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Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Wellengang kurz vorm Ertrinken oder einfach ganz allgemein in einem unzugänglichen Dreckloch gesessen hast –,kam Cody Perez vom Himmel gesprungen und hat dir den Arsch gerettet.
    Er hat deine Wunden verbunden und jeden abgewehrt, der dir ans Leben wollte, ihn dir so lange vom Hals gehalten, bis eine Möglichkeit gefunden war, euch beide rauszuholen.
    Anders ausgedrückt: Cody Perez ist freiwillig in die schlimmsten Situationen überhaupt gesprungen.
    Seine Auszeichnungen belegen das, obwohl sie irgendwo in einer kleinen Wohnung in Encinitas in einer Schublade liegen. Zwei davon sind Purple Hearts – eins aus dem Irak und eins aus Afghanistan.
    Cody spricht nicht darüber.
    Er spricht über das Surfen, über Bier, Tacos, Mädchen und dann wieder über das Surfen.
    Aber niemals über den Tag im Tangi-Tal in Afghanistan, als die Chinook mit den Navy Seals an Bord abstürzte und so heftig unter Beschuss genommen wurde, dass kein anderer Hubschrauber landen konnte, wofür es sowieso zu windig war. Also sprang Cody da runter, überall lagen verkohlte Leichen und schreiende Verletzte, und aus allen Richtungen kam die Scheiße geflogen. Die Taliban hatten sich hinter Felsen verbarrikadiert, und Cody versuchte verzweifelt, wirklich verdammt verzweifelt, Hardings Blutfluss zu stoppen. Er drückte ihm Kompressen an den Hals und feuerte gleichzeitig mit seinem M4, um sein eigenes Leben zu retten und das seines Freundes und der anderen Verletzten, aber es kam einfach immer mehr Mist angeflogen – Granatfeuer und Kalaschnikow-Salven –, und er hatte so eine Scheißangst und war so verdammt wütend, und der Lärm hörte einfach nicht auf – die Schreie, die Explosionen. Die Erde bebte, Sand und Steine flogen ihm in die Augen. Hardings Brust rasselte, sein heißes Blut quoll zwischen Codys Fingern hindurch und lief Hardingübers Gesicht, und Harding wollte seine Frau noch mal sehen, seine Kinder, und Cody versuchte so verzweifelt, ihn zu retten, tat alles, was er konnte.
    An jenem Tag tötete Chief Master Sergeant Cody Perez elf feindliche Kämpfer. Obwohl er selbst verwundet war, hielt er die Feinde in Schach und die Stellung, bis der Wind drehte und die Hubschrauber kamen und die Lebenden und die Toten ausflogen. Er bekam den Bronze Star und sein zweites Purple Heart.
    Darüber spricht er nicht. Er will es vergessen.
    Aber selbst heute noch, beim Surfen auf dem warmen blauen Wasser von Costa Rica an einem wunderschönen sonnigen Tag, denkt er daran.
    Ihm wird schwindlig, und der Kopf tut ihm weh, und plötzlich ist er wieder dort.
    Er erinnert sich nicht – er ist dort.
    Im Tangi-Tal.
    Der Lärm dröhnt in seinen Ohren, Explosionen erschüttern seinen Kopf, Blut spritzt zwischen seinen Fingern hindurch, und Harding stirbt noch einmal in Codys Armen.
    »Hey«, sagt Dave.
    »Hey.«
    »Wo warst du?«, fragt Dave. »Du warst plötzlich wie weggetreten.«
    »Hab bloß gechillt.«
    Noch drei Stunden fahren sie, immer tiefer in den Regenwald hinein. Die Straße verengt sich, ist nicht mehr als ein holpriger Pfad, den nur ein Jeep bewältigen kann, und mehr als einmal denkt Dave, dass sie feststecken, aber dank Codys Fahrkünsten kommen sie doch irgendwie weiter.
    Die Luft wird frischer, je höher sie fahren, durch Wälder mit riesigen, moosbewachsenen Eichen, durch einen Nebelwald mit Lorbeerbäumen und llama del bosque , dann fahren sie den Berg in Serpentinen wieder runter auf offeneres Gelände. Dort verlässt Cody die Straße, biegt auf einen noch schmaleren Weg ein, nicht viel breiter als die Reifenspuren, die sich ins hohe Gras graben. Der Pfad führt in ein tiefes Tal mit einem dichten Eichenwald und an ein mit Stacheldraht gesichertes Tor.
    Ein Tico – ein einheimischer Costa Ricaner – sitzt mit einer Kalaschnikow über der Schulter am Tor. Cody winkt, der Tico macht das Tor auf, und Cody fährt hindurch, einen steilen Abhang hinauf, bis zu einer Lichtung mitten auf einem bewaldeten Hügel mit Ausblick auf das offene Weideland ringsum.
    Mehrere Holzgebäude – eine kleine Krankenstation, ein Besprechungsraum und ein Häuschen, das dem kommandierenden Offizier als Quartier dient – stehen im Kreis um die Lichtung herum. Ein dutzend Conex-Schiffscontainer – 7   x   2,5 m 2 große Quader aus Aluminiumblech – sind in einer Reihe nördlich des Besprechungsraums aufgestellt. Jeder dieser behelfsmäßigen Wohncontainer hat eine Tür, ein Fenster, einen Entlüftungsschlitz und Stromanschlüsse für Beleuchtung und

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