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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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Stimme und legt vorsichtig ihre Hand auf die breiten, rauen
Hände der Mutter. Die Mutter zieht die Hände mit einer schnellen Bewegung weg,
greift nach dem abgenutzten Lederetui auf der Wachstischdecke und zündet sich
eine Zigarette an. Sie raucht schweigend, inhaliert den Rauch bis tief in die
Lungen und stößt ihn ruhig und rhythmisch durch den Mund wieder aus. Sie ist in
ihrer Erinnerung weit fort und reagiert nicht auf das, was die Tochter ihr
erzählt.
    So ist es seit jenem Tag
in Søndervig.
    Rebekka bleibt abwartend
neben der Mutter stehen. Sie freut sich darauf, dass der Vater aus der
Werkstatt nach Hause kommt.
    Die Mutter drückt
plötzlich die Zigarette mit einer abrupten Bewegung aus, nimmt ihre Gabel und
beginnt zu essen. Die Küchenuhr tickt laut an der Wand, und auf der braunen
Soße hat sich eine Haut gebildet.
    »Iss jetzt«, sagt die
Mutter, und Rebekka zuckt zusammen beim Klang ihrer Stimme. Sie essen in
angespannter Atmosphäre zu Ende. Obwohl nur ein halber Meter zwischen ihnen
liegt, haben sie sich weit voneinander entfernt.
     
    Das Klicken des Wasserkochers brachte Rebekka zurück in
die Gegenwart. Die Mutter goss kochendes Wasser in die dunkelbraune Teekanne
und legte Servietten auf das Tablett. Ihre Hände zitterten leicht.
    »Wo wohnst du?«
    »Im Hotel Ringkøbing. Soll ich das Tablett reintragen?« Rebekka
griff nach dem Tablett, doch die Mutter winkte ab.
    »Nein, nein. Geh ruhig zu Vater ins Wohnzimmer, ich mache das.«
    Rebekka ging zurück ins Wohnzimmer. Ihr Vater sah sich eine Sendung
über Pinguine in der Arktis an. Er lächelte sie an und klopfte auf den
Lehnstuhl neben sich. Rebekka setzte sich zu ihm. Kurz darauf kam die Mutter
mit dem Tee, und der Fernseher wurde ausgeschaltet. Die Mutter schenkte Tee
ein. Ihr Mund war ein langer, schmaler Strich, und während sie den Tee tranken,
vergingen die Minuten in qualvollem Schweigen.
    »Das ist schon seltsam, dass du hier bei uns im Wohnzimmer sitzt,
Bekka – nach all den Jahren.«
    Der Vater räusperte sich und rührte energisch den Tee mit dem
Würfelzucker um. Er wirkte alt, seine Augen waren wässrig. Er sah sie gerührt
an. Rebekka nickte.
    »Das finde ich auch. Ich wünschte …« Rebekka verstummte, ihr Blick
heftete sich auf eine Fotografie von Robin. Robin sah mit einem zahnlosen
Lachen und großen ausdrucksvollen Augen in die Kamera. Rebekka wurde
schwindelig. Ihr Kopf war blutleer, und die Haut prickelte. Sie griff nach der
Teetasse, hätte beinahe etwas verschüttet, doch es gelang ihr, die Tasse zum
Mund zu führen. Langsam nippte sie an der warmen Flüssigkeit. Sie erholte sich
sogleich, das Gehirn wurde wieder mit Blut versorgt, und sie begann, von ihrer
Arbeit zu erzählen, vor allem von den letzten vierundzwanzig Stunden der
Ermittlung. Die Eltern hörten zu, der Vater war eifrig und interessiert, selbst
die Mutter taute ein wenig auf und holte sogar ein paar Kekse aus dem Schrank.
    Eine Stunde später verließ sie ihre Eltern, ihr war etwas leichter
zumute. Das war ein Anfang. Mehr konnte man nicht erwarten.

DIENSTAG, 28. AUGUST
    »Alex Pedersen hat alle
Beweise vernichtet.«
    Teit Jørgensen hatte vor Wut ein
rotes Gesicht. Rebekka hatte sich gerade eine Tasse Kaffee eingeschenkt, als er
die Morgenbesprechung einleitete und sie seinen bohrenden Blick auf sich
gerichtet fühlte.
    »Wir haben gestern Abend seine Wohnung durchsucht. Ohne Ergebnis.
Aber er hat ja auch einige Stunden Zeit gehabt, die Waffen verschwinden zu
lassen. Den Golfschläger, das Messer, ja, und das fehlende Medaillon. Die
Techniker sind noch dabei, Spuren zu sichern, es besteht also noch Hoffnung.«
    Rebekka sah sich unter den Kollegen um. Susanne starrte auf die
Tischplatte, Egon blätterte interessiert in ein paar Notizen, nur David und
Bettina sahen sie, wie sie fand, triumphierend an. Michael war offenbar noch
nicht aufgetaucht, und sie merkte, dass sie das ärgerte.
    Rebekka trank einen Schluck von dem glühend heißen, schwarzen Kaffee
und verbrannte sich die Zunge. Dann blickte sie Teit Jørgensen an. »Wir werden
ihn heute Nachmittag gehen lassen müssen, es sei denn, es tauchen noch Beweise
auf. So wie es im Moment aussieht, haben wir nichts, das eine weitere
Inhaftierung rechtfertigt. Vergessen Sie nicht, wir sollten für alles offen
sein und uns nicht auf eine bestimmte Theorie festlegen. Alex Pedersen kann der Täter sein, Tatsache ist jedoch, dass wir keine
konkreten Beweise dafür haben. Darüber hinaus bin ich der Ansicht,

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