. Und ich habe Sie mindestens ein Dutzend Mal daran erinnert, zum letzten Mal bei der Redaktionskonferenz letzten Freitag. Warum richten Sie sich nicht danach?«
»Alle Texte, die geplant oder in
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