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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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studieren, als Lene ermordet wurde.
Wie hat ihr Tod Sie als junge Menschen beeinflusst?«
    Pias Stimme klang schwermütig.
    »Unsere Unschuld war dahin, könnte man sagen. Er hat uns alle
beeinflusst, nicht zuletzt John. Die Polizei hatte ihn im Visier, weil er sich
vor Lenes Tod oft mit ihr gestritten hatte.«
    Rebekka spitzte die Ohren. Yes, das hörte sich
vielversprechend an.
    »Worüber haben sie gestritten? John war zu dem Zeitpunkt doch mit
Jane zusammen.«
    »Ja, aber ich glaube, dass Lene versucht hat, ihn zurückzugewinnen.
Sie hat alles getan, um ein schlechtes Licht auf Jane zu werfen.«
    Rebekka war verwirrt.
    »Ich dachte, dass Lene und Jane Freundinnen waren?«
    »Das waren sie auch«, antwortete Pia, »aber sie waren auch beide
sehr in John verliebt.«
    »Wie hat John darauf reagiert, von zwei Frauen angebetet zu werden,
die darüber hinaus noch Freundinnen waren?«
    Pia zögerte.
    »Anfangs fühlte er sich bestimmt geschmeichelt, wie wohl die meisten
jungen Leute in einer solchen Situation, aber mit der Zeit hat es ihn belastet.
Er hat sich schließlich für Jane entschieden, und im Rückblick glaube ich auch,
dass das die richtige Wahl für ihn war.«
    »Können Sie das näher erläutern?«
    »Jane ist eine gute Pfarrersfrau. Ruhig, realistisch und sehr
hilfsbereit. Außerdem ist John von seinen Schwiegereltern immer der Rücken
gestärkt worden. Sie haben ihn unterstützt und ihm den Weg geebnet. Ich glaube,
dass Lene zu lebhaft für ihn gewesen wäre, zu viel Aufmerksamkeit für sich
beansprucht hätte, wenn Sie verstehen, was ich meine. Jane war schließlich
schon für das Leben geformt, das John leben wollte.«
    »Hatten Sie damals einen Verdacht, wer Lene umgebracht haben
könnte?«
    »Nein.« Pia Bjerregaard schien erschrocken über die direkte Frage,
und Rebekka versuchte sie sogleich abzuschwächen.
    »Ich meinte nur, ob Sie damals so ein Gefühl hatten, wer es gewesen
sein könnte ? Es ist schließlich ganz normal, sich
solche Gedanken zu machen, wenn man mit einem Mordfall konfrontiert ist.«
    »Also, ich weiß nicht.« Pia zögerte so lange, dass Rebekka wusste,
dass sie ins Schwarze getroffen hatte.
    »Was Sie mir erzählen, bleibt unter uns. Ihre Gefühle, Ihr Verdacht
oder auch nur Ihre Gedanken von damals können wichtig für unsere Ermittlung
sein. Der Mord an Anna Gudbergsen weist schließlich einige Parallelen zu dem
Mord an Lene auf.«
    »Das habe ich auch schon gedacht, als mein Onkel mir davon erzählt
hat.« Pias Stimme war kaum hörbar. »Ich habe sie nämlich unten am Fjord
gesehen, also John und Lene, ganz in der Nähe von der Stelle, an der sie später
ermordet wurde. Sie haben laut gestritten. Ich weiß nicht, worüber, weil sie
leiser gesprochen haben, als sie mich auf meinem Rad sahen. Wir haben uns gegrüßt,
und als ich ein Stück weg war, haben sie sich weiter gestritten.«
    »Wann war das?« Rebekka bekam vor Aufregung kaum Luft.
    »Öh … das muss ein paar Wochen vor ihrem Tod gewesen sein. Ich kann
mich daran erinnern, dass ich gerade einen neuen roten Mantel bekommen hatte und
mich so schön fand, wie ich da auf dem Fahrrad saß.«
    »Haben Sie damals der Polizei von dem Streit erzählt? Ich meine,
Ihren Namen nicht in den Akten gelesen zu haben.«
    »Danach hat mich niemand gefragt«, antwortete Pia kleinlaut.
    »Der Streit muss Eindruck auf Sie gemacht haben, da Sie ihn jetzt
erwähnen.«
    »Das hat er auch. Es war die Art, wie er sie angesehen hat. Seine
Augen. Sie waren so voller Hass, so etwas hatte ich noch nie gesehen.«
    —
    Michael klopfte vorsichtig
mit dem Ellenbogen an die Tür von Rebekkas Büro. Er hatte ein Tablett mit ein
paar belegten Brötchen und einem Mineralwasser in der Hand. Er wollte sie nicht
stören; mit jedem Tag, der verging, sah sie erschöpfter aus. Er fühlte, dass
noch etwas anderes ihr zu schaffen machte, etwas Persönlicheres als der Mord an
Anna Gudbergsen, doch er wagte sie nicht zu fragen.
    »Komm herein«, rief sie, und er
stieß die Tür mit dem Fuß auf und trat ein.
    »Das ist aber nett von dir«, sagte sie, als sie das Tablett mit dem
Essen sah.
    »Was hast du da?«, fragte er und warf einen Blick auf den
Schreibtisch, der vor Papieren überquoll.
    Sie biss kräftig in ein Brötchen und kaute energisch, während er auf
einen Aktendeckel zeigte.
    »Das ist der Fall Lene Eriksen. Ich war unten im Keller und habe mir
die Akte geholt. Es gibt wirklich viele Parallelen zu unserem Fall. Die Polizei
hat John Mathiesen mehrere

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