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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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und die warme Sommersonne
genossen, während sie Cola light tranken und sich über das Aussehen der anderen
Badegäste lustig machten. Katja hatte die Vertrautheit genossen. Während der
Schulzeit hatten sie und Mia immer um die Position der »besten Freundin« gewetteifert,
nur um feststellen zu müssen, dass Anna wie ein ungleichgewichtiges Pendel
zwischen ihnen hin und her schwang. Man konnte sie nicht festhalten, wie Sand,
der einem zwischen den Fingern zerrinnt. Anna hatte sie mit ihren großen
mandelförmigen Augen angesehen.
    »Du bist die Einzige, der ich vertraue, Katja.«
    Katja hatte das Buch mit nach Hause genommen und unter der Matratze
versteckt. Jetzt schien es in ihrer Hand zu brennen. Was wohl darin stand? Sie
war überzeugt, dass es etwas Wichtiges sein musste, da Anna sie gebeten hatte,
es bei sich zu verstecken. Katjas Mund wurde vor Angst ganz trocken. Vielleicht
sollte sie es der Polizei übergeben? Andererseits würden sie bestimmt wütend
werden, wenn sie erfuhren, dass das Tagebuch schon so lange in ihrem Besitz
war. Ob man sie dafür belangen konnte? Angst wallte in ihr auf. Schnell fasste
sie einen Entschluss. Sie würde es lesen. Niemand vermisste es. Anna war das
jetzt gleichgültig, und wenn sie, Katja, zu dem Schluss kam, dass etwas von
Interesse für die Polizei darin stand, konnte sie ihnen das Tagebuch immer noch
übergeben. Anonym vielleicht. Entschlossen stand sie auf und ging in die Küche,
um eine große Kanne Tee aufzubrühen. Sie starrte in den kleinen Hof hinunter,
der grau in der zunehmenden Dämmerung lag. Mia hatte Abenddienst in der Tankstelle
und unter der Wohnung waren nur Geschäfte, die jetzt alle geschlossen hatten.
Katja machte den Tee, nahm ihn mit in ihr Zimmer und schloss sorgfältig die
Tür. Aus einer Kommodenschublade holte sie einen kleinen Schraubenzieher, mit
dem sie das Schloss zu knacken versuchte. Nach wenigen Minuten hatte sie
Erfolg, und Seite um Seite mit Annas geschwungener Handschrift tat sich vor ihr
auf. Hinten im Buch lag ein Stück Papier – eine Art Dokument. Sie faltete es auseinander
und las. Es war eine Art Vertrag, abgeschlossen zwischen Gert Gudbergsen und
einem Mann namens Gösta Svensson. Gert Gudbergsen hatte Gösta Svensson, Hjalmar
Söderbergs Väg 15, 11 252 Stockholm, zweihunderttausend schwedische Kronen
bezahlt. Der Brief war auf den 3. März 1985 datiert. Katja runzelte die Stirn.
Annas Geburtstag. Was mochte Gert Gudbergsen wohl gekauft haben, das so teuer
gewesen war?
    —
    Es war fast elf Uhr
abends, und die Polizisten sahen sich im unbarmherzigen Neonlicht des
Supermarkts erschöpft an. Sie hatten zweihundertfünfzehn Menschen verhört und
hundertneunundzwanzig Autos durchsucht, ohne Resultat. Rebekka seufzte und
streckte sich, dass es knackte. Ein Bein war eingeschlafen, und ihr Magen
knurrte. Trotz der vielen Befragungen hatten sie niemanden gefunden, der sich an
Anna Jelager erinnerte. Verschiedene Zeugen bestätigten, dass sie gesehen hatten,
wie Katrine Jelager schreiend durch den Supermarkt gelaufen war, und mehrere
meinten auch, dass sie leicht verstört gewirkt habe. Eine Zeugin, eine ältere
Frau, ging sogar so weit zu behaupten, dass das Kind ein Phantasiegebilde sei,
ein anderer Zeuge meinte, Katrine Jelager habe das Mädchen vermutlich selbst
umgebracht und die Leiche in den Fjord geworfen. Teit Jørgensen klatschte in
die Hände, und die Polizisten drehten sich aufmerksam zu ihm um.
    »Wir verlassen jetzt den Tatort. Ich
habe mehrere Streifenwagen und eine Hundestaffel eingesetzt, um nach Anna
Jelager zu suchen. Außerdem versuchen wir, den Vater des Kindes und andere
wichtige Familienmitglieder ausfindig zu machen. Die Techniker sind
eingetroffen, wir anderen fahren zu einem weiteren Briefing zurück ins
Präsidium.«
    Rebekka hatte kaum den gläsernen Eingangsbereich von Bilka erreicht,
als sie auch schon von einer Meute von Journalisten in Empfang genommen wurde.
Zeitungsreporter und Reporter der Onlinepresse waren zahlreich erschienen und
bombardierten sie mit Fragen. »Schläft die Polizei zurzeit?« »Kann man von
einer dänischen Madeleine-Geschichte sprechen?« oder »Noch eine Anna?« Die
zahlreichen Mutmaßungen waren phantasievoll, und Rebekka antwortete so gelassen
und sachlich wie möglich und versuchte, angesichts der vielen Blitzlichter die
Ruhe zu bewahren. Teit Jørgensen tauchte hinter ihr auf, und die Journalisten
ließen von ihr ab und warfen sich auf ihr neues Opfer wie eine Horde

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