Vergeltung
paar Freunden aus der Kirche zu einem
Bibelabend getroffen, und anschließend ist er nach Hause in seine Wohnung gefahren.
Er behauptet, dass er die Freunde erst gegen zwei Uhr nachts verlassen hat. Wir
überprüfen sein Alibi natürlich, aber es sieht nicht so aus, als würde dabei
etwas herauskommen.«
—
John Mathiesen lächelte
sie strahlend an, als er zusammen mit seiner Frau Rebekkas Büro betrat. Jane
Mathiesen schien sich dagegen deutlich unwohl zu fühlen. Sie trug ein groß
geblümtes Kleid aus einem steifen Stoff, das hochgeschlossen war und ihren kräftigen
Busen betonte. Rebekka fiel auf, dass auf ihrer Oberlippe Schweißperlen
standen. John Mathiesen, in dunkelblauem Anzug und weißem Hemd, schien dagegen
ganz entspannt zu sein und erging sich sofort in Anekdoten über das Präsidium
aus den alten Tagen.
Michael bot dem Paar eine Tasse
Kaffee an und bat sie, von Anna zu erzählen.
»Anna war eine gute Freundin des Hauses. Sie stand besonders unserem
zweitältesten Sohn, Erik, sehr nahe, aber wir haben sie natürlich alle
gemocht.«
John Mathiesen lächelte sie beide freundlich an, während er sprach,
und versuchte, sowohl mit Rebekka als auch mit Michael Augenkontakt zu halten.
Jane Mathiesen nestelte nervös an ihrem Ehering herum und nickte eifrig.
Rebekka fiel auf, dass sie große rote Flecken am Hals hatte.
»Wie fanden Sie sie eigentlich?«, fragte
Rebekka plötzlich, und Jane Mathiesen sah sie mit großen erschrockenen Augen
an.
»Anna war wirklich ein nettes Mädchen. Ja, das war sie.« Jane
Mathiesens Hand fuhr zum Kleidkragen hoch, wo sie an einer großen Brosche
herumfingerte, einem Pfau, dessen Federn mit unechten Schmucksteinen besetzt
waren. »Und Erik hat sie wirklich gemocht. Das hat uns sehr gefreut. Er ist in
ihrer Nähe förmlich aufgeblüht. Normalerweise ist er ja sehr verschlossen,
nicht wahr, John?«, sagte Jane Mathiesen und schielte zu ihrem Mann hinüber,
der zustimmend nickte.
»Wie oft war Anna bei Ihnen?«
»Sie hat uns oft mehrmals in der Woche besucht und regelmäßig
mitgegessen. Ich glaube, sie mochte manchmal einfach nicht so gerne nach Hause
gehen«, antwortete Jane Mathiesen leise.
»Was meinen Sie damit? Hatten Sie das Gefühl, dass sie Probleme zu
Hause hatte?«, fragte Rebekka.
Jane Mathiesen schüttelte schnell den Kopf, und ihre Wangen färbten
sich knallrot.
»Nein, nein, ich wollte ganz und gar nichts Negatives über die
Familie Gudbergsen sagen. Sie sind bestimmt sehr nett. Das war nur so ein
Gefühl, das ich manchmal hatte. Ich meine …« Jane Mathiesen schwieg und sah
nervös ihren Mann an. »Entschuldigung, vergessen Sie es. Ich habe das eben
nicht so gemeint. Ich bin mir sicher, dass alles in Ordnung war.«
John Mathiesen nickte kurz, bevor er das Gespräch wiederaufnahm.
»Erik und sie haben sich oft im Café Himmelblå getroffen, sie haben
beide dort gearbeitet und oft dieselbe Schicht gehabt«, sagte er.
»Was für ein Mensch war Anna?«, fragte Rebekka und trank einen
Schluck Kaffee. Er war bitter, weil er so lange in der Thermoskanne gestanden
hatte, und ihr Mund verzog sich zu einer Grimasse.
»Sie war zweifellos ein hübsches Mädchen. Und so aufgeweckt. Sie
wirkte so erfahren …« John Mathiesen kam ins Stocken und senkte schnell den
Blick. »Also, lebenserfahren, älter als erst zweiundzwanzig.«
»Anna war ganz bestimmt ein nettes Mädchen«, fügte Jane Mathiesen
hinzu. »Sie war auch richtig lieb zu unserem Kenneth, das muss man ihr lassen,
und Kenneth hat sie vergöttert.«
Sie lachte nervös bei der Erinnerung.
»Sie war drei Jahre älter als Erik. Das ist viel in dem Alter. Was
glauben Sie, warum sie sich für ihn interessiert hat?«, fragte Michael.
Sie sahen ihn beide nachdenklich an.
»Unser Erik ist auch recht reif für sein Alter, und er ist ein
ruhiger Typ, der gut zuhören kann. Wir haben ihn zur Nächstenliebe erzogen.
Vielleicht hat Anna das gebraucht«, antwortete John Mathiesen.
»Was hat es für Sie bedeutet, dass Anna nicht Ihrer Kirche
angehörte?«
Beide Eheleute schwiegen einige Sekunden, bevor John Mathiesen
antwortete: »Anna kannte unseren Glauben und unsere Regeln. Und die hat sie
respektiert. Sie und Erik waren gute Freunde, und das war in Ordnung. Auf lange
Sicht kam eine Beziehung natürlich nicht infrage.«
»Warum nicht?«
»Weil die Kirche uns alles bedeutet und wir unsere gesamte Zeit Gott
widmen. In einer Ehe muss man die gleiche Basis haben, sonst geht es nicht.«
Rebekka biss sich
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