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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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Migräne gelitten. Die Krankheit hatte erst ihre Klauen gelockert, als sie
Ringkøbing verlassen hatte und nach Kopenhagen gezogen war.
    »Was ist los? Sollen wir hier in der
Einfahrt stehen bleiben und Sanna Gudbergsen zu Tode erschrecken?« Michael sah
sie fragend an, und sie fischte den Autoschlüssel aus der Tasche und steckte
ihn ins Zündschloss.
    »Ich finde es verdächtig, dass es ihr plötzlich so gut zu gehen
scheint. Es ist schließlich erst knapp eine Woche her, dass sie ihre einzige
Tochter verloren hat. Kann sie es gewesen sein? Sanna, meine ich«, sagte er und
kratzte ein Stück Kaugummi am Sitz weg.
    Rebekka war der Gedanke auch schon gekommen. Sie hatte sich Sannas
heimliche Eifersucht angesichts der offensichtlichen Faszination ihres Mannes
für die Tochter vorgestellt. Die Wut über den Betrug. Dann schüttelte sie den
Kopf.
    »Das glaube ich nicht. Sie hätte nicht die Kraft dazu, weder
psychisch noch physisch.«
    »Zu dem Schluss bin ich auch gekommen«, stimmte er ihr zu, »aber
könnten Sanna und ihr Mann es nicht zusammen getan haben? Was, wenn Anna ihnen
auf die eine oder andere Weise gedroht hat, dass sie den sexuellen Missbrauch
oder den illegalen Kinderhandel auffliegen lässt?«
    Rebekka dachte nach, während ihr frühere Kriminalfälle durch den
Kopf gingen.
    »In den Fällen, in denen Eltern gemeinsam ihr Kind umbringen, ist
meistens ein Elternteil oder beide dem Kind gegenüber gewalttätig geworden und
die Gewalt ist dann eskaliert. Fast immer übt ein Elternteil die Gewalt aus,
die schließlich zum Tod des Kindes führt, während der andere ihn deckt. Mir
fällt kein Fall ein, in dem ein Elternpaar geplant hat, sein Kind zu töten.« Sie schüttelte den Kopf und fügte hinzu: »Alles
deutet darauf hin, dass der Mord an Anna Gudbergsen die Wahnsinnstat eines
Einzelnen ist.«
    »Ich weiß, dass wir die Theorie, dass Gert Gudbergsen der Täter ist,
gestern verworfen haben, aber es könnte doch sein …« Michael klang verzweifelt.
Genau wie sie brannte er darauf, die einzelnen Teile zusammenzufügen und den
Fall aufzuklären. Doch sie wusste es besser. Wenn es ihnen gelang, den Mörder
zu finden, würde das Gefühl des Triumphs ausbleiben. Das Leben eines
unschuldigen Menschen war ausgelöscht worden und durch nichts zu ersetzen.
    »Es ist jedenfalls wahrscheinlicher, dass Gert Gudbergsen seine
Tochter umgebracht hat, als dass es seine Frau getan hat. Er hat ein Motiv – er
war eifersüchtig auf die Männer in Annas Leben. Vielleicht hat er gewusst, dass
Anna und Erik planten, zusammen wegzugehen. Er wollte Anna ganz für sich haben,
er hat die Kraft, den Mord auszuüben, und was sein Alibi angeht, haben wir nur
die Aussage seiner Frau, dass er in seinem Bett gelegen hat. Aber …«, Rebekka
zog das Wort in die Länge, »wie schon gesagt, habe ich trotzdem das Gefühl,
dass er es nicht war. Der Mord ist zu brutal, ihr Gesicht wurde verunstaltet.
Das würde er seiner schönen Tochter nie antun. Aber hören wir mal, was Teit
meint. Allein aufgrund der Indizien könnte er ihn des Mordes beschuldigen.«
    Michael nickte.
    »Gut, lass uns losfahren. Schließlich wartet Arbeit auf uns, obwohl
Samstag ist. Da ist ja auch noch die kleine Anna«, seufzte er und schnallte
sich in der Erwartung an, dass Rebekka das Gleiche tun würde. Sie zögerte,
etwas hielt sie zurück. Sie warf einen schnellen Blick auf das Haus, gerade
lange genug, um zu sehen, wie sich die Küchengardine bewegte.
    »Sie beobachtet uns«, rief sie, während sie auf das Fenster zeigte.
»Komm, steig aus. Ich wusste, dass da etwas nicht stimmt.«
    Rebekka riss die Autotür auf und wenige Sekunden später war sie an
der Haustür. »Sanna, öffnen Sie die Tür. Öffnen Sie bitte die Tür.«
    Michael holte sie atemlos ein. Er glich einem großen Fragezeichen.
    »Was zum Teufel soll das, Rebekka?«
    »Nicht jetzt. Lauf zur Terrassentür. Schnell«, befahl sie ihm. Er
warf ihr einen langen Blick zu, bevor er gehorchte und zur Rückseite des Hauses
lief.
    »Die Tür ist verschlossen«, rief er kurz darauf.
    »Bleib da.« Sie schätzte die Dicke der Haustür ab, nahm Anlauf und
versetzte der Tür einen kräftigen Tritt. Ein stechender Schmerz fuhr durch
ihren Fuß, und sie verfluchte den missglückten Versuch. Erneut schlug sie fest
gegen die Tür, doch noch immer erfolgte keine Reaktion. Sie stand einen
Augenblick ratlos da und überlegte ihren nächsten Zug, als sie das Weinen
hörte. Das Weinen eines Kindes. Angst und Entsetzen

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