Vergeltung
im Garten
verwahrt?«
Er zögerte einige Sekunden, dann zuckte er mit den Schultern.
»Das habe ich nicht gewusst. Ich hätte aber wahrscheinlich auch
nicht darüber nachgedacht, wenn ich es gewusst hätte. In so einer Laube steht
so viel herum«, antwortete er und schloss die Tür.
—
Katja tippte die ersten
fünf Zahlen der Telefonnummer ein, dann verließ sie der Mut, und sie legte
schnell auf. Sie ließ sich in den alten gepolsterten Lehnstuhl fallen, der im
Erker stand, und sah sich in dem großen herrschaftlichen Wohnzimmer um. Die
Wohnung war schön, und sie wusste es jeden Tag aufs Neue zu schätzen, hier zu
wohnen, weit weg von dem grauen Häuserblock, in dem sie aufgewachsen war. Sie
wollte etwas Besseres, hatte schon immer »goldene Träume« gehabt, wie ihre
Mutter es auszudrücken pflegte. Katja stellte sich vor, wie sie eines Tages
allein hier wohnen würde, umschwärmt von attraktiven Männern und mit dem
Schrank voll teurer Schuhe und schicker Klamotten. Der Traum konnte jetzt
Wirklichkeit werden, wenn sie sich traute, ihren Plan in die Tat umzusetzen.
Sie sah das Telefon an, sah ihren eigenen verschwitzten Handabdruck auf dem
Hörer. Dann versuchte sie es noch einmal. Unter der ersten Telefonnummer
meldete sich trotz wiederholter Versuche niemand. Sie wählte die zweite Nummer
und hoffte, hier Erfolg zu haben. Dieses Mal meldete sich sofort jemand.
—
Sonja Bækkegaard öffnete
die Tür und bedachte Michael mit einem zornigen Blick, bevor sie ihn hereinbat.
»Ich verstehe absolut nicht, warum
Sie zu uns kommen. Wir haben nichts mit der Sache zu tun«, fuhr sie ihn gereizt
an, während sie ihn durch eine lange, dunkle Diele zu einem schönen, hellen
Büro mit Aussicht auf einen gepflegten Garten mit Obstbäumen und Rosenbüschen
führte.
Knud Bækkegaard saß mit geschlossenen Augen in einem gepolsterten
Ohrensessel und lauschte Vivaldis Vier Jahreszeiten .
Er registrierte ihre Anwesenheit nicht, bis Sonja Bækkegaard die Musik abrupt
ausschaltete.
»Du hast Besuch.«
Knud Bækkegaard schlug verwirrt die Augen auf, dann erhob er sich
langsam aus seinem Lehnstuhl und streckte Michael, der sich ihm vorstellte,
eine knochige Hand entgegen.
»Womit kann ich Ihnen helfen?« Die Stimme war tief und Raum füllend,
und Michael war froh, kein schüchterner dreizehnjähriger Konfirmand zu sein.
»Wir haben endlich die Bestätigung bekommen, dass es sich bei dem
Golfschläger, mit dem Anna Gudbergsen niedergeschlagen wurde, um Ihren handelt.«
Knud Bækkegaards Gesicht war die Verblüffung deutlich anzusehen.
»Wie bitte?«
»Es tut mir leid, aber das ist eine Tatsache. Deshalb hätten wir
gerne eine Liste der Personen, die Zugang zu der Laube haben.«
»Es wäre einfacher, die aufzuzählen, die keinen Zugang haben.« Knud
Bækkegaard machte eine ausladende Armbewegung. »Wir sind eine große Familie.
Alle kommen hierher, und wie Sie selbst sehen, können alle in den Garten. Im
Prinzip kann ihn sich jeder genommen haben.«
Sonja Bækkegaard nickte zustimmend. Sie stand in der Tür, die Arme
verschränkt und einen harten Zug um die schmalen Lippen.
»Wir achten doch nicht darauf, wer durch das Gartentor geht. Wir
haben eine Putzfrau und einen Gärtner, einen Fensterputzer und eine Menge
Gäste, sowohl aus der Gemeinde als auch alte Konfirmanden, die Knud besuchen
kommen.« Sie zögerte einen Augenblick, als wäre ihr etwas eingefallen.
»Können Sie sich erinnern, ob Sie gesehen haben, dass jemand in die
Laube gegangen ist? Es kann ruhig eine Weile her sein.« Michael sah von einem
zum anderen, beide legten das Gesicht in nachdenkliche Falten, bevor sie den
Kopf schüttelten.
»Hat jemand in der Familie Interesse an den Golfschlägern
bekundet?«, versuchte es Michael.
Das Paar sah sich lange an, und Sonja Bækkegaard kniff den Mund noch
fester zusammen.
»Kristian«, antwortete Knud Bækkegaard schließlich. Seine Frau
guckte Michael zornig an.
»Kristian hat vor ein paar Monaten danach gefragt. Er hat überlegt,
Golf spielen zu lernen, und wollte gerne die alten Schläger seines Großvaters
ausleihen. Er hat uns besucht und ist mit Knud in die Laube gegangen, um sie
sich anzusehen. Aber er hat sich keinen ausgeliehen«, sagte Sonja Bækkegaard
und fuhr etwas lauter fort: »Kristian hat nichts mit dem Mord zu tun. Dieser
Alex Pedersen hätte auch in den Garten kommen können, wenn er das gewollt
hätte. Alle konnten das«, wiederholte sie und zerknüllte die blau-weiß
gestreifte
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