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Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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wechselt Dave drei Mal die U-Bahn, bis er sicher ist, dass niemand an ihm dranhängt. Dann betritt er eine Bar am Sheridan Square im Village.
    Ben Cooper macht gerade auf.
    Der frühere Delta-Operator sieht Dave reinkommen und geht ins Hinterzimmer. Er hat den Safe bereits geöffnet und reicht Dave einen großen braunen Umschlag. Die meisten Special-Ops haben irgendwo ein »Notfallpaket« liegen. Eine Eigenheit, die sie sich auch nach dem aktiven Dienst nicht abgewöhnen können. In dem Umschlag befinden sich zwei, auf verschiedene Namen ausgestellte Führerscheine, ein kanadischer Reisepass, drei saubere Kreditkarten, passend zu den Namen auf den Führerscheinen und dem Reisepass, und 10   000 Dollar in bar. Cooper hat all das für ihn aufbewahrt, weshalb seine Kneipe für Collins jahrelang tabu war.
    So lange, bis er sein Paket brauchte.
    Dave hätte niemals gedacht, dass es so weit kommen würde.
    Er legt die Sig Sauer in den Safe. Er hätte sie auch einfach wegwerfen können, aber er will nicht, dass ein Jugendlicher sie findet. Von sich aus erzählt er nichts, und Cooper fragt nicht nach. Das ist der Deal mit dem Hüter des Notfall-Pakets – er weiß nichts. Wenn er Besuch von Wendelins Leuten bekommt, kann er ihnen nichts erzählen.
    Nicht, dass er’s tun würde.
    »Gibt’s eine Nachricht vom Boss?«, fragt Dave Cooper.
    »Ja«, sagt der. »Wo du hinfliegen sollst.«
    Dave verlässt die Bar und fährt im Taxi zu einem Reisebüro in der Innenstadt, wo er sich mit seiner üblichen Kreditkarte ein einfaches Ticket für einen United-Flug nach Los Angeles mit Anschluss nach Hongkong kauft.
    »Wir haben ihn«, sagt Palmer, als er in Wendelins Büro kommt. »Er hat seine Kreditkarte benutzt und ein Ticket für einen United-Flug von Newark nach LA um 1.15 Uhr mit Anschluss nach Hongkong gebucht.«
    Hongkong?, denkt Wendelin. Interessant.
    »Schickt Leute zum Terminal«, sagt Wendelin. »Und versaut es bitte nicht schon wieder.«
    Er erkennt mich, denkt Dave.
    Der Mann von der TSA betrachtet erst ausgiebig das Foto im Reisepass, dann Daves Gesicht.
    Dave hat ihm gerade seine ausgedruckte Bordkarte und seinen kanadischen Reisepass übergeben und versucht jetzt, gelassen zu wirken. David Collins steht auf der No-Fly -Liste – »Peter Bergeron« hoffentlich nicht.
    Seltsam, denkt er, auf der anderen Seite der Verhaltenserkennung zu stehen. Er weiß, wonach die Mitarbeiter Ausschau halten, und er strengt sich an, keinen Fehler zu begehen – er fasst sich nicht ins Gesicht, sieht sich nicht um, weicht den ihm gestellten Fragen nicht aus.
    Er hat getan, was er tun kann.
    Ein Flug, ein Check-in, einmal durch die Sicherheitskontrolle.
    Das Risiko minimieren.
    Die kleinen Sachen richtig machen.
    Seine Bordkarte – für den ersten Teil des gebuchten Hin- und Rückflugs – hatte er noch in allerletzter Minute im »Business Center« eines Hotels ausgedruckt und war dann mit dessen Shuttleservice zum Flughafen gefahren.
    Wahrscheinlich hat Wendelin längst überall mein Bild verbreitet, und gleich werde ich erkannt.
    Der erste Impuls ist zu reden – nervöses Geplauder –, aber das ist mitunter das Schlimmste, was man machen kann. Schlimmer sind nur die unfreiwilligen Reaktionen – Schweißausbrüche, Schlucken, geweitete Pupillen. All das hat er seinen Mitarbeitern am Kennedy Airport immer wieder eingeschärft.
    Also lächelt Dave, atmet gleichmäßig und ruhig und sieht den Mitarbeiter geradeheraus an.
    Dieser wirft einen letzten genauen Blick auf Dave, vergleicht dessen Gesicht noch einmal mit dem Foto, kritzelt mit Rotstift ein Zeichen auf die Bordkarte und winkt ihn durch. »Schönen Tag noch.«
    »Ihnen auch.«
    Das war leicht, aber Dave weiß, dass sie ihn noch an einigen anderen Stellen erwischen können. In der Schlange vor der Sicherheitskontrolle, im Terminal dahinter, und auch noch im Flugzeug selbst. Vielleicht haben sie es genau so geplant, denkt Dave. Ist alles schon vorgekommen, und du kannst nichts dagegen machen, also gib dir Mühe und behalte im Griff, was du im Griff behalten kannst.
    Dich selbst.
    Er lässt seinen Koffer durchleuchten.
    Bevor er nach LaGuardia rausfuhr, hatte er in ein paar Geschäften Halt gemacht und sich einen kleinen Handgepäckkoffer, ein paar Klamotten und Drogerieartikel besorgt.
    Jetzt hat Dave die Kontrollen passiert und den Sicherheitsbereich betreten.
    So weit alles ruhig.
    Er geht in einen Laden und kauft sich eine New York Times , eine Sports Illustrated und

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