Vergeltung
er.
»Ja, aber wenn wir den jetzt nicht fassen, wird er sie umbringen«, erwiderte Paula. »Du weißt doch, wie sie ist mit Sachen, die in der Luft hängen. Wenn nicht für Gerechtigkeit gesorgt wird.«
Tony lehnte sich auf dem Stuhl zurück und starrte an die Decke. »Ich werde das noch bereuen. Okay, Paula. Sag Stacey, sie soll mir die üblichen Unterlagen schicken. Ich verspreche nichts, aber ich werd es mir anschauen, wenn ich mit der Analyse zu Jacko Vance fertig bin.« Er richtete sich abrupt auf. »Und lass uns bitte wirklich einmal versuchen, es geheim zu halten. Bitte.«
18
B is sie ins Einsatzzentrum zurückkam, konnte Carol eine positive Neuigkeit gut gebrauchen. Auf der Rückfahrt vom Northern-Präsidium hatte sie einen Anruf vom Chief Constable parieren müssen, in dem James Blake erkennen ließ, dass er sich erheblich mehr um sein Budget sorgte als um das Leben der Frauen auf der Straße, die dort die einzige ihnen noch verbliebene Ware von Wert zu verkaufen versuchten. Bei seiner Leidenschaft fürs Sparen fragte sie sich, wie lange es noch dauern würde, bis ein kluger Kopf ihn für die Regierungsbehörden abwarb.
Sie steckte den Kopf in ihr Büro, wo Tony ihren Computer anstarrte. Ein kleiner Stapel Papier lag neben ihm, obendrauf ein Stift. Sie konnte gekritzelte Notizen erkennen samt Sternchen und unterstrichenen Wörtern. Tony reagierte kaum auf ihre Rückkehr, begnügte sich mit einem undeutlichen Brummen.
»Was Neues über Vance?«, fragte sie. Es war ihr gelungen, die Gedanken an Jacko zu verdrängen, während sie nicht im Büro war, aber jetzt, da Tony hier Aufenthaltsrecht hatte, war es unvermeidlich, dass sie wieder daran erinnert wurde.
Ohne aufzuschauen, schüttelte er den Kopf. »Nichts. Ich habe Lambert vor einer Weile angerufen. Die Überwachungskameras haben das Taxi erfasst, als er in nördlicher Richtung auf die M5 fuhr, und sie verfolgen jetzt seine Spur weiter. Aber du weißt ja, wie schwer das bei Aufnahmen in Echtzeit ist. Es braucht nur eine miese Kamera dabei zu sein, dann ist man schon mit einer ganzen Menge von Alternativen konfrontiert.«
»Weißt du, wer die Suchaktion koordiniert?«
»Ich dachte, du seiest auf dem Laufenden darüber. Oakworth ist schließlich im Gebiet von West Mercia.«
»Ich rede mal eben mit meinen Leuten«, sagte Carol, überließ ihn sich selbst und kehrte zu ihrem Team zurück, um sich nach dessen Fortschritten zu erkundigen. Paula saß am nächsten Tisch und telefonierte, deshalb zog Carol einen Stuhl heran und wartete, bis sie fertig war.
Paula legte eine Hand über die Sprechmuschel und flüsterte: »Ich spreche gerade mit meinem Kontaktmann bei Northern, Franny Riley. Ich stelle auf Lautsprecher, damit Sie zuhören können.«
Paula drückte auf einen Knopf, und eine tiefe, grollende, nach Manchester klingende Stimme kam aus dem billigen Lautsprecher. »… und deshalb sind wir so unterbelegt.«
»Aber trotzdem, Sergeant, um eine richtige Tür-zu-Tür-Befragung zu machen und noch die Fotos auf der Straße zu verteilen, werde ich mehr Leute brauchen.«
»Paula, ich weiß. Das brauchen Sie mir nicht zu sagen.« Im Hintergrund hörte Carol eine andere Stimme. »Moment mal, könnten Sie kurz warten, mein Detective Inspector ist gerade da.«
Was immer Franny vorgehabt hatte, jedenfalls stellte er sein Telefon ebenfalls auf Lautsprecher. Carol erkannte die andere Stimme sofort. Es war Detective Inspector Spencer, der Kripobeamte bei Northern, von dem sie die Leitung der Ermittlungen übernommen hatte.
»Haben Sie zu tun, Franny?«, fragte Spencer. »Sie müssten sich nämlich mal die Zeugenaussagen zu diesem schweren Einbruch anschauen.«
»Ich hab gerade mit dem Sondereinsatzteam zu tun, ich versuche, die Tür-zu-Tür-Befragungen zu organisieren«, erklärte Riley.
»Himmel, Arsch und Zwirn«, rief Spencer empört. »Ich dachte, wenn wir sie mitmachen lassen, hätten wir weniger Arbeit? Seit sie an Bord sind, wollen sie dauernd irgendwas, dieses regeln, jenes überprüfen. MIT – dieses Sondereinsatzteam, was soll das noch mal heißen?« Bevor Franny etwas erwidern konnte, gab Spencer selbst die Antwort. »Ich sag Ihnen, wofür das steht – Minderheiten-Integrations-Team«, sagte er und lachte wiehernd über seinen eigenen Witz. »Zwei Lesben, ein Bimbo, eine Schlitzäugige und ein Karottenkopf. Alle angeführt von ’ner Tussi.«
Carol zuckte schockiert zurück. Es war schon lange her, dass sie von einem Kollegen solche
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