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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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dass die drei Geschwister sein mussten. Das hat mir die Augen
geöffnet, hier lag das Motiv. Zunächst habe ich angenommen, dass John Mathiesen
Annas Vater war und dass er der Mörder ist. Es dürfte seinem Image gewaltig
schaden, wenn herauskäme, dass er ein uneheliches Kind hat. Ich muss zugeben,
es hat mich total überrascht, dass Jane die Morde begangen hat«, sagte sie und
spürte, wie die Müdigkeit sie übermannte.
    »Das überrascht uns alle«, sagte Michael.
    »Jane Mathiesen konnte mit der Wahrheit nicht leben. Sie muss in
ihrem Innersten erschüttert gewesen sein, als Anna vor ihr gestanden und ihr
erklärt hat, dass sie ihre Tochter war. Es ist ja auch ein seltsamer Zufall,
dass sie mit ihren ›neuen‹ Eltern in Ringkøbing gelandet ist. Jane war klar,
dass sie alles verlieren würde, wenn herauskäme, was sie getan hatte. Sie würde
ihren Mann verlieren, ihre Eltern, die Gemeinde, ihren guten Ruf, ja ihr ganzes
Leben. Sie hatte das Gefühl, handeln zu müssen, und deshalb hat sie auch nichts
bereut.«
    Einen Augenblick schwiegen sie und beobachteten den Verkehr.
    »Willst du dich im Spiegel sehen?«, fragte Michael und ging zum
Waschbecken, wo er einen Handspiegel holte. Er gab ihn ihr.
    Sie starrte sich sprachlos an. Ihr Gesicht war bis zur
Unkenntlichkeit angeschwollen und hatte eine fast violette Farbe angenommen. In
beiden Nasenlöchern saßen mit Blut durchtränkte Wattebäusche, die Lippen waren
dick von den Schlägen. Sie musste lachen. Das Lachen pochte in ihrem Kopf und
die Muskeln zitterten vor Schmerzen.
    »Guten Morgen.« Teit Jørgensen kam zur Tür herein. »Wie geht es
unserer Heldin?«
    »Es geht ihr … nicht so gut, wenn man das so ausdrücken kann«,
flüsterte Rebekka und stöhnte laut, als sie versuchte, sich im Bett gerade
aufzusetzen.
    Teit Jørgensen sah sie mitfühlend an.
    »Sie haben auch ordentlich eins verpasst bekommen. Den Ärzten
zufolge haben Sie eine kräftige Gehirnerschütterung, eine gebrochene Nase, sich
heftig die linke Schulter gestoßen, rechts ein paar Rippen geprellt, einen Riss
in der Stirn, einen wackligen Schneidezahn und natürlich überall blaue Flecken.
Aber nur die Ruhe. Sie werden sich schon wieder erholen und haben wirklich
Glück gehabt, wenn man bedenkt, wie tief Sie gefallen sind.« Er sah sie ernst
an. Mehrere Nachbarn waren von dem Krach aufgewacht, als das Gerüst eingestürzt
war. Polizei und Krankenwagen waren angerückt, doch für Jane und Kenneth
Mathiesen kam jede Hilfe zu spät. Jane Mathiesen hatte sich bei dem Sturz das
Genick gebrochen, und das einstürzende Gerüst hatte den Jungen mit voller Wucht
getroffen und ihm den Brustkasten zerschmettert. Er war auf der Stelle tot
gewesen, und für einen Moment tröstete es Rebekka, dass Kenneth vermutlich
nichts gespürt hatte. Trotzdem fühlte sie sich schuldig. Teit Jørgensen bat
sie, so schnell wie möglich einen Bericht zu schreiben. Wenn dieser vorlag,
würden die Morde an Anna Gudbergsen, Lene Eriksen und Katja Korsgaard als
vollständig aufgeklärt gelten.
    »Ich habe übrigens auch mit Torsten gesprochen. Er ist krank vor
Sorge um Sie und möchte Sie gern baldmöglichst wieder in Kopenhagen haben«,
sagte Teit Jørgensen und lachte. »Obwohl ich ihm natürlich gesagt habe, dass
wir Sie gerne hierbehalten würden.«
    Das war die höchste Vertrauenserklärung, die Rebekka von Teit
Jørgensen erwarten konnte, und trotz Verbänden und Schmerzen lächelte sie.
    »Ich muss zurück.« Teit Jørgensen warf einen schnellen Blick auf
seine Armbanduhr. »Die Presse hat Lunte gerochen und läuft Amok. Wir haben um
zwei eine Pressekonferenz anberaumt. Ich hätte natürlich gern, dass Sie daran
teilnehmen, verstehe aber gut, wenn Sie sich noch nicht dazu bereit fühlen.
Zusammen mit der Anklagebehörde müssen wir auch erörtern, ob wir gegen Gert
Gudbergsen vorgehen sollen«, schloss er und klopfte gutmütig auf das Bett. In
der Tür drehte er sich noch einmal um.
    »Das hätte ich beinahe vergessen. Ihre Mutter hat andauernd bei uns
angerufen. Wir haben sie natürlich beruhigt und ihr gesagt, dass Sie auf dem
Weg der Besserung sind, aber Sie sollten sie anrufen, damit sie mit eigenen
Ohren hört, dass Sie leben.«
    »Meine Mutter hat angerufen?«, fragte
Rebekka verwundert und sah Teit Jørgensen fragend an. »Sind Sie sicher, dass
Sie nicht meinen Vater meinen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Nein, das war Ihre Mutter. Ich habe selbst mit ihr gesprochen«,
sagte er, nickte ihr zum Abschied zu

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