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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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Schürze in den Händen. Sonja Bækkegaard hatte große Hände, stellte
Michael fest, grobe, rote Hände, und innerlich fröstelte es ihn.
    —
    »Kristian Mathiesen lügt.«
Michael knallte die Tasse mit warmem Kaffee auf den Tisch. »Seine Großeltern,
Sonja und Knud Bækkegaard, haben mir gerade erzählt, dass der Knabe überlegt
hat, Golf spielen zu lernen, und dass er vor einigen Monaten mit seinem
Großvater draußen in der Laube war, um sich die alten Golfschläger anzusehen.«
    Rebekka stieß einen lauten Pfiff
aus.
    »Gerade eben hat er beteuert, er hätte nicht die leiseste Ahnung,
dass die Großeltern ihre Golfschläger in der Laube aufbewahren. Sehr
merkwürdig, er kann sich doch eigentlich ausrechnen, dass wir unsere Informationen
miteinander abgleichen«, sagte sie und nippte an ihrer Kaffeetasse. Das Telefon
auf ihrem Schreibtisch klingelte. Es war Albæk, der mitteilte, dass Erik
Mathiesen da war. Rebekka hatte ihn gebeten, noch einmal ins Präsidium zu
kommen, da sie ihn für den Typ Mensch hielt, für den man sich etwas Zeit nehmen
musste.
    Erik studierte einen alten Stadtplan von Ringkøbing, der in der
Rezeption an der Wand hing, und schien sich von dem Gewimmel von uniformierten
Polizisten und einem betrunkenen jungen Mann, der herumschrie und trotz der
Handschellen versuchte, um sich zu schlagen, nicht beeindrucken zu lassen.
    »Hallo, Erik.« Michael nickte ihm freundlich zu, und der Junge
zuckte gleichgültig die Schultern und folgte ihm hoch ins Büro, wo Rebekka
wartete.
    »Wie geht es Ihnen, Erik?« Rebekka sah ihn forschend an, und er
zuckte erneut die Schultern und setzte sich schwerfällig an den abgenutzten
Tisch. Er saß still da und starrte auf die Tischplatte. Rebekka bot ihm eine
Cola an, die er mit einem leisen Murmeln annahm. Sie holte eine Packung
Zigaretten aus der Schublade und schob sie ihm hin. Er warf ihr einen kurzen
Blick zu, der so etwas wie Dankbarkeit ausdrückte, dann zündete er sich eine
Zigarette an, inhalierte tief und blies den Rauch langsam aus.
    »Erik, wir müssen Ihnen noch ein paar Fragen stellen, um mehr über
Ihr Verhältnis zu Anna zu erfahren.«
    Der Junge drehte die glühende Zigarette zwischen den Fingern.
    »Ich weiß nicht, was ich noch erzählen soll.«
    Er sah zu ihr hoch und wirkte aufrichtig verzweifelt.
    »Erzählen Sie uns von ihr. Wie haben Sie sich kennengelernt?«
    »Wir haben uns durch Kristian kennengelernt, er und Anna haben beide
Handball gespielt. Dann ist sie bei uns vorbeigekommen, einfach so, spontan. Kenneth
konnte sie gut leiden, er hat sich immer gefreut, wenn sie kam.« Erik lächelte
zaghaft bei der Erinnerung. Das Lächeln ließ seine Gesichtszüge weicher erscheinen,
glättete sie und machte ihn sympathischer.
    »Vor ungefähr zwei Jahren sind wir ein Paar geworden, heimlich, weil
Anna anders war als wir. Meine Eltern sind sehr strenggläubig. Das mit Freundinnen
und Sex vor der Ehe, das ist alles verboten, und Annas Eltern sind … waren auch
ziemlich streng, obwohl sie erwachsen war. Vor allem ihr Vater. Er hat sie
dauernd kontrolliert. Aber wir waren superverliebt und mit der Zeit hatten wir
es raus, Zeiten und Plätze zu finden, wo wir ungestört waren.« Er lächelte erneut,
breit und warm, wie sein Bruder hatte auch er weiße regelmäßige Zähne.
    »Sie hatten bestimmt eine wunderbare Zeit zusammen. Geheimhaltung
kann in einer Beziehung eine ganz besondere Würze sein«, sagte Rebekka und lächelte
Erik wissend an.
    »Stimmt.« Erik saugte an der Zigarette. »Wir hatten eine super Zeit
zusammen. Aber Anna war schon speziell. Sie hat mich oft angemacht, war
herausfordernd und unverfroren, und wenn wir dann so richtig in Fahrt waren,
hat sie sich zurückgezogen. Als könnte sie sich nicht entscheiden, ob sie Sex
wollte oder nicht.«
    Rebekka schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Das müssen Sie mir erklären.«
    »Ich glaube, das Ganze hat sie verwirrt. Es war zwar aufregend, dass
wir in aller Heimlichkeit ein Paar waren, aber es war auch anstrengend, weil
wir nie unsere Gefühle zeigen durften. Glücklicherweise konnten wir oft in ihr
Sommerhaus, in Sanna Gudbergsens Sommerhaus bei Søndervig. Anna hatte sich
heimlich einen Nachschlüssel besorgt. Das hat es für uns etwas entspannter
gemacht.«
    »Hat sich Annas Verhalten in der letzten Zeit verändert?«, fragte
Michael. Er merkte, dass er Lust auf eine Zigarette bekam, obwohl er schon vor
fünf Jahren zu rauchen aufgehört hatte.
    Erik zögerte kurz.
    »Vielleicht,

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